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Das Duell Biden gegen Sanders ist auch ein Streit um die Ideologie

Neun von 14 Staaten gewonnen: Joe Biden ist der große Gewinner des Super Tuesday. Jetzt läuft alles auf einen Zweikampf zwischen ihm und Bernie Sanders hinaus.

Wer Joe Biden in den vergangenen Monaten im Wahlkampf beobachtet hat, konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass da ein Mann der Vergangenheit auf der Bühne stand. Wie eine Mumie wirkte der 77-Jährige oft, manchmal verhaspelte er sich, mitunter zeigte er sich sogar verwirrt. Von Vitalität jedenfalls keine Spur.

Doch an diesem Abend in Los Angeles war ein anderer Biden zu beobachten, ein kämpferischer, ein leidenschaftlicher – ein Mann, dem die Zukunft gehören könnte. „Wir sind lebendig – und wie“, rief Biden fast beschwörend, neben ihm seine Ehefrau und seine Schwester. „Wir werden die Partei einen, wir werden jeden mitnehmen. Donald Trump kann seine Sachen packen“, sagte der ehemalige Vizepräsident unter Barack Obama. Seine Fans jubelten frenetisch – auch das hat man in den vergangenen Monaten nicht gesehen.

Es war ohne Zweifel die Nacht von Joe Biden. Neun der insgesamt 14 Bundesstaaten, die an dem „Super Tuesday“ über die Kandidatur der Demokraten abstimmten, konnte der moderate Präsidentschaftsbewerber nach vorläufigen Ergebnissen für sich entscheiden. Bernie Sanders, der eigentlich als Favorit in diesen Wahltag gestartet war, siegte in nur fünf Staaten – darunter allerdings das bevölkerungsreiche Kalifornien.

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Michael Bloomberg, der die ersten vier Vorwahlen ausgelassen und auf den Super Tuesday gesetzt hatte, ist gescheitert. Der New Yorker Milliardär gab am Mittwoch seinen Rückzug bekannt. Dass es nach dem schlechten Abschneiden so kommen würde, hatten viele erwartet.

Dass Bloomberg die Entscheidung so schnell treffen würde, war dann doch eine Überraschung. Rund eine halbe Milliarde Dollar seines Privatvermögens hatte er in TV- und Internet-Werbespots investiert. Trotzdem gewann er lediglich im US-Außengebiet Amerikanisch-Samoa, das sechs von den insgesamt 3979 Delegierten auf dem demokratischen Nominierungsparteitag Mitte Juli stellt. In den meisten anderen Staaten lag er abgeschlagen auf dem dritten Platz.

Auch die Senatorin aus Massachusetts, Elizabeth Warren, die wie Sanders zum linken Lager gehört, gilt als gescheitert. Sie konnte sich nicht einmal in ihrem Heimatstaat durchsetzen, wo Biden vor Sanders siegte.

Alles läuft also auf einen Zweikampf zweier Männer hinaus, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der eine, Sanders, gibt sich ebenso ideologisch wie links. Er bezeichnet sich selbst als „demokratischen Sozialisten“ und verspricht nichts Geringeres als den Radikalumbau der amerikanischen Gesellschaft. Er fordert kostenlose Universitäten, will die privaten Krankenversicherungen abschaffen und die Steuern für Reiche massiv erhöhen.

Auf der anderen Seite steht Biden, ein Realpolitiker mit einem moderaten Programm, der für seine Anhänger die Hoffnung verkörpert, dass es nach vier Jahren Donald Trump ein Zurück in die Ära Obamas gebe. Sein wichtigstes Ziel ist die Einigung des tief gespaltenen Landes. Die staatliche Krankenversicherung für alle, wie Sanders sie fordert, hält er für finanziell nicht umsetzbar.

Wer sich am Ende durchsetzt, ist nach dem Super Tuesday völlig offen. Nach aktuellen landesweiten Umfragen liegt Biden mit 27,3 Prozent jetzt erstmals seit vielen Wochen wieder denkbar knapp vor Sanders (26,7 Prozent).

Für den Nominierungsparteitag in Milwaukee (Wisconsin) Mitte Juli benötigt ein Bewerber eine Mehrheit von 1991 regulären Delegiertenstimmen. Mehr als ein Drittel der insgesamt 3979 zu vergebenden Delegiertenstimmen wurden allein am Super Tuesday vergeben.

Bidens Erfolg war in diesem Umfang nicht zu erwarten. Viele hatten den ehemaligen Vizepräsidenten Barack Obamas nach dem enttäuschenden Abschneiden in Iowa, New Hampshire und Nevada bereits abgeschrieben. Jetzt steht fest: Bidens fulminanter Sieg in South Carolina am Samstag war kein Einmalerfolg, sondern die Trendwende.

Profitiert hat er vor allem davon, dass sowohl die Senatorin Amy Klobuchar als auch der ehemalige Bürgermeister von South Bent, Pete Buttigieg, nach ihrem Verzicht auf die Kandidatur angekündigt hatten, sich für Biden einzusetzen. Das zahlte sich aus. Biden siegte nicht nur wie erwartet in Südstaaten wie Alabama, Arkansas und Tennessee, sondern überraschend auch in Massachusetts, Minnesota und allen voran im Schlüsselstaat Texas, wo er in Umfragen zuvor zurückgelegen hatte.

60 Prozent der Schwarzen in Alabama, North Carolina, Tennessee und Virginia stimmten laut den Nachwahlbefragungen für ihn. Neu ist: Biden punktete bei der weißen Mittelschicht. Auch bei Älteren und Frauen kam er vielerorts besser an als Sanders.

Dennoch: Der Senator aus Vermont, der besonders bei jüngeren Wählern Euphorie auslöst, gibt sich nach wie vor siegessicher. „Wir werden die Nominierung der Demokraten gewinnen, und wir werden den gefährlichsten Präsidenten in der Geschichte dieses Landes besiegen“, sagte Sanders in seinem Heimatstaat. Sanders holte dort sowie in Colorado und Utah die meisten Stimmen.

Besonders wichtig für ihn: Nach Umfragen liegt er in Kalifornien vorn. Der bevölkerungsreichste US-Bundesstaat hat mit 415 die meisten Delegierten zu vergeben. Sanders weiß hier die am schnellsten wachsende Minderheit der Latinos hinter sich, die eine wichtige Säule der demokratischen Anhängerschaft bilden.

Die nächsten Vorwahlen finden bereits am kommenden Dienstag in sechs Bundesstaaten statt, darunter Michigan und Mississippi. Entscheidend ist die Frage, wie groß der Effekt der Wahlempfehlung Bloombergs sein wird. „Ich werde dafür arbeiten, Biden zum nächsten Präsidenten zu machen“, kündigte er am Mittwoch an.

Für den Milliardär, der sich dem Vorwurf seiner Mitbewerber ausgesetzt sah, sich die Kandidatur erkaufen zu wollen, dürfte spätestens jetzt klar sein: Mit Geld allein gewinnt man keine Wahlen. Das ist die vielleicht die ermutigendste Nachricht dieses Abends.