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Die Brennstoffzelle spaltet die Autoindustrie

Staatliche Förderung gibt der „kalten Verbrennung“ einen neuen Schub. Doch deutsche Autohersteller bleiben noch vorsichtig – und die Konkurrenz aus Asien eilt davon.

Peter Altmaier war der Besuch und die damit verbundene Botschaft sichtbar wichtig. Sieben Milliarden Euro stellt die Bundesregierung schließlich aus dem Corona-Konjunkturpaket für die Wasserstoffwirtschaft zur Verfügung, wie der Bundeswirtschaftsminister betonte. Geduldig folgte er vergangenen Freitag deshalb den Ausführungen der BMW-Ingenieure zur Wirkungsweise der Brennstoffzelle.

Aufmerksam registrierte der Minister vor allem das Bekenntnis seines Gastgebers. Abhängig von den Rahmenbedingungen, wägte BMW-Chef Oliver Zipse seine Worte, „hat die Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie das Potenzial, eine weitere Säule im Antriebsportfolio der BMW Group zu werden“. 2022 starte BMW mit einer Kleinserie, ab 2025 könne man über eine Serienproduktion nachdenken.

Altmaiers Werbetour in der Autoindustrie hat ihren Grund. Den Bundeswirtschaftsminister plagt der Verdacht, dass die Autohersteller den von ihm forcierten Energieträger Wasserstoff auf die lange Bank schieben wollen. Nachdem die Industrie den Dieselskandal verdaut und den teuren Wechsel zu Hybrid- und Elektroautos eingeleitet hat, ist man in der deutschen Autoindustrie vorsichtig mit neuen Antrieben.

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Lkw-Hersteller wie Daimler und MAN halten Wasserstoff zwar wie der Zulieferkonzern Bosch für eine sinnvolle Alternative zum Elektroantrieb, vor allem wenn es um lange Stecken geht. Und auch Zipse kann sich Brennstoffzellen mittlerweile in seinen schweren SUVs vorstellen, wenn es beispielsweise „ von München nach Venedig“ gehen soll.

Durch die von der Bundesregierung ausgelobte Förderung sieht er das bislang größte Anschubprogramm für Wasserstoff in Europa. Andere Branchenvertreter sind da weniger begeistert. VW-Chef Herbert Diess hält die Brennstoffzelle in Autos für ineffizient und „Unsinn“. Der Antrieb sei zu teuer, der benötigte Wasserstoff aus regenerativ erzeugten Energiequellen brauche zu viel Energie bei der Umwandlung.

China schwenkt um

Experten sehen die pauschale Ablehnung kritisch. „Deutschland war einmal Vorreiter bei der Brennstoffzelle. Doch neue Impulse, um die Technologie in der Breite zu etablieren, kommen aktuell überwiegend aus Asien“, sagt Andreas Radics, geschäftsführender Partner bei Berylls Strategy Advisors. Die Einschätzung, dass sich Brennstoffzellen zunächst nur bei schweren Fahrzeugen und langen Fahrten rechne, mache den Einsatz in Lastwagen tatsächlich zunächst sinnvoll.

Doch die Entwicklung gehe weiter. China, Japan und Korea tätigten massive Investitionen in sogenannte „Fuel Cell Electric Vehicles“ (FCEV) – wohlwissend, dass Technologie und Infrastruktur noch nicht ausentwickelt sind.

„China leitet sogar den größten Teil der vorhandenen Mittel für sogenannte New Energy Vehicles (NEV) auf FCEVs um – die bessere Skalierbarkeit der Ladeinfrastruktur von Brennstoffzellen ist dabei in Chinas Megacitys der entscheidende Faktor“, sagt Radics. Mit den Mitteln wird das Wasserstoffnetz in den Metropolen gezielt ausgebaut.

Dortige Experten halten das Ziel für realistisch, dass im Reich der Mitte 2030 eine Million Autos mit Brennstoffzellen fahren werden. Toyota und Hyundai planen bis dorthin ebenfalls, jeweils 500.000 FCEVs pro Jahr zu produzieren. Das sind Stückzahlen, die bei den Nutzfahrzeugen so schnell nicht erreichbar wären.

Brennstoffzellen sind eine Wette auf die Zukunft – bei der die deutsche Autoindustrie schon viel Geld versenkt hat. Bereits 1994 präsentierte Daimler den ersten Brennstoffzellenprototyp mit dem Namen Necar. Über Kleinserien zu Testzwecken kam Daimler nie hinaus. Erst Ende 2018 kam mit dem Geländewagen GLC F-Cell das erste Fahrzeug in Kleinserie. Ganze 3000 Stück hat Mercedes bislang produziert, ob es einen Nachfolger gibt, ist bislang offen.

Konkurrent BMW versuchte sich in den Nullerjahren erfolglos an der Wasserstoffverbrennung und ist nun wieder umgeschwenkt auf die Brennstoffzelle. Führend in der „kalten Verbrennung“, die Wasserstoff und Sauerstoff reagieren lässt, ist Toyota. Mit der Limousine Mirai hat Toyota ein Auto auf dem Markt. Der Preis von 80.000 Euro und das fehlende Tankstellennetz machen das Auto aber zum Exoten.

Und auch der koreanische Nexo von Hyundai kostet kaum weniger. „Wer soll, kann und will das als Kunde bezahlen? Auch durch hohe Stückzahlen lässt sich der Preis nicht halbieren“, kritisiert Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Die deutsche Autoindustrie will erst einmal Elektroautos verkaufen.

Bosch hält sich alle Türen offen

Pragmatischer als die Autohersteller gehen große Autozulieferer wie Bosch an die Sache heran. Die Schwaben entwickeln ein Baukastensystem, das für Autos und Lastwagen genutzt werden kann. „Schon 2030 könnte jedes achte neuzugelassene schwere Nutzfahrzeug mit Brennstoffzelle unterwegs sein“, sagt Bosch-Chef Volkmar Denner.

Technologisch liegen die Vorteile auf der Hand: Wenn der Wasserstoff nachhaltig hergestellt wird, ist ein Brennstoffzellenfahrzeug emissionsfrei. Steigt der CO2-Preis, dann verlieren hohe Herstellungskosten und der niedrige Wirkungsgrad der Motoren aus dem Wasserstoff von nur rund 60 Prozent an Bedeutung. Bislang kostet das Aggregat noch mehr als das Dreifache eines Dieselmotors.

Das Herzstück eines Brennstoffzellenantriebs – die sogenannten Stacks – entwickelt Bosch seit vergangenem April gemeinsam mit dem schwedischen Unternehmen Powercell. Die Fertigung in Lizenz übernimmt dann aber Bosch allein. Erstkunde ist das US-Projekt Nikola. Bosch plant die Auslieferung im Jahr 2022.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier ist weiter zuversichtlich, mit seinen Fördermilliarden der Brennstoffzelle zum Durchbruch zu verhelfen. „Gemeinsam geht es darum, die Kilowatt nun auf die Straße zu bringen“, sagte Altmaier bei BMW in Garching. BMW-Chef Oliver Zipse sieht durch die deutsche Förderung ebenfalls „einen Schub“ für die Brennstoffzelle. Wenn genug grüner Wasserstoff bereitstehe und die Infrastruktur stehe, sei sein Unternehmen technologisch bereit. Die Münchener beziehen große Teile ihrer Brennstoffzellen von Toyota, dem Marktführer.