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Biogen senkt Preis für Humira-Kopie kräftig – und setzt die Konkurrenz weiter unter Druck

Im Wettbewerb um Marktanteile setzt der Pharmakonzern andere Firmen unter Zugzwang. Durch den Preiskampf steigt die Zahl der Verschreibungen.

Auf dem Markt für Nachahmerprodukte des weltweit umsatzstärksten Medikaments gibt es eine überraschende Entwicklung: Der Pharmakonzern Biogen hat in Deutschland den Preis für seine Humira-Kopie kräftig gesenkt. Das Biogen-Produkt kostet nun nur noch die Hälfte des Originals.

Damit hat der Preiskampf unter den Nachahmern ein Jahr nach dem Patentablauf von Humira einen neuen Höhepunkt erreicht. Mit der Preisreduktion um satte zehn Prozentpunkte setzt Biogen die übrigen Marktteilnehmer, darunter Sandoz und Fresenius, unter Zugzwang.

Humira mit seinem Wirkstoff Adalimumab wird gegen Rheuma und verschiedene andere entzündliche Immunerkrankungen wie Morbus Crohn und Schuppenflechte eingesetzt. Das Produkt des Pharmakonzerns Abbvie steht für weltweit rund 20 Milliarden Dollar Umsatz und ist in den USA noch bis 2023 unter Patentschutz.

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In Deutschland gaben die gesetzlichen Krankenkassen zuletzt mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr für das Mittel aus, die Jahrestherapiekosten pro Patient liegen im Schnitt bei mehr als 21.000 Euro. Weil das Mittel so bedeutend ist, arbeiten viele Generika-, aber auch Originalhersteller an eigenen Kopien des Biotech-Medikaments.

Ein Tag nach dem Patentablauf in Europa Mitte Oktober 2018 waren gleich drei Firmen mit einem eigenen Adalimumab-Medikament auf den Markt gekommen – ein Novum in der Generikabranche.

Biotech-Kopien kommen üblicherweise zunächst mit rund 20 Prozent Preisnachlass zum Original auf den Markt. Biogen setzte die Konkurrenz von Anfang an mit einem um 40 Prozent günstigeren Preis für sein Produkt unter Druck.

Solch eine drastische Reduktion hatte es im Markt für Nachfolgeprodukte von Biotech-Medikamenten, den Biosimilars, bis dahin nicht gegeben. Kurz nach Markstart setzten die Wettbewerber Amgen und Sandoz den Preis für ihre Adalimumab-Medikamente auf das Niveau des Biogen-Produkts herab. Und die später auf den Markt gebrachten Produkte von Mylan und Fresenius Kabi orientierten sich ebenfalls am Biogen-Preis.

Und nun hat das Unternehmen den Preis für sein Adalimumab-Produkt Imraldi noch einmal herabgesetzt. Branchenvertreter sind sich einig, dass Biogen den Preis ohne Not reduziert hat. Denn das Unternehmen hat sich in Deutschland ohnehin dank seiner Preisstrategie die Führungsposition unter den Humira-Nachahmern erobert.

Mit der Reduktion will Biogen womöglich seine Führungsposition verteidigen. Denn, so erklärt das Unternehmen auf Anfrage: „Biogen sieht in der Preisgestaltung ein wichtiges Instrument zur Differenzierung in einem kompetitiven Markt wie dem für Biosimilars.“

Die Preissenkung von Imraldi sei auch ein Signal an Ärzte, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen mit dem noch breiteren Einsatz von Biosimilars weitere Einsparungen zu erreichen und so einen Beitrag zur nachhaltigen Gestaltung des Gesundheitssystems zu leisten, so das Unternehmen weiter.

Wettbewerber ziehen mit

Die Konkurrenz hat zum Teil bereits reagiert: Amgen setzte zum 15. November den Preis für sein Produkt Amgevita auf das des Biogen-Konkurrenzproduktes herab. Auch dieser Pharmakonzern argumentiert mit der gesundheitspolitischen Aufgabe: „Kostengünstige Biosimilars ermöglichen nicht nur mehr Patienten einen Zugang zu innovativen Therapien, sie spielen auch eine wichtige Rolle für die finanzielle Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems“, heißt es bei Amgen.

Vieles deutet darauf hin, dass die übrigen Konkurrenten bald nachziehen werden, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. So heißt es zum Beispiel bei Sandoz: „Im Markt der Adalimumab-Biosimilars gab es von Anfang an einen dynamischen Preiswettbewerb. Diesem Wettbewerb stellen wir uns.“

Und Fresenius Kabi weist darauf hin, dass man den Preis für das eigene Adalimumab-Produkt IDACIO „wettbewerbsfähig und gleichzeitig so attraktiv“ gestalte, dass man damit einen Beitrag zur kostengünstigen Versorgung bedürftiger Patienten in den entsprechenden europäischen Ländern leiste. Mylan wiederum teilt mit, dass man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Entscheidung getroffen habe, den Preis seines Biosimilar Adalimumab zu modifizieren.

Mit einer Preissenkung müssen die Unternehmen logischerweise geringere Margen in Kauf nehmen. Das dürfte sich auch in ihren Kalkulationen niederschlagen, wie die Millionen-Investitionen für die Entwicklung der Biosimilars zurückverdient werden können.

Möglicherweise können die Hersteller durch den günstigeren Preis jetzt noch mehr Nachahmer-Produkte verkaufen als ursprünglich kalkuliert. Da aber alle Adalimumab-Biosimilars demnächst vermutlich wieder auf demselben Preisniveau liegen, ist der Vorteil der Preisdifferenzierung schnell passé und der Kampf um die Marktanteile geht weiter.

Der Preiskampf setzt vor allem dem Hersteller des Originals zu: Humira hat in dem ersten Jahr nach dem Patentablauf schon fast 50 Prozent Marktanteile an Biosimilars abgeben, so viel wie noch kein Biotech-Produkt zuvor.

Die bisherige Marktdurchdringung der Adalimumab-Nachfolgeprodukte zeigt ganz klar: Die Biosimilars können ein Jahr nach dem Humira-Patentablauf nicht nur fast die Hälfte der Verordnungen auf sich vereinigen.

Gleichzeitig werden auch mehr Patienten mit Biopharmazeutika behandelt. „Wir sehen, dass Biosimilars nicht nur zu hohen Einsparungen führen. Sie spielen auch eine wichtige Rolle, wenn es um eine bessere Versorgung geht“, sagt Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Verbandes Pro Generika.

„Die steigenden Zahlen von Adalimumab-Verordnungen zeigen: Jetzt haben mehr Rheuma-Patienten Zugang zu biologischen Arzneimitteln als vor der Einführung der Biosimilars“, so Bretthauer weiter. Gab es in den zwölf Monaten vor Patentablauf noch rund 66.600 Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung, die Humira verordnet bekommen haben, waren es innerhalb des Jahres nach Patentablauf bereits mehr als 78.600 Patienten, die das Original oder ein Biosimilar erhielten.

Im nächsten Jahr werden die Karten im Markt wieder neu gemischt. Dann soll es eine große Festbetragsgruppe mit vier Wirkstoffgruppen geben, die pharmakologisch-therapeutisch vergleichbar sind. Der Festbetrag wird dann vom Spitzenverband der Krankenkassen festsetzt.

Vor diesem Hintergrund will Biogen mit seiner Preissenkung auch ein Zeichen für den Markt setzen. Denn, so heißt es in der Begründung des Unternehmen weiter: „Außerdem wollen wir aufzeigen, dass der marktübliche Wettbewerb ausreicht, eine schnelle Durchdringung mit Biosimilars zu erreichen – weitere gesetzliche Regelungen sind dazu nicht notwendig.“