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BGH lässt Kündigung von Altverträgen zu

Seit Jahren kündigen Bausparkassen hochverzinste Altverträge ihrer Kunden. Zwei Bausparer sind bis zur obersten Instanz dagegen vorgegangen. Ohne Erfolg. Die Kündigungen sind rechtmäßig, urteilt der Bundesgerichtshof.

Für die Bausparkassen ist es ein Tag der Genugtuung. Seit drei Jahren haben sie nun schon hochverzinste Altverträge von Bausparern gekündigt, sehr zum Ärger ihrer Kunden. Doch die Klagen der Bausparer waren vergebens. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute geurteilt, dass Bausparkassen ihren Kunden kündigen dürfen, wenn die Darlehen ihrer Kunden seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind (AZ: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16).

Bei ihren Kündigungen berufen sich die Kassen auf Paragraf 489 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darin ist geregelt, dass ein Kreditvertrag nach zehn Jahren gekündigt werden darf. Die Bausparkassen legen den Paragraphen so aus, dass die Bausparguthaben Darlehen sind, die sie von ihren Kunden erhalten. Wenn der Kunde ein Bauspardarlehen in Anspruch nimmt, dann zahlt die Kasse nicht nur das Darlehen, sondern auch das Guthaben aus. Verweigert der Kunde das Bauspardarlehen, so wollen doch die Bausparkassen wenigstens den Kredit, den sie aus ihrer Sicht bei Kunden aufgenommen haben, zurückzahlen.

Der BGH gibt ihnen nun Recht. „Bausparverträge sind in der Regel zehn Jahre nach Zuteilung kündbar“, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger. Schwäbisch Hall, die Bausparkasse der Volks- und Raiffeisenbanken freut sich über den Ausgang des Prozesses: „Wir begrüßen das Urteil des BGH, das die Rechtsauffassung der weit überwiegenden Anzahl an Urteilen der Oberlandesgerichte bestätigt. Damit wird letztlich die Gemeinschaft der Bausparer gestärkt. Denn nur ein sehr kleiner Kundenkreis nutzt Bausparen als reines Sparprodukt“, heißt es in einer Erklärung der Bausparkasse.

Auch der Verband der Privaten Bausparkassen reagierte erleichtert auf das BGH-Urteil zu Kündigungen gut verzinster Altverträge. „Verträge zu kündigen, macht alles andere als Freude – umso wichtiger ist es, jetzt bestätigt zu bekommen, dass diese Kündigungen rechtmäßig erfolgt sind“, sagte ein Sprecher des Verbandes, zu dem die Bausparkasse Wüstenrot gehört.

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Spürbar enttäuscht reagieren hingegen Verbraucherschützer wie Hartmut Schwarz. Der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen erwartet nun weitere Kündigungen: „Bausparkassen werden nun erst Recht auf massenhafte Kündigung von Bausparverträgen setzen, um Kunden los zu werden“. Verbraucher können sich darauf einstellen: „Sobald Verträge zuteilungsreif werden, rollt nach zehn Jahren die nächste Kündigungswelle auf Verbraucher zu.“

Drastischer nimmt sein Kollege Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Twitter Stellung:

Vor drei Jahren begannen die Kassen damit, seit zehn Jahren und länger zuteilungsreife Bausparverträge zu kündigen. Offizielle Angaben gibt es zwar nicht, aber in der Branche wird die Zahl auf bis zu 260.000 Verträge geschätzt.

Die aktuellen Fälle

In den konkreten beiden Fällen entschied der BGH über Streitigkeiten der Bausparkasse Wüstenrot (Az.: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16) mit ihren Kunden. Die Sparer hatten vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart Recht bekommen. Im Fall XI ZR 272/16 hatte sich eine Witwe gegen die Auszahlung von zwei 1999 abgeschlossenen Verträgen mit einer Gesamtbausparsumme von rund 102.000 Euro gewehrt. Die Verträge waren im Juli 2001 zuteilungsreif geworden und wurden mit 2,5 Prozent verzinst. Das heißt, die Klägerin hätte seitdem ein Anrecht auf ihr Darlehen gehabt. Ende 2014 hatte sich in Summe ein Guthaben von fast 56.000 Euro angesammelt. Einen Monat später kündigte Wüstenrot unter Berufung auf Paragraph 489 BGB mit der gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfrist von sechs Monaten.

Im Fall mit Aktenzeichen XI ZR 185/16 geht es um einen bereits 1978 abgeschlossenen Vertrag über rund 20.500 Euro, für den drei Prozent Zinsen vereinbart sind. Der Vertrag war bereits 1993 zuteilungsreif geworden und wurde von Wüstenrot gleichfalls im Januar 2015 gekündigt, obwohl die Bausparsumme noch nicht erreicht war.

Die beiden Fällen sind nebst je einem Urteil der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Bamberg allerdings die Ausnahme. In einer Reihe anderer Fälle haben Oberlandesgerichte mit 75 Urteilen zugunsten der Bausparkassen entschieden.


Zankapfel Altvertrag

Vor drei Jahren begannen die Kassen damit, seit zehn Jahren und länger zuteilungsreife Bausparverträge zu kündigen. Als die Verträge abgeschlossen wurden, war eine Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) noch nicht absehbar. Manche Verträge sind älter als die EZB. Für die auf diese Verträge eingezahlten Guthaben müssen die Kassen hohe Zinsen zahlen – überwiegend mehr als sie selbst einnehmen, wenn sie heute Darlehen vergeben. Das torpediert ihr Geschäftsmodell.

Zuteilungsreif heißt, dass der Kunde Anspruch auf ein Bauspardarlehen hat. Dazu muss er die Mindestsparsumme und eine Bewertungsziffer erreicht haben. Die Mindestsparsumme wird bei Vertragsbeginn festgelegt und beträgt typischerweise 40 oder 50 Prozent. Die für die Zuteilung nötige Mindestbewertungsziffer variiert ein wenig, weil sie von den Sparleistungen aller Kunden abhängt.

Für den Einzelnen gilt: Je schneller er spart, desto eher erreicht er die Mindestbewertungsziffer. Bei den klassischen Verträgen mit 40 Prozent Mindestsparsumme wurden die monatlichen Sparraten in etwa so gewählt, dass die Verträge nach ungefähr sieben Jahren zuteilungsreif waren.

Tausenden gekündigten Bausparkunden dürfte der 21. Februar somit als Tag der Enttäuschung in Erinnerung bleiben. Für viele andere, die noch einen hochverzinsten Altvertrag haben, der seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif ist, bedeutet das nun, dass sie wohl jederzeit mit einer Kündigung durch ihre Bausparkasse rechnen müssen.

KONTEXT

Welche Zusatzkosten Sie beim Hauskauf beachten müssen

Transaktionskosten

Wer beim Hauskauf nur mit dem Preis der Immobilie kalkuliert, kann am Ende eine böse Überraschung erleben. Denn oft kommen mit dem Erwerb weitere Kosten hinzu - die sogenannten Transaktionskosten. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hat in der Studie "Wohn- und Immobilienmärkte in Deutschland 2016" einen Leitfaden dazu mitgegeben, der auflistet, welche Zahlungen Immobilienkäufer neben dem Kaufpreis berücksichtigen sollten.

Grunderwerbsteuer

So muss jeder, der eine Immobilie kauft, neben dem Kaufpreis auch die Grunderwerbsteuer abführen. Seit 2006 legen die Bundesländer die Höhe selbst fest. In 14 Bundesländern liegt er zwischen 4,5 und 6,5 Prozent, in Bayern und Sachsen dagegen bei 3,5 Prozent. 2015 haben die Länder so 11,2 Milliarden Euro eingenommen, der Anteil an allen Ländersteuern beträgt damit mehr als 50 Prozent. Ausnahmen von der Grunderwerbsteuer können bei Schenkungen und Erbschaften vorliegen.

Notarielle Leistungen

Neben der Steuer muss bei einem Hauskauf zudem auch der Notar bezahlt werden. Diese Kosten für beispielsweise Erstellung des Kaufvertrags, Übertragung des Eigentums und die Zahlungsabwicklung sind gesetzlich festgelegt und bewegen sich bei einer Standardkonstellation im Bereich von etwa 0,8 und 1,2 Prozent des Objektpreises. Dabei gilt: Je teurer das Objekt, desto geringer die Rate.

Grundbuch

Das Neueintragen oder das Umschreiben des Grundbuches ist ein weiterer Kostenfaktor, mit dem Hauskäufer rechnen müssen. Auch diese Kosten sind gesetzlich festgelegt. Sie liegen - je nach Objektpreis - zwischen 0,4 und 0,6 Prozent des Kaufpreises.

Leistungen von Maklern

Nicht obligatorisch, aber dennoch sehr häufig muss auch ein Makler bezahlt werden. Zum Teil übernehmen diese auch Objektbewertungen und Preisverhandlungen. Schätzungen gehen davon aus, dass Makler bei knapp der Hälfte aller Verkäufe von selbstgenutzten Immobilien beteiligt sind. Die Provision richtet sich nach ortsüblichen Sätzen, ist aber auch verhandelbar. Die Maklervereinigung Immobilienverband Deutschland beziffert den gängigen Höchstsatz auf sechs Prozent des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Bestellerprinzip, nach dem derjenige den Makler bezahlt, der ihn bestellt hat, gilt übrigens nur für Vermietungen.