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Die Brüsseler Billionen-Offensive: EU will Wiederaufbau mit Reformen verknüpfen

Die EU-Kommission will Anleihen von mehr als einer halben Billion Euro ausgeben, um die ökonomischen Folgen der Coronakrise zu überwinden.

ARCHIV - 13.05.2020, Belgien, Brüssel: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommt ins Europaparlament. Nach dem Wirtschaftseinbruch durch die Corona-Pandemie will sie viele Milliarden aus dem europäischen Haushalt in die Konjunktur pumpen. Bekannt dazu ist bereits, dass sie den Wiederaufbauplan in den nächsten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen 2021 bis 2027 einbetten will. (Zu dpa «Brüsseler Corona-Wiederaufbauplan nimmt Gestalt an») Foto: Etienne Ansotte/European Commission/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa

Staatsschulden waren in Europa bisher eine nationale Angelegenheit: Nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dürfen sich verschulden, die EU selbst darf es in der Regel nicht. Die Brüsseler Kommission muss mit dem Geld auskommen, das die Mitglieder in den EU-Haushalt einzahlen.

Doch nun gerät das Verschuldungsverbot der EU ins Wanken. Erstmals in der Geschichte der Staatengemeinschaft will die EU-Kommission in großem Umfang europäische Anleihen ausgeben. Bereits vor einigen Wochen war in Brüssel durchgesickert, dass die Kommission Bonds mit einem Volumen von 320 Milliarden Euro plant.

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Inzwischen ist sogar von mehr als einer halben Billion Euro die Rede. Die Anleihen sollten eine Laufzeit von bis zu 30 Jahren haben, erfuhr das Handelsblatt aus EU-Kommissionskreisen. Das heißt: Die wirtschaftlichen Kosten der Coronakrise werden die EU noch sehr lange belasten.

Denn getilgt werden müssen die Anleihen irgendwann – sonst wäre das im EU-Vertrag festgeschriebene Verschuldungsverbot endgültig ad absurdum geführt. Die Schuldenaufnahme macht es jetzt möglich, den Wiederaufbau ohne höhere Beiträge für den EU-Haushalt zu finanzieren. Die Rechnung wird später präsentiert: Ab 2025 müssen die EU-Mitgliedstaaten deutlich höhere Überweisungen nach Brüssel einkalkulieren – oder das Verschuldungsverbot wird irgendwann aufgehoben.

Mit den Anleihen will die EU-Kommission ein Wiederaufbauprogramm finanzieren, das vor allem – aber nicht nur – Südeuropa zugutekommt. Spanien und Italien sind am stärksten von der Pandemie betroffen, nicht nur medizinisch, auch ökonomisch. Frankreich, Portugal und Griechenland gehören ebenfalls zu den großen Verlierern, denn die für ihre Volkswirtschaften so wichtige Tourismusbranche hat durch den Shutdown einen gewaltigen Schaden erlitten.

Klare Reformauflagen für Antragsteller

Die betroffenen Länder sollten aus dem neuen EU-Wiederaufbauprogramm „überwiegend“ nicht rückzahlbare Zuschüsse erhalten, sagte ein hochrangiger EU-Beamter dem Handelsblatt. Dafür müssten sie allerdings Bedingungen erfüllen. Das Geld müsse ausgegeben werden, um die Volkswirtschaften zu modernisieren – also in die Digitalisierung oder in den Klimaschutz fließen.

Außerdem würden Corona-bedingte EU-Transfers mit Reformauflagen verknüpft, im Rahmen des sogenannten Europäischen Semesters. Darüber spricht die EU-Kommission seit vielen Jahren wirtschaftspolitische Empfehlungen aus, die von den Adressaten allerdings meist ignoriert werden. Nun bekämen die Empfehlungen „Zähne“, denn wer sie nicht beachte, der bekomme aus Brüssel auch keine Coronahilfen, heißt es in der EU-Kommission.

Die Südeuropäer, allen voran Italien, dürften davon nicht begeistert sein. Die Regierung in Rom hatte sich bisher stets mit dem Argument gegen wirtschaftspolitische Auflagen aus Brüssel gestemmt, man wolle sich von der EU nicht bevormunden lassen. Die bittere Pille wird Italien nun wohl schlucken müssen, aber auch nordeuropäische Länder müssen Kompromisse machen. Die Niederlande bestehen bisher darauf, aus dem schuldenfinanzierten Wiederaufbauplan ausschließlich Kredite zu zahlen. Transfers lehnt die Regierung ab. Der Wiederaufbauplan der Kommission solle aus drei Säulen bestehen, wie es weiter in Brüssel hieß:

  • In die erste unter dem Titel „Wiederaufbau und Reformen“ sollen rund 80 Prozent der Mittel fließen. Interessierte Mitgliedstaaten müssen einen nationalen Wiederaufbauplan inklusive eines Reformprogramms in Brüssel einreichen, um Geld aus diesem Topf zu bekommen.

  • Säule zwei unter dem Titel „Kickstart the economy“ sei für Unternehmen bestimmt, etwa für im Prinzip gesunde Firmen, die ausschließlich durch Corona in Schwierigkeiten geraten sind. Auch Unternehmer, die in strategische Wirtschaftsbereiche wie Pharma oder Informationstechnologie in Europa investieren würden, könnten Unterstützung bekommen. Für Säule zwei seien bis zu 15 Prozent der Mittel bestimmt.

  • Säule drei unter dem Titel „Lessons learned from the crisis“ soll bis zu acht Prozent der Mittel enthalten. Mit dem Geld sollen bereits vorhandene EU-Programme gestärkt werden, etwa das Forschungsprogramm Horizon Europe oder die Hilfsprogramme für EU-Beitrittskandidaten und benachbarte Regionen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will ihren Wiederaufbauplan kommende Woche Mittwoch vorstellen. Die EU-Regierungschefs wollen den Plan beim nächsten regulären EU-Gipfel am 18. Juni beschließen. Bis dahin dürfte es noch heftige Debatten um das Zahlenwerk geben. Von der Leyen hat zwar alle Regierungen in die Arbeit an dem Wiederaufbauplan eingebunden, doch ein Konsens darüber müsse noch erreicht werden, sagte ein EU-Insider.