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Warum die Brennstoffzelle noch eine Chance hat

Die meisten Autohersteller sind beim Wasserstoffantrieb noch zurückhaltend. Viele Konzerne glauben dennoch, dass sich die Brennstoffzelle durchsetzt.

Es gab Zeiten, als gerade die deutschen Autobauer euphorisch in die Wasserstoff-Zukunft blickten. Hersteller wie Daimler und BMW waren bei Wasserstoffautos führend und warben für den Ausbau. Noch 2002 verkündete der damalige BMW-Entwicklungsvorstand: „Unsere Vision ist es, dass bis zum Jahr 2005 im Umfeld aller BMW-Niederlassungen in Deutschland eine Wasserstoff-Tankstelle zur Verfügung steht.“

Daraus wurde nichts. Der Wirkungsgrad entpuppte sich als zu schlecht, die Investitionen als zu teuer. In den vergangenen Jahrzehnten versandeten viele Wasserstoffinitiativen, die in Deutschland mit großer Euphorie gestartet wurden.

In Hamburg, Deutschlands Wasserstoff-Metropole, sollen Busse mit Brennstoffzelle wieder von der Straße verschwinden, weil sie kaum rentabel zu betreiben waren. Und selbst der Gasekonzern Linde hat sein Wasserstoff-Carsharing Bee Zero in München ohne großen Erfolg wieder eingestellt.

Stand 2018 sind nur wenige hundert Fahrzeuge mit Brennstoffzelle in Deutschland unterwegs. Und auch Marktführer Volkswagen hat wenig Interesse, daran kurzfristig etwas zu ändern, im Gegenteil. „Diese Technologie ist einfach noch nicht reif für die Großserienfertigung“, verkündete VW-Konzernchef Herbert Diess auf der Hauptversammlung in der vergangenen Woche. Der Fokus von Politik und Wirtschaft müsse sich ganz auf batteriebetriebene Elektroautos und den Aufbau eines Ladenetzes richten.

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Trotz dieser zahlreichen Hiobsbotschaften glauben Unternehmen aus der Branche weiterhin, dass sich die Technologie durchsetzen wird. Pierre-Etienne Franc, Generalsekretär der internationalen Initiative Hydrogen Council, ist weiter vom Durchbruch überzeugt. „Ich glaube nicht, dass andere Hersteller nur auf eine Technologie setzen werden“, sagte der Wasserstoff-Chef von Air Liquide dem Handelsblatt.

Im Hydrogen Council haben sich 53 internationale Firmen zusammengeschlossen, die gemeinsam an der Entwicklung der Wasserstofftechnologie arbeiten und das Thema weltweit vorantreiben wollen. Darunter sind Öl- und Gasriesen wie Shell und Total, Autozulieferer wie Bosch und Faurecia, Gasehersteller wie Linde und Air Liquide, aber auch acht Autohersteller– darunter auch die drei deutschen Autoriesen Audi, BMW und Daimler.

Asiaten vorne, Deutsche ziehen nach

Und selbst VW ist nach Einschätzung des Hydrogen-Council-Generalsekretärs Franc längst nicht aus dem Spiel – nicht nur, weil Audi weiter Mitglied der Initiative ist. „Ich wäre überrascht, wenn Volkswagen die Entwicklung der Brennstoffzelle komplett stoppen würde“, meint er.

Aktuell wird die Technologie aber vor allem von asiatischen Herstellern vorangetrieben. Toyota und Hyundai wollen die Technologie in die Massen bringen und haben mit dem Mirai und dem Nexo bereits Wasserstoffautos auf dem Markt.

Ab 2020 werde man die Großserienproduktion von Brennstoffzellen-Stacks und Wasserstofftanks massiv ausbauen, teilte Toyota zuletzt mit. „Im nächsten Jahrzehnt soll der Absatz der alternativ angetriebenen Fahrzeuge auf 30.000 Einheiten jährlich steigen.“ Allein in Japan werde ein Absatz von mehr als 10.000 Einheiten angestrebt. Dazu sollen auch Brennstoffzellenbusse wie der Toyota Sora beitragen. Toyota plant eine Reihe von weiteren neuen Modellen.

Andere Autohersteller könnten Fahrzeugarchitekturen sowohl für batteriebetriebene Fahrzeuge als auch welche mit der Brennstoffzelle nutzen, meint Wasserstoff-Lobbyist Franc. „Die meisten Hersteller werden wahrscheinlich zweigleisig fahren.“

Auch bei Opel in Rüsselsheim soll am Wasserstoffantrieb geforscht werden. Und die VW-Premiumtochter Audi arbeitet, trotz der Zurückhaltung von Konzernchef Diess, an einer Studie für ein Wasserstoffauto, die 2021 in einem Serienmodell münden soll.

Die Wasserstoffinitiativen in Deutschland sind zaghaft, doch sie haben die Rückendeckung der Industrien, mit denen Autoindustrie lange eng verbrüdert war. Denn die Öl- und Gaskonzerne suchen dringend für ein neues Geschäftsmodell für Zeiten, in denen die fossilen Treibstoffe eine geringere Rolle spielen. Mit dem Elektroauto dürfte nämlich auch die Zahl konventioneller Tankstellen deutlich sinken. Wasserstoff könnte dagegen ähnlich vertrieben werden wie heute Benzin und Diesel.

Dennoch ist die Zahl der Wasserstofftankstellen in Deutschland aber noch überschaubar. Aktuell gibt es etwa 70 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland, bis Jahresende könnten es etwa 100 sein. In Europa sei man noch nicht so weit, gibt auch Air-Liquide-Manager und Wasserstoff-Lobbyist Franc zu. „Wir müssen die richtigen Mechanismen für den Aufbau der Infrastruktur finden.“

Der Staat müsse den Aufbau des Netzes fördern, Investments könnten auch für große Finanzinvestoren reizvoll sei, die seit Jahren verstärkt in Infrastruktur investieren, wenn diese stabile Erträge in Niedrigzinsphasen garantiert. Wenn das Netz stehe, werde das Angebot an Fahrzeugen steigen, die damit billiger würden.

Franc ist überzeugt, dass sich die Brennstoffzelle langfristig einen Anteil von 15 bis 25 Prozent sichern könne. Damit würde sich auch für die Gasehersteller Linde und Air Liquide ein lukratives Geschäft entwickeln. „Wenn wir uns nur ein Prozent des Weltmarkts sichern, könnten wir unsere Umsätze verdoppeln“, meint Franc.

Wasserstoff ist noch nicht klimafreundlich genug

Doch bislang wird Wasserstoff im Wesentlichen als Nebenprodukt der Erdgasförderung produziert – und hat kaum eine bessere Klimabilanz als konventioneller Diesel. Die Vision der Gasehersteller ist der gründe Wasserstoff, produziert aus erneuerbaren Energien. Der hat in Deutschland aktuell aber noch einen geringen Marktanteil.

Auch Autozulieferer rechnen damit, dass die Technologie am Ende doch noch nennenswerte Marktanteile erobern kann. Branchenriese Bosch kooperiert darum mit dem schwedischen Entwickler Powercell. „Bosch steigt in den Markt für mobile Brennstoffzellen ein und treibt die Industrialisierung konsequent voran“, verspricht Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung. Der Autozulieferer will künftig das Herzstück eines Brennstoffzellenantriebs, die Stacks, gemeinsam mit dem schwedischen Partner entwickeln.

Damit Wasserstoff den Massenmarkt erobern kann, müsse aber dringend auch der Ausbau der erneuerbaren Energien fortgesetzt werden. „Aus Ingenieurssicht sind die Wirkungsverluste bei der Brennstoffzelle höher als bei der Batterie.“ Doch werde man für den überschüssigen Strom aus Windkraft und Sonnenenergie gigantische Speicher brauchen. Hier sei Wasserstoff viel besser geeignet als Batterien.

Entscheidend sei aber vor allem das Kundenerlebnis: Während Elektroautos teilweise stundenlang geladen werden müssen, kann ein Wasserstoffauto wie eines mit Verbrennungsmotor in wenigen Minuten betankt werden. Zudem seien die Reichweiten mit 500 bis 800 Kilometern höher.

Damit sei die Technologie insbesondere auch für Nutzfahrzeuge, Busse und Carsharing-Autos gut geeignet. Letztere zum Beispiel müssten rund um die Uhr im Einsatz sein und könnten nicht stundenlang an Elektroladesäulen hängen.

Von der Öffentlichkeit teilweise unbemerkt stehe die Brennstoffzelle derzeit vor allem in China vor dem Durchbruch. „Die Menschen sehen die nächste Welle in China noch nicht. Es ist gewaltig, was dort passiert.“ Derzeit stehen dort mehrere Dutzend Modelle kurz vor der Zulassung. Es seien schon ganze Logistik-Flotten mit Wasserstoff unterwegs.

So testet zum Beispiel die chinesische Stadt Zhengzhou gerade den Einsatz einer Flotte von Wasserstoff-Bussen des Herstellers Yutong. In Peking sind bereits tausende Elektrobusse unterwegs, viele davon mit Wasserstoff betrieben.

Mehr: Nicht nur bei Autos, auch bei Zügen soll die Brennstoffzellentechnologie zum Einsatz kommen. Wie der Wasserstoff auf der Schiene den Diesel ablösen könnte.