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Braucht Deutschland mehr Start-up-Teens?

Rund 5000 junge Gründerinnen und Gründer gibt es in Deutschland, die Regierung will sie besser unterstützen – der FDP gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Gerade nach der Coronakrise brauche es einen größeren Aufschlag.

Damit auch Teenager zumindest die Chance auf eine Millionen-Gründung haben, will die Regierung minderjährige Gründer künftig besser unterstützen. Foto: dpa
Damit auch Teenager zumindest die Chance auf eine Millionen-Gründung haben, will die Regierung minderjährige Gründer künftig besser unterstützen. Foto: dpa

Als sie auf ihre Millionen-Idee kommen, sind Maxim und Raphael Nitsche 13 und 14 Jahre alt. Mathe liegt den beiden Brüdern aus Berlin, sie geben Nachhilfe, bekommen von ihren Schülerinnen und Schülern aber immer wieder dieselben Fragen gestellt. Warum also nicht die Antworten automatisieren und eine App entwickeln? Sie überzeugen ihren Vater Thomas, der ihnen beim Programmieren hilft. Heraus kommt die Nachhilfe-App „Math 42“, die sie 2017 für 20 Millionen Euro an den US-amerikanischen Bildungsanbieter Chegg verkaufen – eine Erfolgsstory, die quasi im Kinderzimmer entstanden ist.

Damit auch andere Teenies zumindest die Chance auf eine Millionen-Gründung haben, will die Regierung minderjährige Gründer künftig besser unterstützen. Doch der FDP gehen die Maßnahmen nicht weit genug – zumal die Zahl der Start-up-Teens aus ihrer Sicht schon heute deutlich größer sein könnte.

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Rund 5.000 Gründerinnen und Unternehmer gibt es im Alter zwischen 15 und 20 Jahren in Deutschland, teilt die Regierung auf eine Kleine Anfrage der FDP mit. Doch wer dazu gehören will, muss einige bürokratische Hürden bewältigen: Zwar gibt es keine Altersgrenze für eine Unternehmensgründung, vor Vollendung des 18. Lebensjahrs gilt jedoch eine beschränkte Geschäftsfähigkeit.

Ein gesetzlicher Vertreter muss deshalb für den Teenie handeln, die Unternehmensgründung durch ein Familiengericht genehmigt werden, so steht es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dass dieser familiengerichtliche Genehmigungsvorbehalt „sowohl einen organisatorischen als auch einen zeitlichen Aufwand“ darstellt, gibt Claudia Dörr-Voß, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, in der Antwort auf die Anfrage zu. In Einzelfällen komme es sogar „zu Komplikationen“, erklärt sie.

Deshalb prüfe das Ministerium, besser über Unternehmensgründungen zu informieren, beispielsweise durch Webseminare. Denkbar wäre etwa ein Pilotprojekt, mit dem gründungswillige, minderjährige Jugendliche und ihre Vertreter darüber informiert werden, welche rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Davon verspricht sich Dörr-Voß auch den Effekt, „dass sich Netzwerke zwischen an Gründungen interessierten Jugendlichen und Expertinnen und Experten bilden.“

Braucht es aber neben besseren Informationen auch leichtere Gründungsmöglichkeiten in der Praxis? Etwa in Form einer „Junior GbR“, mit der Minderjährige ohne richterliche Zustimmung gründen können, den jährlichen Umsatz auf 10.000 Euro gedeckelt? Eine solche Idee sieht die Regierung „kritisch“. Mit einer solchen Gesellschaft seien „Risiken für das Kindesvermögen verbunden“, die auch aus der Tätigkeit anderer Gesellschafterinnen und Gesellschafter herrühren könnten, erklärt Dörr-Voß: „Bei der Beurteilung des Kindeswohls und des Kindesvermögens kommt es nicht allein auf den Umsatz, sondern vor allem auf die Risiken wie beispielsweise Miet- oder Kreditverbindlichkeiten an.“

Wenn eine solche Deregulierung also offensichtlich nicht möglich ist, könnte aber womöglich ein Schulfach „Entrepreneurship“ an Schulen zu mehr Gründungen im Land führen? Die Regierung bezieht hier keine klare Position, sondern verweist darauf, dass „die Vermittlung von unternehmerischem Wissen, Denken und Handeln“ an Schulen, Hochschulen sowie in der Berufsausbildung „ein wichtiger Schritt“ sei, um die „Gründungskultur in Deutschland langfristig und nachhaltig weiter zu verbessern“. Zwar fördere die Regierung „Entrepreneurship Education“ mit mehreren Initiativen und Programmen wie „Unternehmergeist in die Schulen“ – aber Bildung sei eben Ländersache.

Solche Maßnahmen reichen längst nicht aus, meint Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP: „Wer minderjährigen Unternehmern so wenig entgegenkommt und Wirtschaftsunterricht an Schulen so halbherzig unterstützt, der muss sich nicht wundern, dass Deutschland im internationalen Vergleich bei Gründungen gewaltig hinterherhinkt“.

Dass sich die Regierung immer wieder aufs Kindswohl berufe, statt die Regulierung für die Start-up-Teens zu lockern, überzeugt ihn nicht: „Bei minderjährigen Profisportlern und Musikern werden bei der Schulpflicht ständig Ausnahmen gefunden. Dass dies bei jugendlichen Unternehmern nicht möglich ist, finde ich paradox.“

Statt echte Reformen anzustoßen, „flüchte“ sich die Regierung in Vorschläge wie Webseminare für Jugendliche und ihre gesetzlichen Vertreter. „Das ist müde und wird in Deutschland wenig verändern“, kritisiert Houben. Zukünftige Generationen könnte das teuer zu stehen kommen, fürchtet er. Gerade jetzt als Neustart aus der Corona-Krise werde „eine umfassende Initiative“ gebraucht, damit Gründungen für junge Menschen attraktiver werden. Houben schlägt dafür einen Gipfel zwischen Bund und Ländern vor, um die notwendigen Schritte anzugehen.

Aus Erfahrung weiß „Math 42“-Mitgründer Maxim Nitsche allerdings, dass es vorm Start-up-Start eine viel größere Hürde als die Bürokratie zu bewältigen gibt – die eigenen Eltern: „Das ist eine Schnapsidee. Ich mache bei keinem Schülerprojekten mit“, sei damals die erste Reaktion seines Vaters gewesen, erzählte er einmal in einem Interview. Am Ende wurde es ein Schülerprojekt, aus dem ein Millionen-Exit geworden ist.

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