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BEV-Kunden warten nach Insolvenz auf fast 80 Millionen Euro

Etwa 250.000 Kunden der Bayerische Energieversorgungsgesellschaft (BEV) warten nach der Pleite des Billigstromanbieters auf fast 80 Millionen Euro. Das sagte der vorläufige BEV-Insolvenzverwalter Axel Bierbach im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die Chancen, dass die Kunden ihr Geld tatsächlich wiederbekommen, schätzt der Rechtsanwalt jedoch als nicht sehr hoch ein. „Es sieht leider schlecht für die Kunden aus“, sagt Bierbach.

Die Gründe für die Pleite vermutet Bierbach in den einerseits billigen Tarifen bei gleichzeitig steigenden Strompreisen im Einkauf und hohen Bonusversprechen. „Die Zahlen für 2018 zeigen einen immensen Verlust“, erklärt der Rechtsanwalt.

Unter den Gläubigern befinden sich auch die Übertragungsnetzbetreiber Amprion, Tennet, TransnetBW und 50 Hertz, sowie 800 Lokalnetzbetreiber. Wie hoch die Forderungen der Betreiber ausfallen, könne man zwar noch nicht sagen, „aber auch hier gehen wir von mehreren Millionen aus“, sagte Bierbach.

Der bayerische Strom-Discounter hatte Ende Januar Insolvenz angemeldet. Zuvor war er bereits mit massiven Preiserhöhungen aufgefallen, nach denen im Dezember rund 200.000 Kunden gekündigt hatten.

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Lesen Sie hier das vollständige Interview:

Herr Bierbach, es ist jetzt immer die Rede von einer halben Million Kunden. Wie viele Menschen sind tatsächlich von der BEV-Pleite betroffen?
Im Dezember 2018 hatte die BEV etwa 640.000 Kunden. Als der Insolvenzantrag Ende Januar gestellt wurde, waren es aber tatsächlich nur noch etwa 345.000 Kunden.

Das heißt wegen der massiven Preiserhöhungen im Dezember hatten viele ihren Stromvertrag schon gekündigt?
Ja, etwa 200.000 Kunden haben aufgrund der Preiserhöhungen gekündigt.

Und der Rest wartet jetzt auf sein Geld?
Wie viele Kunden genau auch Gläubiger sind, ist noch nicht ganz klar. Die BEV selber nennt 250.000 im Insolvenzvantrag. Da geht es um versprochene Bonusleistungen und Abschlagszahlungen, also die Differenz zwischen dem gezahlten Monatsbeitrag und dem tatsächlichen Stromverbrauch. Und eine dritte Gruppe sind Kunden mit Daueraufträgen, die für den Februar noch in Vorleistung gegangen sind, weil sie leider nicht mitbekommen haben, dass eine Insolvenz angemeldet wurde.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kunden ihr Geld jemals wiedersehen?
Nicht sehr hoch. Für die betroffenen Kunden sieht es leider sehr schlecht aus. Die Insolvenzeröffnung ist wahrscheinlich im Mai, dann erst können Kunden ihre Forderungen anmelden. Vorher sind Forderungsanmeldungen unwirksam. Auch gerichtliche Mahnbescheide helfen nicht.

Um welche Summe geht es genau?
Aus dem Insolvenzantrag ergeben sich Verbindlichkeiten von ausstehenden Bonuszahlungen in Höhe von 29,5 Millionen Euro und Kunden-Guthaben von etwa 50 Millionen Euro. Diese Zahlen müssen wir jetzt verifizieren.

Die BEV hat die meisten ihrer Kunden mit billigen Preisen und hohen Bonuszahlungen gelockt – kein besonders nachhaltiges Geschäftsmodell. Ist das der Grund für die Pleite?
Das kann ich noch nicht abschließend beurteilen. Die Zahlen für 2018 zeigen einen immensen Verlust. Das dürfte einerseits an den günstigen Tarifen bei gleichzeitig steigenden Strompreisen im Einkauf gelegen haben, andererseits an den hohen Bonusversprechungen. Im letzten Jahr hat die BEV noch einmal versucht ihre Kundenzahl deutlich zu steigern und erhebliche Investitionen in dem Bereich getätigt.

Wer wartet außer den Kunden noch auf sein Geld?
Das sind mit Sicherheit die großen Übertragungsnetzbetreiber, also Amprion, Tennet, TransnetBW und 50 Hertz. Wir haben es hier aber auch mit 800 Lokalnetzbetreibern zu tun, weil die BEV Kunden in ganz Deutschland hatte. Eine genaue Forderungssumme können wir noch nicht benennen, aber es wird sich auch hier um mehrere Millionen ausstehender Zahlungen handeln.

Care Energy, Flexstrom, Teldafax… Die BEV ist ja nur einer von vielen Billigstromanbietern, die dem Wettbewerb nicht standhalten konnten.
Ich glaube es ist ein sehr margenschwaches Geschäft. Außerdem sind die Preise bei den meisten Discountern gleich, die Anbieter unterscheiden sich kaum voneinander. Im Fall der BEV haben wir es einem großen Kundenstamm, bei einer gleichzeitig sehr schlanken Verwaltung zu tun. Das fällt uns bei der Abwicklung jetzt auf die Füße.

Inwiefern?
Insgesamt müssen etwa 600.000 Kundenabrechnungen bearbeitet werden. Viele Kunden haben zwar schon im Dezember gekündigt, warten aber noch auf ihre Endabrechnung. Das alleine hat die BEV mit ihren rund 100 Angestellten überfordert. Bereits bei Insolvenzantragsstellung lagen 140.000 unbeantwortete Briefen und E-Mails vor. Diese werden täglich mehr. Um jedem Kunden einzeln zu antworten, bräuchten wir rund ein Jahr. Deswegen filtern wir die häufigsten Fragen und veröffentlichen die entsprechenden Antworten auf der Insolvenzseite der BEV im Internet.

Auf dieser Seite werden Kunden jetzt auch an den Ökostromanbieter Lichtblick verwiesen. Warum?
Die BEV-Kunden sind nach der Insolvenz ihres Stromanbieters in die gesetzlich vorgeschriebene Ersatzverordnung gerutscht und werden sich jetzt nach einem neuen Anbieter umgucken. Das heißt wir mussten schnell handeln. Es gab verschiedene Interessenten für eine solche Kooperation. Wir haben uns jetzt für Lichtblick entschieden, unter anderem, weil das Unternehmen bereits Erfahrung mit der Kundenübernahme aus ähnlichen Fällen hat.

Aber allzu viele werden wahrscheinlich nicht wechseln. Lichtblick ist ja nicht gerade als Billigstromanbieter bekannt, oder?
Lichtblick bietet den Kunden an, ein halbes Jahr keine Grundgebühr zu zahlen und arbeitet vor allem nicht mit Lockvogelangeboten wie die BEV es getan hat. Es war uns wichtig, dass unser Kooperationspartner solvent ist, nicht mit unseriösen Angeboten arbeitet und eine bestimmte Größe hat. Aber natürlich ist das ein rein freiwilliges Angebot, wir geben keine Kundendaten an Lichtblick weiter.

Glauben Sie, dass Betroffene jetzt vorsichtiger bei der Wahl ihres Stromanbieters sind?
Man sieht ja was passieren kann. Das ist ein margenschwaches Geschäft mit großem Wettbewerb um die Kunden. Man sollte sich seinen Stromanbieter sehr sorgsam auswählen.

Herr Bierbach, vielen Dank für das Gespräch.