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"Bevölkerung steht vor leeren Regalen": Landrat fürchtet wegen Gasumlage den Ausfall einer der größten AdBlue-Hersteller in Deutschland

Ein Dachdecker arbeitet auf der neuen Rundlagerhalle der SKW Stickstoffwerke Piesteritz in Lutherstadt Wittenberg. - Copyright: picture alliance / ZB | Jan Woitas
Ein Dachdecker arbeitet auf der neuen Rundlagerhalle der SKW Stickstoffwerke Piesteritz in Lutherstadt Wittenberg. - Copyright: picture alliance / ZB | Jan Woitas

Einem der größten Düngemittel- und AdBlue-Produzenten in Deutschland, der SKW Stickstoffwerke Piesteritz in Lutherstadt Wittenberg, droht angesichts der steigenden Gaspreise und der zusätzlichen Gasumlage ein Produktionsstopp.

SKW müsse nun monatlich 30 Millionen Euro Gasumlage zahlen, sagte Christopher Profitlich, Sprecher des Unternehmens. Das sei finanziell nicht zu stemmen. Ohne Entlastung vom Bund sieht sich SKW deshalb gezwungen, ab dem ersten Oktober für rund 860 SKW-Angestellte Kurzarbeit anzumelden, wie MDR Sachsen-Anhalt zuerst berichtete. Im schlimmsten Fall drohe den Angestellten die Entlassung.

Doch die Folgen eines Produktionsstopps gehen noch weit über das Unternehmen hinaus. In einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnt der Wittenberger Landrat Christian Tylsch (CDU) nun vor den katastrophalen volkswirtschaftlichen Folgen eines SKW-Produktionsstopps für die gesamte Bundesrepublik. Wie SKW fordert er die Befreiung von der Gasumlage sowie den Gaspreis für systemrelevante Betriebe staatlich zeitweise zu deckeln.

Der deutschen LKW-Flotte droht Ausfall, wenn SKW seine Produktion von AdBlue stoppt

Konkret heißt es dazu im Brief: SKW Piesteritz sei einer von zwei großen AdBlue Herstellern in Deutschland, der für die LKW-Flotte existenziell sei. "Droht eine Unterbrechung von Logistikketten, weil LKWs nicht mehr fahren können, steht die Bevölkerung vor leeren Regalen!", schreibt Tylsch im Brief.

Tatsächlich fährt ein Großteil der Lastwagen der Speditions-, Logistik und Transportbranche in Deutschland mit Diesel. Sie sind auf die Harnstofflösung AdBlue angewiesen, weil sie die ausgestoßenen Stickoxide bis zu 90 Prozent verringert. Ohne AdBlue können viele LKWs die Abgasgrenzwerte nicht mehr einhalten und dürfen nicht mehr fahren. Das Problem dabei: Viele der Fahrzeuge transportieren auch Lebensmittel in Supermärkte.

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Bedroht wären laut Landrat Tylsch aber nicht nur Teile des Lebensmittel-Transports, sondern auch Liefer- und Zulieferverträge, etwa für Düngemittel, die wiederum die bundesweite Landwirtschaft träfen. Petr Cingr, Vorsitzender der Geschäftsführung der SKW Piesteritz, hatte daher schon im Herbst 2021 vor einem dramatischen Anstieg der Preise für alle Güter, auch der Grundnahrungsmittel gewarnt.

Der Wegfall von SKW hätte "die Verödung" einer ganzen Region zur Folge

Weiterhin verweist der Wittenberger Landrat Tylsch auf die wirtschaftliche Bedeutung der SKW Stickstoffwerke Piesteritz. Das Unternehmen sei der größte Gewerbesteuerzahler von Lutherstadt Wittenberg. Ein Wegfall oder weitere Reduzierung der Gewerbesteuer wegen der Gasumlage würde sich außerordentlich negativ die Haushaltslage des Landkreises Wittenberg auswirken, heißt es im Brief. Letztlich wäre der Landkreis nicht mehr in der Lage, seinen vertraglichen und gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zudem sei die Finanzierung von Angeboten im sozialen, gesundheitlichen oder Bildungsbereich wie freie Leistungen der Jugendhilfen infrage gestellt.

Dabei steht Tylsch mit seiner Sorge nicht allein da: In einem Brandbrief des Oberbürgermeisters der Stadt Lutherstadt Wittenberg, Torsten Zugehör (CDU), an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, heißt es, mit dem Wegfall der SKW Stickstoffwerke Piesteritz, würde nicht nur die Stadt selbst in eine Notlage gebracht werden, sondern hätte "die Verödung einer ganzen – bislang wachsenden – Region im insgesamt strukturschwachen Osten Deutschlands zur Folge."

Auf Anfrage auf mögliche Entlastung für die SKW Stickstoffwerke in Piesteritz erklärt das Bundeswirtschaftsministerium, dass man im Gespräch mit der Landesregierung Sachsen-Anhalt und dem Unternehmen sei. Ziel sei es, die genauen Belange des Unternehmens zu eruieren und gemeinsam Lösungen zu überlegen. Ohnehin arbeite man aktuell daran, die Hilfsprogramme für die Wirtschaft zu verlängern, um die Energiekosten zu dämpfen. Von einem Gaspreisdeckel oder einer Befreiung der Gasumlage ist allerdings keine Rede.

Mit Material der DPA