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Heikle Lücken bei der Entsorgung von Batterien für E-Autos – Umweltbundesamt überprüft Tesla

Ein Tesla brennt – und viele Fragen bleiben. Wegen möglicherweise mangelhafter Entsorgung gerät der Elektropionier nun ins Visier des Umweltbundesamtes.

Als die Geschichte zu heiß wurde, tauchte die sonst kaum erreichbare Pressestelle von Tesla dann doch auf. In Österreich, nahe der Stadt Walchsee, war ein Modell S ausgebrannt, der Fahrer hatte sich retten können, doch die Entsorgung des brennenden Wracks stockte. Über Wochen passiert wenig, die Feuerwehr musst den Tesla erst löschen und dann kühlen. Am Ende trennten Experten die Batterie, die selbst nicht gebrannte hatte, vom Fahrzeug und entsorgte beide.

Nachdem die ersten Bilder des Wracks öffentlich wurden, rang sich der US-Konzern eine schriftliche Erklärung ab, die wenig Vertrauen in die Verantwortlichkeit von Tesla für seine Fahrzeuge einflößte – und die zugleich indirekt Fehler einräumte. Man habe zwar mit der Firma Öcar GmbH einen Entsorgungspartner, so ein Sprecher. Aber die entsprechende Lizenz für Tesla-Fahrzeuge sei nie erteilt worden. Auf das Einreichen von Anträgen bei der zuständigen Behörde habe man nie eine Rückmeldung erhalten. Kurze Zeit später entsorgte Tesla dann Öcar – von seiner Homepage.

So sehr die Haltung des Unternehmens dubios und unprofessionell wirkt: Tatsächlich ist das Thema viel weitreichender – vor allem, wenn man auf die Entsorgung von E-Autos in Deutschland blickt. Dort überprüft zwar nach Recherchen des Handelsblatts zurzeit das Umweltbundesamt den US-Autobauer. Offenbar gibt es Hinweise, dass es auch hierzulande Unregelmäßigkeiten bei der Angabe des Entsorgungspartners gibt. Tesla schweigt auf Anfrage dazu.

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Die gefährlichere Schwachstelle ist aber ein Mangel an gesetzlichen Regeln und dadurch bedingt ein Mangel an Spediteuren, die verunfallte E-Autos abtransportieren. „Mir fallen vielleicht ein, zwei Betriebe in ganz Deutschland ein“, sagt Stefan Jacobs, Geschäftsführer des Verbands der Bergungs- und Abschleppunternehmen (VBA).

Das Thema ist keineswegs theoretischer Natur. Erst am Sonntag brannte in Düsseldorf ein Fahrzeug mit Lithium-Ionen-Akku im Heck. Die Feuerwehr benötigte 9000 Liter Löschwasser – dabei war hier nicht mal ein Antriebsakku betroffen. Laut Jacobs hat es in Deutschland zudem schon mehrere Fälle von verunfallten E-Autos gegeben. Angesichts des Zulassungsbooms bei E-Fahrzeugen ist mit weiteren Fällen zu rechnen.

Abtransport ungeregelt

Tesla steht in diesem Segment seit jeher im Mittelpunkt des Interesses. Der Konzern des charismatischen Gründer Elon Musk setzt die deutschen Hersteller, die erst langsam mit ihren Modellen auf den Markt kommen, massiv unter Druck. Unlängst präsentierte das Unternehmen in den USA einen Cybertruck, für den angeblich bereits knapp 250.000 Bestellungen eingegangen seien.

Auch in Deutschland profitiert Tesla vom wachsenden Bewusstsein der Bevölkerung für Klimaschutz. Waren hierzulande zum 1. Januar in Deutschland insgesamt 9357 Fahrzeuge von Tesla zugelassen, steigerte der Konzern die Zahl allein in den Monaten Januar bis Oktober dieses Jahres um weitere 9301. Das geht aus einer Anfrage des Handelsblatts beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hervor. Aber auch die anderen Hersteller verkaufen mehr. Insgesamt fahren derzeit rund 83.000 Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen.

Während der Verkauf von Elektroautos boomt, hat die sonst so kleinlich geregelte Entsorgung von Pkws im Bereich E-Fahrzeuge eine bislang unentdeckte Lücke. Sie ist so groß wie die Wegstrecke eines verunfallten Fahrzeugs bis hin zum Demontagebetrieb.

Denn für diese Wegstrecke ist der Halter des Autos verantwortlich. Er muss dafür sorgen, dass sein Fahrzeug beim Demontagebetrieb ankommt. Nur findet er in Deutschland keine Spediteure dafür. Das bestätigt das Umweltbundesamt. „Wir waren auch überrascht, als wir das festgestellt haben“, so ein Sprecher.

Doch Abhilfe zu schaffen ist nicht die Aufgabe des Umweltbundesamts, sondern von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) – der dabei vom Bundesamt für Materialforschung und -prüfung (BAM) beraten wird. Scheuer aber schlafe, meint Abschlepp-Experte Jacobs. „Da wird die Elektromobilität massiv vorangetrieben. Nur um Entsorgung hat sich keiner Gedanken gemacht.“

Im BAM sieht man dagegen keinen Handlungsbedarf. Dem Amt seien „circa zehn“ Unternehmen bekannt, die Autobatterien transportieren könnten, davon auch „einige“, die die ganz großen E-Akkus transportieren können, heißt es dort. Einige Unternehmen von zehn für ganz Deutschland.

Dabei ist die Entsorgung an manchen Stellen hoch kompliziert – an anderen, den gefährlichen Punkten, wieder kaum geregelt. Solange etwa das E-Fahrzeug nur liegen bleibt und die Batterie noch einwandfrei im Auto steckt, kann ein Pannenhelfer oder der Abschlepper kommen. Brennt das Fahrzeug aber, handelt es sich um einen Notfall. Laut Umweltbundesamt steckt in Fahrzeugen wie Tesla ein rund 600 Kilogramm schwerer Lithium-Ionen-Klotz. Gerät dieser in Brand, wird es hochproblematisch.

Denn der große Akku besteht aus Hunderten einzelner Batteriezellen. Wird eine davon beschädigt, können viele elektrische Kurzschlüsse folgen, die das Feuer ständig neu entfachen. Löschen muss das zunächst die Feuerwehr. Und schon dies ist ein Einsatz mit Fragezeichen. Das Fahrzeug, so die Befürchtung, könnte zum Beispiel weiter unter Strom stehen.

Und nach dem Löschen? Lässt sich die Batterie nicht vom Auto trennen, muss das gesamte Auto in einem gefluteten Container zur Demontage transportiert werden – ohne Deckel, damit kein Explosionsdruck entsteht. Solche Container aber haben sich die Abschleppfirmen laut Jacobs bisher nicht angeschafft. Weil sie nicht wissen, ob sie die Fahrzeuge überhaupt fluten dürfen. „Das ist versicherungstechnisch bislang völlig ungeregelt“, kritisiert der Verbands-Geschäftsführer.

Komplizierte Batterie-Entsorgung

Hinzu kommt: Vom Demontagebetrieb geht die Batterie zum Recyclingbetrieb. Doch Batterie ist nicht gleich Batterie. Es gibt drei Arten, die allesamt in einem Elektroauto vorkommen können: Batterien für kleinere Elektrogeräte an Bord, so genannte Handbatterien, die üblichen 12-Volt-Starter-Batterien und schließlich die Antriebsbatterien oder auch Industriebatterien, die Lithium-Ionen-Akkus. Sie müssen alle unterschiedlich entsorgt werden.

Und auch hier zeigen sich Versäumnisse der Politik. Für die kleinen Handbatterien ist genau geregelt, dass der Hersteller sich an ein Sammel- und Entsorgungssystem anschließen muss, das die Batterien kostenfrei zurücknimmt. Ausgerechnet bei den weitaus gefährlicheren Starter- und Industriebatterien ist es dem Hersteller hingegen überlassen, dass privat zu regeln. Es reicht aus, dass er einen Vertragspartner vorweisen kann, der die Entsorgung übernimmt. Immerhin lässt sich der in einem öffentlichen Register nachlesen – im BattG-Melderegister des Umweltbundesamts.

Aber auch hier tun sich Lücken auf. Denn fehlen bei Autoherstellern Einträge im Register, heißt dies nicht automatisch, dass es keine Entsorgung gibt. Beziehen Autobauer etwa ihre Lithium-Ionen-Batterien von anderen Unternehmen, gelten diese meist als Hersteller. Bei Audi, Daimler und BMW steht im Register zum Beispiel nichts. Bei Volkswagen ist hingegen die Volkswagen Werkstättenentsorgung eingetragen.

Zudem kann die Behörde die Angaben aller Hersteller nicht routinemäßig überprüfen. Sie wird vor allem nach Hinweisen tätig. Einem solchen Hinweis geht das Amt nach Informationen des Handelsblatts nun in Bezug auf Tesla nach. Danach soll Tesla zwar mit dem dort angegebenen Entsorgungspartner, der GRS Service GmbH, kooperieren – angeblich aber gerade nicht im Bereich der Antriebsbatterien. Das Umweltbundesamt äußert sich nicht dazu. „Wir gehen allen Hinweisen nach“, sagt der für das Melderegister Verantwortliche Björn Bischoff.

Hat Tesla also womöglich nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland die Hausaufgaben nicht gemacht? Der Konzern reagiert auf Anfragen nicht. Die Antwort der GRS Service GmbH lautet: „Über Art und Umfang der Entsorgungsaufträge kann nur Tesla selbst Auskunft geben.“

Sicher scheint im Entsorgungschaos offenbar nur eins: dass Abschleppunternehmen für brennende E-Autos vorerst Mangelware bleiben dürften. Auch, weil die Betriebe vor Anfahrt nicht einmal genau wissen, was sie bei Unfällen vor Ort erwartet. Andere Länder hätten teilweise schon elektronische Register oder Apps, in denen die Unfallhelfer nachschauen könnten, was für ein Motor im Unfallfahrzeug steckt, berichtet Jacobs. „Wir aber wissen nie, was da gerade überhaupt brennt.“