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Börsenlisting: Warum Spotify nicht das nächste Netflix ist

Mann der Stunde: Gründer Daniel Ek bringt Spotify endlich an die Börse (Foto: © Spotify)
Mann der Stunde: Gründer Daniel Ek bringt Spotify endlich an die Börse (Foto: © Spotify)


Der erste große Börsengang eines Internetunternehmens in diesem Jahr rückt näher – dabei ist es streng genommen gar kein IPO. Der schwedische Musik-Streaming-Dienst Spotify strebt per Direktlisting an die Wall Street, ohne dass Anleger die Aktie vorher zeichnen können. Die anvisierte Bewertung von über 20 Milliarden Dollar erscheint nicht zuletzt angesichts der harten Konkurrenz von Apple ambitioniert.

Es ist eine Seltenheit in der vom Silicon Valley bestimmten Internetindustrie: ein Marktführer aus Europa. Tatsächlich seit nunmehr bereits 10 Jahren streamt Spotify Musik rund um den Globus. Kein Rivale konnte die bemerkenswerte Wachstumsstory der Schweden bislang stoppen – nicht einmal der wertvollste Konzern der Welt, der Spotify mit Apple Music seit knapp drei Jahren herausfordert.

Die Kräfteverhältnisse sind weiter klar definiert: Während es der Techpionier aus Cupertino auf 36 Millionen zahlungswillige Abonnenten bringt, können sich die Schweden, die anders als Apple ein Freemium-Modell anbieten, über 71 Millionen zahlende Kunden und insgesamt sogar 159 Millionen monatlich aktive Kunden freuen.

Börsengang durch Direktlisting

Entsprechend will Spotify seinen First Mover-Vorteil nach jahrelangen Spekulationen nun versilbern und strebt unter dem Tickersymbol SPOT endlich einen Gang an die New York Stock Exchange (NYSE) an, wie aus dem eingereichten Antrag auf Börsenzulassung hervorgeht.

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Der Weg dahin jedoch überrascht: Nicht mittels IPO (Initial Public Offering), sondern als Direktlisting (Direct Public Offering, kurz: DPO) will der Musik-Streaming-Anbieter seine Aktien platzieren. Das gewohnte Prozedere, über konsortialführende Banken im sogenannten Bookbuilding-Verfahren bei zeichnungswilligen Anlegern im Vorfeld des Börsengangs einen fairen Ausgabekurs zu ermitteln, fällt damit weg.

Börsenlisting wird „ein ganz besonderer, neuer Spaß“

Das höchst ungewöhnliche Vorgehen überrascht – es ist tatsächlich eine absolute Rarität, wie Bloomberg herausarbeitet. „Spotifys Auktion – ohne bisherigen Handelspreis, ohne Ausgabekurs, dafür einer Menge Interesse von potenziellen Käufern eines neuen, hoch gewetteten Einhorns und keiner geordneten Abgabe von Altaktionären – wird ein ganz besonderer, neuer Spaß“, schreibt der Finanzinformationsdienst.

„Warum sollte Spotify das Geld den Brokern und großen Fonds bezahlen, statt es an die Leute weiterzugeben, denen das Unternehmen gehört – den Investoren, den Mitarbeitern und Gründer Daniel Ek selbst“, findet das Techportal re/code den neusten Ansatz eines Börsengangs vorbei an den Banken dagegen „ziemlich smart“. Ganz gleich, wie man den ungewöhnlichen Weg an die Wall Street bewertet, scheint zumindest die Konsequenz daraus absehbar: Die Ausschläge am ersten Handelstag dürften höchst volatil sein.

Weiter defizitäre Geschäftsentwicklung

Tatsächlich bereits Ende der März könnte der Handel mit Spotify-Aktien an der NYSE beginnen. In welche Richtung sich die Notierungen bewegen, dürfte in erster Linie davon abhängen, wie Investoren die weitere Geschäftsentwicklung bewerten. Der Börsenprospekt verrät unterdessen weiter eine chronisch defizitäre Bilanz: Im vergangenen Geschäftsjahr konnte Spotify zwar seine Erlöse um 39 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro steigern, doch die Schweden verloren netto happige 1,24 Milliarden Euro. Auch um Einmal-Effekte bereinigt, stieg der operative Verlust nochmals von 349 auf 378 Millionen Dollar an.

Damit offenbart sich das eigentliche Dilemma des Musik-Streaming-Dienstes: Zwar hat Spotify wie Netflix maßgeblich dazu beigetragen, das Geschäftsmodell einer monatlichen oder jährlichen Abogebühr durchzusetzen, doch davon profitieren am Ende in erster Linie die Kunden bzw. die Musikindustrie. Wann bzw. ob Spotify jemals die Profitabilität erreichen kann, erscheint weiter höchst unklar.

Warum Spotify kein Netflix ist

Problematisch bleibt im Vergleich zu Film- und Serien-Streaming-Anbieter Netflix, der an der Börse von Allzeithoch zu Allzeithoch schießt, der Mangel an eigenen Inhalten. Netflix begann erst 2013 damit, eigene Serien und Filme zu produzieren, die heute zum Alleinstellungsmerkmal geworden sind, das sich CEO Reed Hastings in diesem Jahr allein 8 Milliarden Dollar kosten lässt.

Die Ausgaben von Daniel Ek an die Musikindustrie machten im vergangenen Jahr den Löwenanteil der gesamten Umsätze aus – allerdings überwiesen lediglich für Lizenzgebühren an die führenden Musiklabels, nicht für eigene Inhalte. „Spotify hat bewiesen, dass das Musik-Streaming-Geschäft wie ein schwarzes Loch ist“, legte der Business Insider den Finger in die Wunde. Fordern die Plattenbosse in der Zukunft mehr Tantiemen als Spotify zu zahlen bereit ist, könnten Nutzer plötzlich vor einem empfindlich reduzierten Angebot stehen.

Branchenprimus Apple kann als wertvollster Konzern der Welt, der allein im vergangenen Geschäftsjahr mit iPhone & Co. über 50 Milliarden Dollar verdiente, Lizenz-Verhandlungen für sein Streaming-Angebot Apple Music gelassen entgegensehen – im Zweifelsfall könnte sich der Kultkonzern aus Cupertino über die Schmerzgrenze von Spotify einen Wettbewerbsvorteil erkaufen. Und mehr noch: Am Ende bleibt Spotify auch von der Plattform abhängig – eine Präsenz auf Apples iOS ist keine Garantie auf Lebenszeit.

Wie viel ist Spotify wert?

Entsprechend gebannt blicken Anleger auf die mögliche Bewertung, die Spotify an der Börse aufrufen könnte. Am Sekundärmarkt für privat geführte Unternehmen wurden für das wertvollste europäische Internet-Unternehmen in der Spitze bereits 23 Milliarden Dollar bewilligt, nachdem die Schweden mit dem chinesischen Internetriesen Tencent Ende 2017 eine Überkreuzbeteiligung auf einer Bewertungsbasis von 20 Milliarden Dollar eingegangen waren.

Dass Spotify ein Bewertungsniveau in diesen Dimensionen am Tag des Wall Street-Debüts wiedersieht, erscheint nicht unwahrscheinlich, wie zahlreiche furiose IPOs von hoch gewetteten Internet-Unternehmen belegen. Snap etwa legte vor einem Jahr aus dem Stand um 44 Prozent zu, während Anteilsscheine von Twitter vor dreieinhalb Jahren am ersten Handelstag zuvor sogar um 73 Prozent explodierten. Danach jedoch begann schnell die raue Börsenrealität, die die Internetstars von Überfliegern in Kellerkinder verwandelte, die bis heute unter ihrem Absturz leiden. Spotify warnte von sich aus Anleger im Börsenprospekt vor einem ähnlichen Schicksal.