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Big Pharma kämpft mit neuen Medikamenten gegen alte Probleme

Selten ist die Pharmabranche derart turbulent in ein neues Jahr gestartet: Schon in den ersten Tagen des Jahres wurde eine Großakquisition, der Kauf von Shire durch Takeda, vollzogen und zwei weitere Milliardendeals angekündigt. Die geplante Übernahme von Celgene durch Bristol-Myers Squibb und der Kauf von Loxo Oncology durch Eli Lilly deuten damit einen neuen M & A-Boom in dem Sektor an.

Als Aufbruchsignal für den Pharmasektor lässt sich zudem auch die jüngste Zulassungsstatistik der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA interpretieren. Mit 59 Erstzulassungen für neue Wirksubstanzen auf dem wichtigen US-Markt verbuchte die Branche einen neuen Rekord. Alles in allem bringen Pharma- und Biotechfirmen inzwischen gut doppelt so viele Neuentwicklungen auf den Markt wie noch zu Beginn des Jahrzehnts.

Doch ungeachtet solcher Erfolge: Die operative Performance der großen Pharmahersteller erhält davon bisher nur mäßigen Schub. Hier zeichnet sich vielmehr ein Trend ab, der bereits die Vorjahre prägte: ein alles in allem moderates Umsatzwachstum von zwei bis vier Prozent und vergleichbar mäßigen Steigerungen bei den operativen Erträgen.

Denn der höheren Produktivität in der Produktentwicklung stehen weitere Patentabläufe, wachsender Preisdruck und ein härterer Innovationswettbewerb gegenüber.

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Das jedenfalls unterstellen die aktuellen Umsatzschätzungen der Analysten, wie sie der Datendienst Bloomberg ermittelt. Die 15 führenden Unternehmen der Pharmabranche werden danach das Jahr 2018 mit rund 550 Milliarden Dollar Gesamtumsatz und einem Umsatzplus von durchschnittlich rund 2,6 Prozent abschließen.

Für 2019 gehen Analysten für Big Pharma im Schnitt von einem weiteren Plus von 2,7 Prozent aus, wobei für Bristol-Myers Squibb, Astra-Zeneca und Merck & Co. das stärkste Wachstum erwartet wird. Die bereinigten Nettogewinne der Branche dürften 2019 noch um drei Prozent auf zusammen 155 Milliarden Dollar zulegen, nachdem sie 2018 laut Analystenschätzungen noch um relativ kräftige 24 Prozent gestiegen sind.

Für diesen Sprung nach oben im vergangenen Jahr waren allerdings vor allem Sondereffekte wie die US-Steuerreform und Desinvestitionen verantwortlich.

Bayer und Merck sind nicht mehr in der Spitzenliga

Die deutschen Pharmakonzerne spielen international zwar nur in der zweiten Liga mit, dürften aber in etwa mit dem Branchentrend mithalten. Merck prognostizierte für 2018 bisher ein währungsbereinigtes Umsatzplus für seine Pharmasparte von vier bis fünf Prozent, Bayer einen leichten Umsatzrückgang auf etwa 16,5 Milliarden Euro, was währungsbereinigt etwa zwei Prozent plus entsprechen dürfte.

Etwas günstiger könnte es nach manchen Analysen für die Pharmabranche insgesamt aussehen, also inklusive der zahlreichen kleineren Arzneimittel- und Biotechfirmen. Die Prognose der britischen Analysefirma Evaluate Pharma etwa unterstellt für den globalen Pharmamarkt bisher Wachstumsraten von fünf bis sieben Prozent in den nächsten Jahren.

Dafür dass kleinere Firmen etwas stärker zulegen könnten, spricht auch ein näherer Blick in die Zulassungsstatistik. So stammte von den gut 200 Neuentwicklungen der letzten fünf Jahre nur etwa ein Drittel aus den Labors von Big Pharma, der Rest wurde von kleineren Spezialisten und Biotechfirmen entwickelt.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund bleibt das Interesse der etablierten Pharmakonzerne an Zukäufen im Biotechsektor ungebrochen hoch. Das zeigt nicht nur der jüngste Zukauf von Eli Lilly, sondern auch zum Beispiel Transaktionen wie etwa der fünf Milliarden Dollar teure Kauf der US-Firma Tesaro durch Glaxo-Smithkline oder die Übernahme des Gentherapie-Spezialisten Avexis durch Novartis im vergangenen Jahr.

Härtere Konkurrenz

Hinzu kommen weitere Herausforderungen: So werden Patentabläufe auch 2019 und in den Folgejahren für erhebliche Einbußen bei einigen umsatzstarken Produkten sorgen. Dazu gehören Blockbuster wie das Schmerzmedikament Lyrica von Pfizer, die Krebsmittel Rituxan und Herceptin von Roche oder das Rheumamedikament Humira von Abbvie, das in Europa jetzt erstmals Generikakonkurrenz erhalten hat. Die Wachstumsraten von Roche und Abbvie zum Beispiel dürften daher 2019 deutlich niedriger ausfallen als im vergangenen Jahr.

Die wachsende Zahl an Neuzulassungen wiederum wird dadurch relativiert, dass das Geschäft kleinteiliger geworden ist. Die große Mehrzahl der neuen Wirkstoffe richtet sich gegen vergleichsweise seltene und zum Teil obskure Erkrankungen. Selbst bei sechsstelligen Preisen für solche Medikamente sind die Verordnungszahlen meist zu klein für wirklich signifikante Umsätze in Relation zum bestehenden Geschäft.

Zudem hat sich die Konkurrenz zwischen innovativen Arzneimitteln in den letzten Jahren verschärft. Immer häufiger drohen auch bei patentgeschützten Wirkstoffen Marktanteilsverluste an bessere Konkurrenzprodukte. Paradebeispiel für den Effekt ist die Entwicklung bei Hepatitis-C-Medikamenten.

Hier hatte der US-Konzern Gilead vor einigen Jahren mit seinen Neuentwicklungen Sovaldi und Harvoni zunächst einen Riesenerfolg, verbuchte aber schon zwei Jahre nach der Einführung wieder deutlich Umsatzeinbußen, weil Konzerne wie Abbvie und Merck & Co. mit vergleichbar guten, aber preiswerteren Arzneien auf den Markt drängten.

Auch Bayer wird von diesem Effekt belastet. Der Leverkusener Konzern konnte zwar mit Erfolg Nachfolgeprodukte für sein Blutermedikament Kogenate auf den Markt bringen. Deren Marktpotenzial wird jedoch durch Konkurrenzprodukte von Sanofi/Bioverativ und insbesondere Roche infrage gestellt. Eine nagelneue Fabrik für die neuen Blutermedikamente muss Bayer daher wieder stilllegen und abschreiben.

Mehr Rabatte in den USA

Als weiterer Bremsfaktor dürfte sich auch 2019 die Preisdebatte auf dem US-Markt erweisen. In den USA haben etliche große Pharmakonzerne in den letzten Wochen zwar Preiserhöhungen für Dutzende von Produkten angekündigt. Der Effekt auf die Umsätze dürfte sich jedoch in Grenzen halten. Denn zum einen beziehen sich die Preiserhöhungen nur auf einen kleineren Teil der mehr als 10.000 Einzelprodukte, die die Branche vertreibt.

Zum anderen geht es dabei zunächst einmal nur um Listenpreise, die anschließend durch Nachlässe gegenüber den US-Versicherern wieder reduziert werden. Diese steigenden Rabatte haben nach Daten des Marktforschungsunternehmens Iqvia das Wachstum der effektiven Pharmaerlöse auf dem US-Markt in den letzten Jahren bereits fast zum Erliegen gebracht.

Die Nettoausgaben für Arzneimittel in den USA stiegen danach 2017 nur noch um 0,7 Prozent auf 324 Milliarden Dollar. Dieser Trend dürfte sich 2018 fortgesetzt haben.

Zudem haben sich die Pharmariesen mit den Preiserhöhungen neue Kritik des Präsidenten und anderer Politiker eingehandelt. Das US-Repräsentantenhaus kündigte eine Untersuchung der Preispolitik von zwölf Pharmafirmen an, darunter Astra-Zeneca und Sanofi.

Analysten bewerten daher die Preissituation in den USA weiter als eines der größten Risiken für die Branche. Experten von HSBC etwa warnten jüngst davor, dass die Pharmapreise in den USA 2030 real rund 30 Prozent niedriger sein könnten als heute.