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Wie „das bessere Ebay“ endlich groß werden will

Ein Jahr lang wartete Mustafa Azim auf seine Uhr. Er hatte sie auf einem der großen Online-Marktplätze gekauft, bezahlt – und nie erhalten. Der Anbieter war nicht auszumachen, der Kundenservice keine Hilfe. Das kann es doch nicht sein, dachte Azim sich. Und gründete mit zwei Kommilitonen smartvie.

Ursprünglich sollte es ein Auktionshaus für Privatleute werden. „Doch dann haben wir gemerkt, dass auch die Händler nach Alternativen suchen“, sagt Azim, der stets präzise antwortet, nie ausschweift. Also ihr Entschluss: „Private raus, Händler rein.“

Seitdem arbeiten sie daran, smartvie als „das bessere Ebay“ zu etablieren. „Wir wollen eine deutsche Alternative aufbauen“, sagt Azim. Und das ist, wie der studierte Volkswirt einräumt, noch schwieriger als gedacht. „Wir sind optimistischer rangegangen“, gibt Azim zu.

Experten überrascht das nicht. Den amerikanischen E-Commerce-Riesen Ebay und Amazon Marktanteile streitig zu machen, halte er zwar für „nicht unmöglich“, sagt Rainer Nagel von der Beratungsgesellschaft Atreus. Doch dafür brauche man „sehr viel Geld“.

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Smartvie gibt es seit acht Jahren. Noch sind vor allem die Ambitionen schwindelerregend hoch, nicht aber die Umsätze. 600 Händler bieten auf Azims Plattform rund 400.000 Produkte an. Die Zahl der monatlichen Einkäufe bewegt sich im niedrigen vierstelligen Bereich. Den durchschnittlichen Warenkorbwert gibt Azim mit rund 100 Euro an.

Zum Vergleich: Amazon setzte im Vorjahr 178 Milliarden US-Dollar um (144 Milliarden Euro), knapp zehn Milliarden Dollar waren es bei Ebay. Und die Margen sind notorisch niedrig. Smartvie steckt also noch in einer Nische. Doch das will Azim nun ändern.

Mittlerweile beschäftigt der 32-Jährige 13 Mitarbeiter. Auch seine beiden Mitgründer sind weiterhin dabei. Vor zwei Jahren sind sie mit smartvie aus einem Dortmunder Vorort in einen mehrgeschossigen Backsteinbau unweit der Innenstadt umgezogen. Auch dieser Ort versprüht nicht gerade den Gründermythos einer Garage, nicht die Aura des Silicon Valley, nicht die Wucht der Wall Street, doch man sollte sich davon nicht täuschen lassen.

Rund zwei Dutzend kleine Technologiefirmen und Start-ups sitzen hier. Auch Mustafa Azim hat für seine Firma Bürofläche angemietet. Im Gemeinschaftsraum stehen ein Kicker, zwei Sofas und ein Strandkorb. Vor allem aber brauchen Gäste jetzt nur noch wenige Minuten, um vom Hauptbahnhof zu smartvie zu gelangen. Das ist nicht zu unterschätzen für ein Start-up, das zahlungskräftige und auch risikobereite Investoren braucht, um endlich wachsen zu können. Und zwar schnell.

Denn darum geht es nun. Die Vorarbeit sei geleistet, sagt Azim. Sie haben die Internetseite neu aufgesetzt, das Bezahlsystem weiterentwickelt, auf eine Cloud umgestellt. Jetzt geht es darum, smartvie bekannt zu machen. „Wir sind bereit für die Skalierung auf Millionen von Nutzern“, sagt der Gründer.

Um das zu erreichen, hat smartvie sich für eine unkonventionelle Art der Finanzierung entschieden. Bislang halten ihnen drei Privatinvestoren aus der Handelsbranche die Treue. Nun sollen viele weitere hinzukommen: per Crowdinvesting. Über spezielle Internetplattformen können sich so auch Kleinanleger an Unternehmen wie smartvie beteiligen.

Einerseits wird diese Form der Finanzierung immer beliebter, auch Mittelständler entdecken sie für sich. Andererseits verweisen vor allem Verbraucherschützer auf die Risiken: Setzen sich Unternehmen nicht am Markt durch, ist auch das Geld der Investoren verloren – und bei Start-ups ist dieses Risiko besonders hoch.

Eine Studie der Universität Bamberg im Auftrag des Verbraucherschutzministeriums Baden-Württembergs ergab zudem: Kleinanleger sind bei Crowdinvestments häufig unzureichend informiert. Es fehlten „relevante Informationen zu Chancen und Risiken der Crowdinvesting-Produkte“, sagte Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU).

Mustafa Azim hat sich für den britischen Anbieter Seedrs entschieden. Er verweist auf den mehrmonatigen Prüfprozess der Plattform – und darauf, dass es sich bei einem Investment in smartvie nicht um ein Darlehen handelt. Das ist die typische Form des Crowdfundings.

Stattdessen bietet Azim, ähnlich wie bei einem Börsengang, Anteile an seiner GmbH an. So wolle er seine Firma „nicht verschulden“, wie er sagt. Die Geldanlage wird daher nicht verzinst. Wächst das Unternehmen, steigt der Wert der Anteile – und umgekehrt.

Bis 2020 soll über die Seedrs-Kampagne und die übrigen Privatinvestoren mindestens eine Million Euro zusammenkommen. Geld, das smartvie dringend braucht, vor allem für die Kunden- und Händlerakquise. Kooperationen wie jene mit der Preissuchmaschine idealo.de werden nicht reichen.

Smartvie will mit Sicherheit und Seriosität punkten. Die Daten lägen auf deutschen Servern. Der hauseigene Kundenservice kümmere sich um die simpelsten Anfragen. Alle Händler müssten sich prüfen und zertifizieren lassen, bevor sie über smartvie verkaufen können, erhielten dann aber ohne Umwege ihre Erlöse. Und bestimmte Branchen, die erfahrungsgemäß betrugsanfällig sein, habe man ganz ausgeschlossen: Gebrauchtwagen, Kunst oder Dienstleistungen etwa.

Im fernen Indien arbeiten sieben Entwickler stets an Neuerungen für das Portal. Ihr nächstes Projekt: Sie wollen die Angabe der Kleidergrößen harmonisieren. Welcher deutsche Kunde kennt sich schon mit den britischen oder amerikanischen Größen aus?

Doch letztlich, das weiß Azim nur zu gut, zählt im Onlinehandel vor allem eines: der Preis. Nach wie vor behält smartvie unterdurchschnittliche fünf Prozent als Provision ein, wenn Kunden mit dem virtuellen Warenkorb die Kasse erreichen. In der Wachstumsphase drückt das die Erträge. „Wir haben uns da sehr aggressiv aufgestellt“, sagt Azim. „Aber nur so kann es funktionieren.“