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Bremer Drechsler fördert den Nachwuchs

Es fliegen die Späne: An einer Drechselbank wird gearbeitet.
Es fliegen die Späne: An einer Drechselbank wird gearbeitet.

Wer Drechsler werden will, muss örtlich flexibel sein: Gerade mal vier Ausbildungsbetriebe gibt es in Deutschland. Einer davon ist in Bremen bei Hans-Peter Schöner. Hier lernt Takayo Miura, die für ihre Holzleidenschaft von Japan nach Deutschland zog.

Bremen (dpa) - Takayo Miura hat ein Stück Eichenholz in die Drechselbank eingespannt. Die Auszubildende will einen Knauf für eine Glastür herstellen. Das Holzstück dreht sich nun tausend Mal pro Minute. Die 25-Jährige nimmt ein Schneidwerkzeug in die Hand - eine Drehröhre - und setzt es am Holz an, so dass die Späne fliegen. Der Duft von frischem Holz verbreitet sich.

Die Japanerin liebt Holz und handwerkliches Arbeiten. Um eine Tischlerausbildung zu machen, wie es sie so in Japan nicht gibt, kam sie vor sechs Jahren nach Deutschland. Damals sprach sie noch kein Deutsch. Ihre Tischlerlehre reichte ihr am Ende nicht: Sie setzte nach Abschluss eine Drechslerlehre drauf. «Ich möchte so viel wie möglich lernen», sagt sie. Im Sommer macht sie ihre Prüfung. Ihr Gesellenstück soll ein Teeservice aus Holz werden.

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Das Drechslerhandwerk ist ein jahrtausendealtes Handwerk und wurde 2018 ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Erste Hinweise auf die Technik des Drehens, um Holz, Horn oder Bernstein zu bearbeiten, finden sich laut deutschen Drechslerverband bereits vor 4500 Jahren in Ägypten.

Bundesweit sind 100 Unternehmen im Verband organisiert, viele von ihnen sind Ein-Personen-Betriebe. Die meisten sitzen in Süddeutschland. «Das liegt in der Historie begründet», sagt Bundesinnungsmeister Walter Hoppe aus Hannover. «Wenn man sich die schlanken und schlichten Worpsweder Möbel anschaut und dagegen die üppigen Arbeiten in Süddeutschland, weiß man warum.» Ob Säulen, Treppenstäbe, Stempelgriffe oder Gewürzmühlen - sie haben eines gemeinsam: Sie stammen aus Drechslerwerkstätten.

Takayo Miura hatte Glück, einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Gerade mal vier Betriebe in Deutschland bilden zur Drechslerin aus. Einer davon ist die Bremer Drechslerei von Hans-Peter Schöner. Es ist die einzige verbliebene Drechslerei in der Hansestadt und eine von nur noch wenigen in Norddeutschland. Bundesweit lernen zurzeit gerade mal neun junge Männer und Frauen das Handwerk. Sie müssen alle zur Berufsschule nach Bad Kissingen in Bayern.

Stirbt eines der ältesten Gewerke weltweit also aus? «Nein», betont Innungsmeister Hoppe. «Es tut sich was.» Vor knapp 20 Jahren habe eine Änderung in der Handwerksordnung dafür gesorgt, dass Drechsler sich auch ohne Meisterbrief selbstständig machen konnten. Aber ohne Meister kein Nachwuchs: Die Zahl der Auszubildenden sank, trotz starker Nachfrage. Im vorigen Jahr wurde die Meisterpflicht wieder eingeführt. «Ich bin guter Dinge, dass die neuen Meister wieder ausbilden werden», sagt Hoppe.

Auch dem Bremer Meister Hans-Peter Schöner ist es wichtig, Berufseinsteiger zu fördern - so wie er einst unterstützt wurde. Nach seiner Zimmererlehre schloss er mit dem Drechslerhandwerk eine zweite Ausbildung an. 2010 machte er sich selbstständig. Vor kurzem bezog er mit seinem Betrieb einen Neubau: Hier stehen Hobelautomaten, Fräsmaschine, Laser-Cutter und eine moderne CNC-Drehmaschine mit programmierter Computersteuerung. Zu seinen Werkzeugen gehören zudem Meißel, Schruppröhre, Stecheisen, Raspeln und Feilen.

An diesem Tag hat er ein langes Stück Buche in die CNC-Drehmaschine eingespannt. Für eine hohe Spielebene mit Rutsche in einem Kinderzimmer soll er Eckpfosten im Prinzessinnenstil herstellen. Der Auftrag kommt von einer Tischlerei in Bayern. «Tischler arbeiten nur zweidimensional, sobald es anfängt, rund zu werden, sind wir gefragt», sagt Schöner.

Solch ungewöhnliche Aufträge hat er inzwischen viele. «Man muss flexibel sein und mit der Zeit gehen», sagt er. Treppenstäbe - früher klassische Drechslerarbeit - macht er so gut wie keine mehr. «Die meisten Treppenstäbe sind inzwischen eckig.» Und oft noch nicht mal mehr aus Holz. Stattdessen produziert er etwa für ein Osnabrücker Start-up einen «Keinachtsbaum» - ein Holzgestell mit Löchern, in dem einzelne frische Tannenzweige gesteckt werden.

Außerdem fertigt er in großer Stückzahl für Kunden in Portugal und Schottland Tamper-Griffe, mit denen Kaffeepulver in Siebträgermaschinen festgedrückt wird. Für einen Kunden in den USA macht er Werkzeuggriffe. «80 Prozent der Aufträge kommen über das Internet», berichtet Schöner. Auch er würde seinen Beruf nicht als aussterbend bezeichnen: «Wir müssen uns nur immer wieder was Neues überlegen.» Genau das sei es auch, was er an seinem Beruf möge. «Ich stehe jeden Tag vor einer neuen Herausforderung.»

Laut Innungsmeister Hoppe ist das Handwerk dank der modernen Maschinen körperlich nicht mehr anspruchsvoll - weshalb es auch Frauen für sich entdeckt hätten. Takayo Miura ist da keine Ausnahme. Sie liebt es, beim Drechseln noch mehr eigene Ideen verwirklichen zu können als beim Tischlern. Was die Zukunft für sie bringt, weiß sie noch nicht genau. Möglicherweise wird sie eines Tages zurück nach Japan gehen und dort ihr Handwerk anbieten.