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Der Boom der Tech-Werte verunsichert konservative Anleger

Die Kursrally von Tech-Aktien und anderen Wachstumstiteln stellen konservative Anlagestrategien mehr und mehr infrage. Zu Unrecht, meinen Analysten.

David Einhorn ist frustriert. Vor Kurzem musste er seinen Investoren beichten, dass er – schon wieder – Geld verloren hat. 7,1 Prozent lag sein Hedgefonds Greenlight Capital im Juni im Minus. Aufs Jahr gesehen klafft ein Verlust von 18,3 Prozent. Der marktbreite US-Aktienindex S & P 500 hat dagegen um 1,7 Prozent zugelegt.

Einhorn, der gezielt auf niedrig bewertete, solide Aktien setzt, steckt schon länger in der Krise. Nicht nur ihm bereitet sein als „Value-Strategie“ bezeichnetes Anlagekonzept Probleme. Der ungewöhnlich lang anhaltende Bullenmarkt macht wertorientierten Investoren das Leben schwer.

Denn je länger die Hausse in Gang bleibt, desto stärker hängen sogenannte Wachstumswerte das Marktsegment der soliden günstigen Titel ab – zu denen vor allem traditionell günstig bewertete Dividendenpapiere aus dem Lebensmittel- sowie Pharmabereich, dem Basiskonsumgütersektor und den Grundstoffindustrien gezählt werden.

„Wir sehen gerade eine Phase, die seit fünf Jahren anhält und in der die klassischen Value-Investoren eine deutliche Einbuße an Performance gegenüber den Growth-Anlegern hinnehmen müssen“, sagt Carsten Gerlinger, Chefstratege beim Luxemburger Vermögensverwalter Moventum. Allein seit Anfang Mai 2015 kletterten Wachstumstitel an der weltweit richtungsweisenden Wall Street, gemessen am S & P 500 Growth–Index, um mehr als 45 Prozent.

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Maßgeblich befeuert von der anhaltenden Rally der Technologiegiganten Facebook, Amazon, Apple, Netflix und der Google-Mutter Alphabet (FAANG). Dagegen erzielten die Aktien in der meistbeachteten Value-Messlatte des Index‧anbieters Standard and Poor’s nur ein Plus von rund 19 Prozent.

Buffett kauft Tech-Werte

Um nicht weiter abgehängt zu werden, sehen sich wertorientierte Geldverwalter zunehmend gezwungen, ebenfalls auf Technologieaktien wie die boomenden FAANG-Papiere zu setzen. Obwohl dies eigentlich ihrer Anlagephilosophie widerspricht: sich auf robuste – fundamental unterbewertete – Papiere mit langfristigem Renditepotenzial zu konzentrieren.

In der Branche ist daher eine Diskussion darüber entfacht, wie sehr man die Grenzen verwischen darf und was in diesen guten Zeiten die richtige Strategie für die Anleger ist. Selbst Warren Buffett ist weich geworden. Der Star-Investor, der mit dem Value-Ansatz zu einem der reichsten Männer der Welt geworden ist, stieg Anfang 2016 bei Apple ein. Eigentlich reichlich spät, Apple war damals schon teuer.

Dennoch hat es sich für den Chef des Konglomerats Berkshire Hathaway gelohnt, der seinen Anteil seitdem auch noch kontinuierlich ausgebaut hat. Berkshire hält nun gut fünf Prozent an Apple – was dem Star-Investor Buchgewinne in Milliardenhöhe bescherte.

Auch bei Amazon und Google wäre Buffett gern bereits vor Jahren eingestiegen. Inzwischen sind ihm die Aktien zu teuer. „Wir haben uns das angesehen, aber ich bin nicht zu dem Schluss gekommen, dass die Kurse noch viel weiter steigen könnten“, räumte Buffett auf der Hauptversammlung im Mai ein.

Doch im Großen und Ganzen bleibt er seinen Prinzipien treu. „Jetzt ist die Zeit, nichts zu tun – Warren kann das ganz gut“, scherzte Buffetts rechte Hand Charlie Munger. Buffett kann sich den Luxus leisten, hohe Barreserven zu halten. Andere Profis können das nicht. Value-Investor Whitney Tilson etwa schloss seinen Hedgefonds Kase Investing im vergangenen Herbst wegen Erfolglosigkeit. „Ich habe immer so angelegt, dass ich den schlimmsten Sturm überstehe“, sagt er. Und dann war es ausgerechnet ein lang anhaltender Bullenmarkt, der seine Karriere als Stockpicker beendet hat.

„Value-Investing kann lange Dürrephasen mit sich bringen“, gibt John Rekenthaler vom Analysehaus Morningstar zu bedenken. Dass Wachstumsaktien großer US-Konzerne ihre Vergleichswerte aus dem Value-Bereich in den vergangenen fünf Jahren eindeutig in den Schatten gestellt haben, liege vor allem daran, dass die Gewinne der Tech-Firmen selbst die kühnsten Erwartungen übertroffen haben. „Die Käufer von Growth-Aktien haben recht behalten, und wertorientierte Investoren lagen mit ihrer Skepsis falsch“, so Rekenthaler.

Zuletzt hat allein Amazon rund ein Drittel zum Kursplus des S & P 500 im ersten Halbjahr beigetragen, wie eine aktuelle Auswertung der Investmentbank Goldman Sachs zeigt. Der Aktienkurs des weltweit führenden Onlinehändlers legte 2018 bis zum jüngsten Allzeithoch im Juni um fast die Hälfte zu. Bis auf Alphabet kletterten im Juni auch die anderen FAANG-Mitglieder so hoch wie nie zuvor.

Gemeinsam mit dem Börsenschwergewicht Microsoft sind diese Favoriten der Anleger für über 80 Prozent des bisherigen Jahresgewinns beim S & P 500 verantwortlich. Der US-Technologiesektor hat im zehnten Jahr der Hausse eine Marktkapitalisierung von mehr als sechseinhalb Billionen erreicht. Zum Vergleich: Das ist rund ein Drittel mehr, als der gesamte Aktienmarkt der Euro-Zone erreicht.

Gründe für ein Comeback

Trotz der in der jüngsten Vergangenheit überragenden Wertentwicklung der Wachstumsaktien ist der Value-Ansatz laut Morningstar-Mann Rekenthaler langfristig in Takt. Auch künftig werde es Zeiten geben, in denen Value-Anhänger die Nase vorn haben. Etwa dann, wenn die Bilanzen der Unternehmen die Erwartungen des Marktes nicht mehr regelmäßig übertrumpfen. Dann richtet sich der Fokus der Anleger wieder stärker auf die Risiken am Aktienmarkt – und der Value-Ansatz spielt wieder seine Stärken aus.

Das Konzept des werthaltigen Investierens basiert auf der Gegenüberstellung von Aktienkurs und dem inneren Wert eines Unternehmensanteils. Je größer diese als „Margin of Safety“ – also Sicherheitsmarge – bezeichnete Differenz ausfällt, desto geringer ist das Risiko eines Anleger, mit einer Fehlinvestition Geld zu verlieren. Gleichzeitig können Anleger umso höhere Renditen erzielen, je weiter sich der Kurs vom vermeintlich fairen Wert einer Aktie entfernt hat, wenn sich der Markt nach einer Fehleinschätzung wieder auf fundamentalen Kennzahlen zurückbesinnt.

Auch Lawrence Cunningham, Buffett-Watcher und Professor am Boston College, rät Investoren daher trotz der bisher enttäuschenden Entwicklung der Value-Strategien, nicht nervös zu werden. „Bleibt bei euren Prinzipien, in guten wie in schlechten Zeiten“, sagt er. „Es gibt immer gute Gelegenheiten.“

Was ebenfalls für ein Comeback der Value-Strategie spricht: Sollte die seit über neun Jahren währende Rally enden, dürften nach Einschätzung von Experten vor allem die teuren Wachstumstitel unter Druck geraten. Im Schnitt kosten solche Aktien an der Wall Street inzwischen mehr als den 25-fachen Jahresertrag des Unternehmens. Das liegt 42 Prozent über dem mittleren Kurs-Gewinn-Verhältnis der Value-Titel. „Wir machen uns dann Sorgen, wenn die Dinge groß‧artig laufen und alle super positiv gestimmt sind“, meint Chris Harvey, Analyst der US-Bank Wells Fargo, mit Blick auf FAANG und Co. Es sei nicht mehr die richtige Zeit, jetzt noch auf den Tech-Zug aufzuspringen.