Der Berliner Wasserstoff-Traum verpufft: Fünf Themen des Tages
(Bloomberg) -- Petra Sorge über Träumereien. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.
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Wasserstoffschlösser der Stromerzeugung
In Leipzig hat der Traum einer sauberen Wasserstoff-Zukunft bereits ein gelbes, in Stahlblech gefasstes Gehäuse bekommen: Im Oktober wurde dort Deutschlands erstes H2-fähiges Gaskraftwerk eingeweiht, die Turbinen von Siemens Energy sollen mit nur ein paar wenigen Kniffen in der Lage sein, 100% des grünen Gases zu verbrennen.
Das Problem: Die Anlage hat bislang weder Anschluss an ein Wasserstoffnetz noch eigene Produktionskapazitäten, und wie das alles finanziert werden soll, ist ebenfalls unklar. Deutschland will mit Milliarden-Subventionen mehr als 20 solcher, weit größerer Gaskraftwerke neu bauen, und überall in Europa setzen Politiker auf grünen Wasserstoff. Doch der Brennstoff ist nicht nur viel teurer und weniger effizient, auch gibt es noch keine bewährte Methode, ihn sicher zu lagern, zu transportieren und zu verbrennen.
“Es gibt noch keine messbaren Fortschritte beim Bau von wasserstofftauglichen Gaskraftwerken”, sagt Eric Heymann, Ökonom bei Deutsche Bank Research.
Laut der Internationalen Energieagentur lag im letzten Jahr nur für 4% der vollmundig angekündigten H2-Projekte auch eine finale Investitionsentscheidung vor. Wenn Europa zu lange auf die Entwicklung des grünen Gases wartet, anstatt einfach jetzt entschlossen auf Erneuerbare, Wärmepumpen und den Netzausbau zu setzen, besteht die Gefahr, dass es noch länger von fossilen Brennstoffen abhängig bleibt.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Alexander Kell und Rainer Bürgin: Nicht so hastig, Expansion, Peking reagiert, Hamilton-Moment 2.0, und 15 dreistellig.
Nicht so hastig
Wie steil soll der Abstieg vom Zinsplateau der EZB sein? Direktorin Schnabel warnt davor, dass zwei aufeinander folgende Zinsschritte im Juni und Juli doch ein wenig zu viel des Guten wären. “Auf der Grundlage der aktuellen Daten scheint eine Zinssenkung im Juli nicht gerechtfertigt zu sein”, sagte sie der japanischen Zeitung Nikkei. “Wir sollten uns ausreichend Zeit geben, um zu sehen, was passiert.” Der vom Markt für Juni eingepreiste Zinsschritt könnte indes “angemessen sein”. OeNB-Falke Robert Holzmann erklärte gegenüber dem österreichischen Magazin News, dass ein zu frühes Ende der Inflationsbekämpfung die Gefahr berge, “dass sie sich wieder beschleunigt”, was es dann “extrem schwierig” machen würde, sie wieder in den Griff zu bekommen. Bloomberg-Stratege Ven Ram weist darauf hin, dass der EZB-Zinspfad über den Wechselkurs auch teilweise am Verhalten der Fed hänge. Und da ist gerade das Zinsmantra des “für längere Zeit erhöht” vorherrschend.
Expansion
Im Zuge der Expansion jenseits des Atlantiks erwägt die UBS dem Vernehmen nach, Investmentbankchef Rob Karofsky an die Spitze des gesamten US-Geschäfts zu stellen. Der 57-jährige würde damit neben der Investmentbank in New York auch die Verantwortung für das Wealth Management in den USA erhalten, wie darüber informierte Personen berichten. Dies würde es Wealth-Management-Chef Iqbal Khan ermöglichen, sich auf die schnell wachsenden Märkte in Asien und im Nahen Osten zu konzentrieren. Die Einzelheiten seien noch nicht endgültig geklärt, hieß es. Im Asset Management dreht sich unterdessen das Führungskräfte-Karussel. Wachstum in Europa verspricht sich JPMorgan von Geldmarktfonds, die ausschließlich in Staatspapiere investieren beziehungsweise in solche von Emittenten mit Staatsgarantien. Investoren können damit im Geldmarktsegment investieren, ohne in Bankpapiere gehen zu müssen. Die schwedische SEB eröffnet eine Niederlassung in Zürich, um wohlhabende Expatriates aus Skandinavien zu betreuen.
Peking reagiert
China hat die bislang drastischsten Maßnahmen zur Stützung des angeschlagenen Immobilienmarktes angekündigt. Der Mindesthypothekenzins wird abgeschafft und gleichzeitig die Mindestanzahlung für Erstkäufer auf 15% und für Zweitwohnungen auf 25% gesenkt. Zudem sollen die Lokalregierungen unverkaufte Objekte aufkaufen und so für bezahlbaren Wohnraum sorgen. “Der Immobiliensektor ist mit dem Interesse der Massen und dem großen Thema der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden”, sagte Vize-Premier He Lifeng. Angesichts dessen sei es nötig, “die Verantwortlichkeiten der Lokalregierungen, der Bauträger und der Finanzinstitute” sicherzustellen. Ein Bloomberg-Intelligence-Index chinesischer Immobilienaktien kletterte angesichts der Nachricht um zeitweise 10%. Im April haben die Preise von chinesischen Wohnimmobilien so stark nachgegeben wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Bei Neubauten ging es laut heute vorgelegten Zahlen im Monatsvergleich 0,6% abwärts, bei bestehenden Objekten um 0,9%.
Hamilton-Moment 2.0
Als Olaf Scholz noch Finanzminister war, frohlockte der Sozialdemokrat im Mai 2020, dass die gemeinsame Verschuldung auf EU-Ebene zur Stützung südeuropäischer, Pandemie-gebeutelter Staaten ein “Hamilton-Moment” auf dem Weg zu einem EU-Bundesstaat mit eigener Schuldenaufnahme sei. Zwar blieb es eine einmalige Episode, doch liefert die veränderte Sicherheitslage angesichts russischer Aggression erneut einen Vorwand, weitergehende Schuldenvergemeinschaftung durchsetzen zu wollen. Der niederländische Ministerpräsident Rutte bezeichnete das im März als eine rote Linie. “Es ist nicht verrückt zu denken, dass die Bündelung von Verschuldungressourcen ein Sprungbrett zu einer föderaleren Regierungsform sein könnte”, sagte jetzt der Wirtschaftsnobelpreisträger Thomas J. Sargent im Bloomberg-Interview. Der Italiener und EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni forderte letzten Monat, dass die EU eine zentrale Treasury einrichten sollte, um gemeinsame Güter durch gemeinsame Anleihen zu finanzieren. Der Franzose und Binnenmarkt-Kommissar Breton hat die Einrichtung eines 100-Milliarden-Euro-Verteidigungsfonds vorgeschlagen. Unterdessen hängt über den hochverschuldeten Heimatländern der beiden Kommissare das Damoklesschwert massiver EZB-Anleiheverkäufe.
15 dreistellig
Der Club der Superreichen der Welt hat mittlerweile 15 Mitglieder mit einem Vermögen von jeweils mehr als 100 Milliarden Dollar, so viele wie nie zuvor. Auftrieb für die ultragroßen Vermögen brachten unter anderem die Euphorie in Bezug auf künstliche Intelligenz und der Luxusgüter-Boom. Laut Bloomberg-Milliardärsindex ist das kombinierte Nettovermögen dieser Allerreichsten der Welt um 13% gestiegen. Der Aufwärtstrend übertrifft damit sowohl das Tempo der Inflation als auch die Performance des breiten Aktienmarktes. L’Oreal-Erbin Francoise Bettencourt Meyers, Dell-Gründer Michael Dell und der mexikanische Milliardär Carlos Slim haben die Schwelle in den letzten fünf Monaten allesamt die $100-Milliarden-Schwelle genommen. Angeführt wird die Gruppe der Ultrareichen vom 75-jährigen LVMH-Gründer Bernard Arnault, der über ein Nettovermögen von 222 Milliarden Dollar verfügt. Der Gründer von Amazon.com, Jeff Bezos, 60, rangiert mit einem Nettovermögen von 208 Milliarden Dollar an zweiter Stelle. Tesla-Chef Elon Musk, 52, liegt mit 187 Milliarden Dollar derzeit auf dem dritten Indexrang. Sein Vermögen ist in diesem Jahr um mehr als 40 Milliarden Dollar gesunken.
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