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Biotech-Firma Immatics besiegelt Milliarden-Deal mit Celgene

Von der Zusammenarbeit profitiert das Tübinger Unternehmen: Es kann damit sowohl seine finanziellen Ressourcen als auch seine Position in der Krebsforschung stärken.

Die deutsche Biotech-Firma Immatics besiegelt Milliarden-Deal mit dem US-Konzern Celgene. Foto: dpa
Die deutsche Biotech-Firma Immatics besiegelt Milliarden-Deal mit dem US-Konzern Celgene. Foto: dpa

Der amerikanische Pharma- und Biotechkonzern Celgene will mit der deutschen Biotech-Firma Immatics neuartige Zelltherapien gegen verschiedene Krebsarten entwickeln. Das Tübinger Unternehmen kann damit sowohl seine finanziellen Ressourcen als auch seine Position in der Krebsforschung weiter stärken.

Für den Zugang zu drei neuen, von der deutschen Biotechfirma Immatics erforschten Angriffspunkten von Krebszellen, so genannten „Zielstrukturen“, zahlt der US-Pharmakonzern Celgene im Rahmen der Kooperation direkt 75 Millionen Dollar.

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Weitere bis zu 505 Millionen Dollar pro Projekt muss Celgene in Abhängigkeit von klinischen Entwicklungs-Erfolgen überweisen. Daraus errechnet sich ein potenzielles Gesamtvolumen von bis zu 1,6 Milliarden Dollar (etwa 1,45 Milliarden Euro), womit der Deal zu den größten F+E-Allianzen unter Beteiligung deutscher Biotechfirmen gehört.

Darüber hinaus hat Immatics Anspruch auf Lizenzerträge, wenn die Therapien einmal vermarktet werden. Außerdem hat der deutsche Konzern die Option, selbst an der klinischen Entwicklung der Produkte mitzuwirken und dadurch einen höheren Anteil an künftigen Umsätzen und Erträgen zu erhalten.

Die Kombination der Immatics-Technologien mit dem Know-how von Celgene im Bereich der Zelltherapien, ist Immatics-Chef Harpreet Singh überzeugt, „ermöglicht die Entwicklung völlig neuer Therapie-Optionen für Patienten mit soliden Tumoren“.

Für das Tübinger Unternehmen, das bisher unter anderem SAP-Gründer Dietmar Hopp als größtem Einzeleigner finanziert, ist die Kooperation ein weiterer wichtiger Erfolg, der die Werthaltigkeit seiner Technologiebasis untermauert. Ähnliche Allianzen hat Immatics zuvor bereits mit Roche, Amgen und der dänischen Biotechfirma Genmab vereinbart.

Während diese Unternehmen die Immatics-Technologie vor allem für die Entwicklung von Antikörpern – also speziellen Eiweiß-Wirkstoffen gegen Krebs – nutzen wollen, geht es in der Kooperation mit Celgene ausschließlich um potenzielle Zelltherapien. Solche Therapien, bei denen spezielle Immunzellen (T-Zellen) von Patienten im Labor genetisch modifiziert und anschließend zurückinjiziert werden, zeigten bisher bei verschiedenen Blutkrebsarten, etwa der akuten lymphatischen Leukämie, überraschend große Erfolge.

Überwindung der Schwächen

Bei soliden Tumoren wie etwa Lungen-, Nieren- oder Magenkrebs haben diese sogenannten „Car-T-Zell-Therapien“ bisher jedoch weitgehend versagt. Diese Schwächen wollen Celgene und Immatics mit ihrer Forschung überwinden.

Celgene ist vor allem mit dem sehr erfolgreichen Blutkrebsmedikament Revlimid groß geworden und erzielte zuletzt rund 15 Milliarden Dollar Umsatz. Anfang 2018 vollzog das US-Unternehmen mit der neun Milliarden Dollar teuren Übernahme der Biotechfirma Juno den Einstieg in die Entwicklung von Zelltherapien gegen Krebs.

Inzwischen steht Celgene aber selbst vor der Übernahme durch den Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb (BMS), der damit zur Nummer zwei im Onkologiegeschäft aufsteigen wird. Immatics gewinnt insofern eines der absoluten Schwergewichte in der Krebstherapie als neuen Partner.

Darüber hinaus arbeitet das Tübinger Unternehmen in Kooperation mit der amerikanischen Krebsklinik MD Andersen aber auch an eigenen Zelltherapien gegen Krebs. Diese Projekte befinden sich in der Anfangsphase der klinischen Tests und zeigten beim Einsatz an den ersten Patienten ermutigende Ergebnisse, wie Immatics im Juli berichtete.

Immatics wurde im Jahr 2000 gegründet und gehört heute mit 180 Mitarbeitern zu den größeren deutschen Biotechfirmen. Neben der Mainzer Biontech und der ebenfalls in Tübingen ansässigen Firma Curevac ist Immatics zugleich einer der führenden deutschen Akteure in der Erforschung von Immuntherapien gegen Krebs.

Grundlage ist dabei vor allem ein von Mitgründer Hans-Georg Rammensee entwickeltes Verfahren, mit dem kurze Eiweißfragmente, sogenannte Peptide, auf der Oberfläche von Krebszellen identifiziert werden können. Mit dem Versuch, aus diesen Peptiden eigene Krebsimpfstoffe zu entwickeln, ist Immatics vor vier Jahren zwar gescheitert.

Von diesem Rückschlag konnte sich das Unternehmen aber inzwischen weitgehend erholen, indem es sich als Spezialist für die Erforschung von tumor-spezifischen Rezeptoren positionierte und diese Fähigkeit für eine Reihe neuer Partnerschaften und den Aufbau einer eigenen neuen Pipeline an Entwicklungsprodukten nutzte.


Immatics ist von sich überzeugt

Zielstrukturen auf Krebszellen sind für Pharmaforscher extrem wichtig als potenzielle Angriffspunkte von Medikamenten und Zelltherapien. Denn eine maßgebliche Herausforderung für solche Therapien besteht darin, dass sie möglichst nur auf solche molekularen Mechanismen einwirken, die spezifisch für Tumorzellen sind. Ansonsten droht die Gefahr, dass gesunde Zellen zu stark angegriffen werden und die Nebenwirkungen zu hoch sind. Das gilt nicht zuletzt auch für die Immuntherapien, die darauf zielen, T-Zellen gegen Krebs zu aktivieren.

„Wir sind überzeugt, dass wir über die beste Plattform verfügen, um neue Targets oder Zielstrukturen für die Krebsimmuntherapie zu identifizieren“, sagt Firmenchef und Mitgründer Singh, der das Tübinger Unternehmen seit Anfang Juli leitet. Der promovierte Immunologe ist ein Schüler Rammensees und war zuvor bereits als Chief Scientific Officer für die Forschung von Immatics verantwortlich. Auch was die Erforschung von T-Zell-Rezeptoren angeht, sieht sich Immatics unter den führenden Firmen.

Als wichtiges Indiz für das wachsende Interesse an der Technologie von Immatics wertet Singh nicht zuletzt auch in den steigenden Vorab-Zahlungen, die Pharmafirmen für die Targets aus der Immatics-Forschung auf den Tisch legen. Während Amgen vor zwei Jahren noch 15 Millionen Dollar pro Ziel zahlte, sind es im nun vereinbarten Deal mit Celgene bereits 25 Millionen Dollar.

Eines der Vorzüge von der Immatics-Technologie besteht aus Sicht des Firmenchefs darin, dass sie auch solche Angriffspunkte bei Krebszellen identifizieren kann, die hauptsächlich innerhalb von Tumorzellen auftreten und auf der Zelloberfläche nur durch kleine Eiweißfragmente repräsentiert sind. Dadurch erhöhe sich die Zahl der potenziellen Targets um den Faktor fünf.

Immatics hat nach eigenen Angaben inzwischen gut 100 solcher tumorspezifischen Angriffspunkte identifiziert, die für neue Krebsimmuntherapien interessant sein könnten. Nur ein kleiner Teil davon wird bisher im Rahmen von Partnerschaften oder in den eigenen Forschungsprojekten bearbeitet. Singh sieht daher Potenzial für weitere Allianzen nach dem Vorbild der bisherigen Deals. Das wiederum gibt dem Unternehmen aus Sicht des CEOs auch finanzielle Flexibilität.

Börsengang nicht ausgeschlossen

Mit 180 Mitarbeitern und drei Projekten in der Klinik habe man zwar erheblichen Finanzbedarf. Nach der letzten Finanzierungsrunde und den Deals mit Amgen, Genmab sowie nun auch Celgene sei das Unternehmen aber auch sehr gut finanziert.
„Wir können daher aus einer Position der Stärke operieren und sind nicht gezwungen, in eine bestimmte Richtung zu gehen, um unseren Kapitalbedarf zu decken“, so Singh. „Wir sind voll auf unsere eigentliche Mission konzentriert, unsere Produktkandidaten voranzutreiben und die Kraft der T-Zellen für die Patienten zu mobilisieren.“

Einen Börsengang oder eine weitere private Finanzierungsrunde schließe man nicht aus. Es gebe dafür aber keine konkreten Pläne.

Bisher hat Immatics in fünf Finanzierungsrunden rund 230 Millionen Euro an Kapital eingeworben. Hauptfinanzier und mit rund 38 Prozent größter Anteilseigner ist dabei die Dievini Hopp Biotech-Holding, in der SAP-Gründer Dietmar Hopp seine Biotech-Engagements gebündelt hat. Neben Dievini sind bei Immatics ferner die MIG-Fonds, die Brüder Strüngmann und Wellington Partners mit jeweils rund zehn Prozent sowie eine Reihe weiterer Investoren mit kleineren Anteilen beteiligt.