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Warum Beyond Meat so erfolgreich ist

Diesen schadenfrohen Seitenhieb konnte sich der Großhändler Metro offensichtlich nicht verkneifen: Am 29. Mai twitterte Metro-Deutschland: „Unsere Kunden müssen nicht Schlange stehen“. Eine Spitze gegen den Discounter Lidl, der an jenem Tag mit dem Verkauf der Beyond-Meat-Burger begonnen und das Kunststück vollbracht hatte, trotz der Beliebtheit des Produkts in sozialen Netzwerken enorme Kritik auf sich zu ziehen. Denn die Fleischersatzbratlinge aus den USA waren bei beiden Verkaufsaktionen in etlichen Lidl-Filialen bereits nach wenigen Stunden ausverkauft.

Gebracht haben Spott und Kundenzorn wenig: Als Lidl die Verkaufsaktion am vergangenen Wochenende wiederholte, mussten abermals viele Kunden ohne Bratlinge nach Hause gehen. Lidls Einkaufschef Jan Bock hatte sich dafür schon entschuldigt: „Wir können auch dieses Mal leider nur eine limitierte Stückzahl der Beyond-Meat-Burger anbieten, die aufgrund der hohen Nachfrage wahrscheinlich schnell vergriffen sein wird.“ Den Hype - und die vermeintliche Schwäche des Konkurrenten - wollen nun Edeka und sein Discounter Netto nutzen. Sie haben den Burger ebenfalls ins Programm gehoben.

Wer dort auch kein Glück hat, könnte immer noch auf den Großhandel ausweichen. „Wir hatten bisher keine Probleme mit der Verfügbarkeit“, verkündet eine gut gelaunte Metro-Sprecherin. Die Düsseldorfer verkaufen die Beyond-Meat-Burger in Deutschland bereits seit 2018 und sind „sehr zufrieden“ mit dem Absatz. Der Burger, der rund zwei Drittel des Gesamtumsatzes der US-Firma Beyond Meat ausmacht, besteht zu einem großen Teil aus Erbsenproteinen und pflanzlichen Ölen.

Er soll aber, so lautet das Versprechen der Hersteller, wie ein tierischer Burger aussehen und schmecken. Der „blutige“ Effekt wird durch Rote Beete erzielt. Die 2009 gegründete Firma hat schon zahlreiche prominente Investoren überzeugt, darunter Bill Gates, Schauspieler Leonardo DiCaprio sowie die Twitter-Mitgründer Evan Williams und Biz Stone.

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„Beyond-Meat-Burger rütteln am schlechten Gewissen“

„Beyond Meat hat großes Potenzial. Die sind gut“, urteilt Richard Kägi, der seit fast 30 Jahren als sogenannter Foodscout für den Schweizer Handelskonzern Globus Ernährungstrends beobachtet. „Für echte Carnivoren bieten sie zwar keine Alternative, aber Fleischesser zu bekehren ist auch nicht ihr primäres Ziel. Sondern sie rütteln am schlechten Gewissen der Leute. Das funktioniert immer besser.“

So wie Verbraucher sich jetzt häufiger fragten, ob es diese Flugreise wirklich sein muss, sagt Kägi, „so fragen sie sich nun auch, ob es der Burger sein muss – oder ob es nicht eine fleischlose Alternative sein darf.“ Dabei sind die Produkte und auch die Geschäftsidee von Beyond Meat nicht neu, - vegetarische Burgerbratlinge gibt es schließlich schon lange -, „aber es ist der Zeitgeist, der ihnen jetzt Rückenwind verschafft. Sie sind genau im richtigen Moment mit dem richtigen Produkt gekommen.“

Jener Zeitgeist, geprägt durch die „Fridays for Future“-Bewegung und den Erfolg der Grünen, propagiert Verzicht auf Fleisch, Reduzierung des Treibhausgases und des Wasserverbrauchs und damit: Klimarettung. All dies kommt auch in den fleischlosen Bratlingen zusammen.

„Beyond-Meat sind die ersten, die es vermeintlich geschafft haben, dass ihre Burger nicht nur wie Fleisch schmecken, sondern auch wie Fleisch aussehen“, lobt auch Dirk Freyberger, Chef des Vereins Fleischsommelier Deutschland. „Aber trotzdem hat das für mich nichts mit Fleisch zu tun. Weder Konsistenz noch Geschmack sind vergleichbar mit einem guten Hackfleisch-Patty.“ Wenn der Name „Beyond Meat“ sozusagen die „Ausbaustufe von Fleisch“ bedeute, sagt Freyberger, dann verstehe er darunter nicht die fleischlose Alternative; vielmehr plädiert er dafür, „weniger, dafür aber besseres Fleisch zu essen.“

Doch dieses Gefühl von Wertigkeit vermittelt die US-Firma mit ihren Burgern ebenfalls: über den Preis. Denn günstig ist der Burger nicht. Bei Metro kosten 42 vorgeformte kreisrunde Pastetchen rund 100 Euro. Dass die Verbraucher offenbar bereit sind, verhältnismäßig viel Geld für die Fleischersatzlinge auszugeben, die Kundschaft also nicht zu den einkommensschwachen zählt, spiegelte sich auch an der Börse wider: Die Beyond-Meat-Aktie ist seit dem Start Mitte Mai fast um das Siebenfache gestiegen. Auch die ersten Quartalszahlen, vergangene Woche vorgestellt, ließen Anleger jubeln: Der Umsatz stieg im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um saftige 215 Prozent auf umgerechnet 35,6 Millionen Euro. Indes: Auch der Verlust nahm zu, um 16 Prozent auf 4,7 Millionen Euro.

Großstädter lieben Beyond Meat

„Der Börsengang spielt für unser Geschäft keine Rolle“, sagt eine Metro-Sprecherin, und fügt hinzu: „Die dadurch gestiegene mediale Aufmerksamkeit hat aber eine merkliche Steigerung der Nachfrage ausgelöst.“ Laut einer Liste der Webseite Veganfreundlich.org gab es Ende April mehr als 80 Restaurants in Deutschland, die den Burger auf ihrer Karte führten. Spitzenreiter auf der Liste ist Hamburg mit zehn Restaurants, gefolgt von Berlin (acht), Frankfurt (sechs) und Köln (fünf).

In Ballungsgebieten und Metropolen verzeichne man grundsätzlich eine höhere Nachfrage nach Beyond-Meat-Produkten, teilt Metro mit. Der Grund: In Großstädten gibt es tendenziell eine innovativere Restaurantkultur und es herrscht infolgedessen ein höherer Druck, sich von anderen Gastronomen abzuheben. „Die Beyond-Meat-Burger kaufen bei uns in erster Linie vegane Restaurants sowie Trend- und Innovationsküchen“, sagte eine Sprecherin. Inzwischen gehört der Beyond-Meat-Burger zu den drei meistverkauften Burger-Produkten bei Metro-Deutschland.

„Natürlich hat Beyond Meat seine Daseinsberechtigung“, sagt Fleischsommelier Dirk Freyberger. „Ich als Metzger fühle mich durch die Burger auch nicht bedroht. Vielmehr finde ich die Diskussion interessant, die dadurch angestoßen wird: dass nämlich Verbraucher ihre Ernährungsgewohnheiten überdenken. Grundsätzlich ist der Ansatz ja richtig: Wir müssen unseren massenhaften Fleischkonsum reduzieren. Aber meinen Kindern würde ich trotzdem keinen dieser Burger vorsetzen.“

Dirk Freyberger betreibt hauptberuflich die gleichnamige Familien-Metzgerei in Nürnberg, in dritter Generation zusammen mit seinem Bruder. Er war auch Kapitän der deutschen Mannschaft bei der Metzger-Weltmeisterschaft 2018 in Belfast. Er sagt, er versuche ein gutes Vorbild zu sein und esse nur an drei bis vier Tagen in der Woche Fleisch. Aber wenn er vegetarisch koche, dann auf demselben Niveau wie seine Fleischgerichte.

„Beyond-Meat-Burger mit Fleisch zu vergleichen ist wie einen Dacia mit einem Porsche zu vergleichen“

Einen Beyond-Meat-Burger mit einem „richtig guten Hamburger“ zu vergleichen, sagt Freyberger, „ist wie einen Dacia mit einem Porsche zu vergleichen. Das ist einfach nicht die gleiche Kategorie. Und nur weil es vegetarisch ist, ist es noch lange nicht gesund. Von der Hälfte der Zusatzstoffe weiß selbst ich nicht, was das genau ist.“

Die Zusammensetzung der Burger spielt auch aus Sicht von Richard Kägi eine wichtige Rolle – gerade weil sie bei einem Burger nicht so stark ins Auge fällt. Er findet es „clever“ von den Amerikanern, dass sie für den Markteinstieg ein Nahrungsmittel gewählt haben, „das auch im Original nicht pur, sondern stark gewürzt gegessen wird.“ Wohl niemand käme auf die Idee, einen Burger-Bratling pur zu essen. Sondern der sei ja stets eingepackt: „Der Geschmack des Burgerfleischs wird oft übertönt durch Senf und Ketchup, da fallen Geschmacksabweichungen nicht so auf.“ Ein Steak auf Erbsenproteinbasis herzustellen, sei wesentlich anspruchsvoller.

Würstchen aber können sie. Metro erklärte, man werde innerhalb der kommenden zwei Wochen das nächste Produkt von Beyond Meat einführen: die vegane Bratwurst. Genau wie der Burger besteht auch die Wurst größtenteils aus Erbsenprotein und pflanzlichen Ölen wie Kokosnuss- und Sonnenblumenöl; für die Farbe sorgen Gemüsesäfte.

Der Schweizer Trendverkoster Richard Kägi ist übrigens auch deshalb so gut auf Beyond Meat zu sprechen, weil er, wie er gut gelaunt erzählt, kurz nach Börsenstart einige Anteile des Unternehmens erwarb und gerade erst wieder veräußert hat. Vorsichtig formuliert: Einen Verlust hat er nicht erlitten.