Die Anleger haben gewählt
Am Schicksalstag für die Briten haben die Anleger an Europas Börsen auf einen Verbleib des Vereinigten Königreiches in der Staatengemeinschaft gesetzt. Der Dax legte um 1,9 Prozent auf 10.257 Punkte zu. Die Unsicherheit über das tatsächliche Ergebnis bremste allerdings Aktien- und Devisenkäufe.
"Der Markt preist jetzt ganz klar mit wachsender Gewissheit ein 'Remain'-Votum ein", sagte Währungsstratege Adam Cole von RBC Capital Markets. Buchmacher taxieren die Chande auf einen Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU auf 86 Prozent. Deutlich über 50 Prozent der Briten befürworten den Verbleib in der EU, wie aus am Donnerstag veröffentlichten Umfragen hervorgeht.
Diese waren allerdings vor Öffnung der Wahllokale geführt worden, die erst am Abend um 23.00 Uhr MESZ schließen. Erste Ergebnisse werden daher erst in der Nacht zum Freitag und das offizielle Ergebnis erst ab 08.00 Uhr morgens erwartet. Daher blieben viele Anleger auch sehr vorsichtig.
Die asiatischen Börsen werden die ersten sein, die reagieren können. Doch auch in Frankfurt, London und Paris sind viele Handelssäle schon früher besetzt, die weltgrößten Banken sind auf eine Nachtschicht eingestellt. Sollten die Briten für den Austritt aus der EU stimmen, dann rechnen viele Anleger mit einem Börsenbeben am Freitag. Anderenfalls könnte es eine Erleichterungsrally geben, vorausgesetzt die Mehrheit fällt hoch aus. Zudem sei nach den aktuellen Kursgewinnen der Spielraum nach oben begrenzt, sagte ein Händler.
Das Pfund Sterling hat binnen einer Woche aber schon um rund neun US-Cent aufgewertet. Denn an den Märkten wird seit der Ermordung der Brexit-Gegnerin Jo Cox ein Stimmungsumschwung zugunsten der EU-Anhänger gesehen. Im Windschatten des Pfund Sterling legte der Euro rund einen US-Cent auf ein Sechs-Wochen-Hoch von 1,1421 Dollar zu.
Wie seit Tagen überschattete die Abstimmung fast alles am Aktienmarkt. Im Dax zählten RWE und E.ON mit Kursgewinnen von drei und zwei Prozent zu den Top-Favoriten. Die Analysten der Barclays Bank hatten die Titel hochgestuft und dies mit dem baldigen Abschluss der strategischen Neuausrichtung der beiden Konzerne begründet.
Spekulationen auf eine neue russische Kali-Allianz schoben im MDax die Aktien von K+S um sechs Prozent an. Händler verwiesen auf Aussagen von Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko, die den Anlegern Hoffnung auf steigende Kali-Preise machten. In London zogen die Aktien von Tesco in der Spitze um 4,4 Prozent an. Großbritanniens größte Supermarktkette meldete Erfolge im Wettbewerb mit den Discountern Aldi und Lidl.