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Warum Big Pharma weiter wächst – trotz Konjunktursorgen

Während sich in vielen Industriesektoren Konjunktursorgen ausbreiten, kann die Pharmabranche ihren Aufwärtstrend fortsetzen. Das jedenfalls signalisieren die bisher vorgelegten Quartalszahlen. Alles in allem deutet sich ein leicht beschleunigtes Wachstum für die Branche an.

Ein Beispiel für den Trend ist der Pharmariese Sanofi, der am Mittwoch seine Zahlen vorgelegt hat. Nach Stagnation im ersten Halbjahr weist der französische Konzern für das dritte Quartal eine Umsatzsteigerung um knapp vier Prozent auf 9,4 Milliarden Euro aus und verbesserte den um Sonderfaktoren bereinigten Nettogewinn um 7,6 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro.

Klammert man Währungseinflüsse und den Effekt aus der 2017 übernommenen US-Firma Bioverativ aus, errechnet sich nach Angaben von Sanofi ein Umsatzplus von 3,4 Prozent im dritten Quartal, gegenüber minus 2,5 Prozent im ersten Halbjahr. „Im dritten Quartal ist Sanofi in eine neue Wachstumsphase eingetreten“, zeigte sich Firmenchef Olivier Brandicourt bei Vorlage der Zahlen überzeugt.

Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich beim britischen Pharmakonzern Glaxo Smithkline (GSK), bei dem sich das Umsatzwachstum im dritten Quartal auf währungsbereinigt drei Prozent verbesserte, gegenüber einem Prozent im Vorquartal. Die Pharmasparte inklusive des sehr starken Impfstoffgeschäfts dürfte währungsbereinigt um etwa vier bis fünf Prozent gewachsen sein.

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Der Betriebsgewinn verbesserte sich um rund ein Zehntel auf 5,3 Milliarden Dollar. Die Prognose für den bereinigten Gewinn je Aktie im Gesamtjahr hob GSK-Chefin Emma Walmsley leicht an, auf ein Plus von acht bis zehn Prozent.

Ebenso wie bei GSK und Sanofi hat sich auch bei etlichen anderen, wenn auch nicht allen Pharmakonzernen das Wachstum zuletzt leicht beschleunigt. Höhere Umsätze als erwartet erzielten etwa auch die beiden Schweizer Pharmariesen Roche und Novartis (mit jeweils sieben Prozent Umsatzplus im Pharmageschäft) sowie Bristol-Myers Squibb und Merck & Co.

Die beiden US-Konzerne haben ihre Ertragsprognosen für 2018 leicht angehoben, ebenso wie zuvor bereits Novartis und der US-Gesundheitskonzern Johnson & Johnson, für den die Pharmasparte derzeit wichtigster Wachstumstreiber ist.

Gedämpfter ist die Entwicklung dagegen nach wie vor beim Branchenführer Pfizer, der im dritten Quartal organisch nur um zwei Prozent zulegte und seine Umsatzprognose aufgrund von Produktionsengpässen und Währungseffekten sogar leicht nach unten korrigierte.

Der US-Biotechkonzern Gilead schnitt zwar etwas besser ab als von Analysten erwartet, verbuchte dabei aber – als Folge wachsender Konkurrenz im Geschäft mit Hepatitis-Medikamenten – abermals ein kräftiges Umsatzminus von 15 Prozent im dritten Quartal und 20 Prozent in den ersten neun Monaten.

Abbvie dürfte Wachstumschampion bleiben

In der Summe errechnet sich für die größten zehn Konzerne der Pharmabranche auf Dollarbasis ein Umsatzwachstum von etwa 5,5 Prozent in den ersten neun Monaten, bei alles in allem stabilen operativen Erträgen. Etwa zwei Punkte Wachstum dürften dabei auf die Abwertung des Dollars entfallen. So hat sich zum Beispiel der Euro in den ersten neun Monaten gegenüber der US-Währung auf rund 1,19 Dollar verteuert, gegenüber 1,11 in den ersten drei Quartalen 2017.

Wachstumschampion unter den Big-Pharma-Konzernen dürfte der US-Konzern Abbvie geblieben sein, der seine Zahlen allerdings erst am Freitag vorlegt. Im ersten Halbjahr steigerte er seine Erlöse um ein Fünftel, vor allem dank weiter zweistelliger Zuwachsraten bei seinem Mega-Blockbuster Humira (gegen Rheuma) sowie steigender Umsätze mit neuen Krebsmitteln und höherer Marktanteile im Hepatitisgeschäft.

Wichtigster Wachstumstreiber der Pharmabranche sind weiterhin vor allem Krebsmedikamente sowie Therapien gegen Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen. Merck & Co etwa profitierte im dritten Quartal von einem 80-prozentigen Plus bei ihrem Krebsimmunmedikament Keytruda, das sich nach und nach zum führenden Wirkstoff im gesamten Onkologiebereich entwickelt. BMS verbuchte mit dem Konkurrenzprodukt Opdivo gut 40 Prozent Umsatzsteigerung.

Ein zweiter wichtiger Motor für die Branche ist die Immunologie. Hier geht es um Medikamente gegen entzündliche Erkrankungen, wie sie vor allem durch ein überaktives Immunsystem ausgelöst werden. Dazu gehören Krankheiten wie Rheuma, Morbus Crohn oder Multiple Sklerose (MS).

Eine Reihe von Neuentwicklungen bringen hier den Herstellern kräftige Zusatzumsätze. Novartis etwa verbuchte mit dem Schuppenflechte-Medikament Cosentyx in den ersten neun Monaten ein Umsatzplus um fast 40 Prozent auf gut zwei Milliarden Dollar. Das Konkurrenzprodukt Stelara von J & J legte um 25 Prozent auf 3,7 Milliarden Dollar zu.

Bei Roche hat sich der Umsatz mit dem neuen MS-Mittel Ocrevus mehr als verdreifacht. Bei Sanofi ist die Neuentwicklung Dupixent, ein Wirkstoff gegen Neurodermitis, mit gut 500 Millionen Euro Umsatz ein entscheidender Faktor hinter dem Turnaround im Wachstumstrend.

Pfizer und Amgen werden durch Patentabläufe gebremst

Der französische Konzern und die britische Glaxo Smithkline (GSK) profitierten außerdem auch von einem relativ kräftigen Aufschwung im Impfstoffgeschäft. Hier legten die Erlöse bei Sanofi nach einem schwachen Auftakt im ersten Halbjahr im dritten Quartal um acht Prozent zu.

Dem Erfolg der Neuentwicklungen stehen weiter Einbußen entgegen – weil Patente ablaufen und der Preisdruck weiter wächst. Pfizer und Amgen etwa wurden durch rückläufige Erlöse bei ihrem Rheumamittel Enbrel gebremst. Sanofi verbucht weiter zweistellige Umsatzeinbußen bei seinem Diabetesmittel Lantus. Dieser zwiespältige Trend dürfte sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

So stehen insbesondere weitere Patentabläufe bei einigen sehr umsatzstarken Biotech-Produkten an. Dazu gehören etwa die Krebsmedikamente Avastin, Rituxan und Herceptin des Baseler Roche-Konzerns.

Für den globalen Pharmabestseller Humira (mit schätzungsweise 20 Milliarden Dollar Umsatz 2018) hat vor wenigen Tagen der Generika-Wettbewerb in Europa eingesetzt. Hier deutet sich ein relativ starker Preisverfall an, so dass Abbvie erhebliche Teile des rund vier Milliarden Dollar starken Europageschäfts mit dem Produkt verlieren dürfte.

Ein Bremsfaktor für die Branche dürfte auch die anhaltende Preisdebatte in den USA bleiben. Jüngste Vorschläge des US-Präsidenten etwa sehen vor, dass die staatlichen Versicherungen Medicare und Medicaid künftig für bestimmte Medikamente nur noch Preise zahlen sollten, die sich an einem internationalen Preisindex orientierten. Ein solches Referenzpreis-System könnte die Preisfreiheit der Branche auf dem wichtigen US-Markt weiter einschränken.

In der Vergangenheit profitierte die Pharmabranche lange davon, dass man die Preise für Medikamente relativ regelmäßig und kräftig anheben konnte. Unter dem Druck von Politik und Versicherungen mussten die Unternehmen diese Praxis allerdings in den letzten beiden Jahren bereits deutlich einschränken. Dadurch hat sich das Wachstum auf dem US-Markt bereits deutlich verlangsamt.

Viele neue Wirkstoffe

Bei patentfreien Arzneien ist es sogar zu einem drastischen Preisverfall gekommen, was zum Beispiel dem israelischen Teva-Konzern und der Novartis-Tochter Sandoz kräftige Einbußen bescherte.

Manager aus der Branche und die meisten Analysten gehen bisher davon aus, dass die Pharmabranche diese Negativfaktoren dank einer erhöhten Innovationskraft überkompensieren kann. Und die bisherigen Zahlen sprechen dafür, dass dies 2018 insgesamt tatsächlich gelingt.

Auch was die Produktivität der Forschungslabore angeht, sieht der Trend für die Branche weiter positiv aus. So hat die US-Arzneimittelbehörde FDA 2018 bereits 47 völlig neuartige Pharmawirkstoffe zugelassen. Was Produktneueinführungen angeht, könnte die Branche damit im laufenden Jahr auf einen neuen Rekord zusteuern.

Allerdings wird sich erst im Laufe der nächsten Jahre zeigen, welchen kommerziellen Erfolg diese Neuentwicklungen erzielen werden. In dieser Hinsicht fiel die Bilanz der letzten Jahre durchwachsen aus. Zwar haben manche Neuentwicklungen die Erwartung übertroffen, etliche Hoffnungsträger hatten aber auch herb enttäuscht.