Berliner Fintech Topi sichert sich 50 Millionen Euro von Investmentbank
Wer sich den Miet-Markt anschaut, könnte meinen, dass die Startups Grover und Topi auf den ersten Blick viel gemeinsam haben. Beiden geht es darum, Elektrogeräte zu vermieten, statt zu verkaufen und diese später in den Kreislauf zurückzugeben. Auch haben beide Startups kürzlich eine Finanzierung über 50 Millionen Euro abgeschlossen. Grover Mitte Juli, Topi verkündete die neue Investorenrunde erst gestern. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten.
Während Grover selbst Anbieter von Technikartikeln wie Smartphones, VR-Brillen und Laptops zur Miete ist, agiert Topi nur als Zahlungsdienstleister. Genau arbeiten die Topi-Gründerinnen Charlotte Pallua und Estelle Merle mit Online-Händlern wie Conrad oder Cyberport zusammen, die „Mieten mit Topi“ als Zahlungsart neben Paypal, Kreditkarte und Co. für Firmenkunden anbieten. Und auch wirtschaftlich stehen die Startups unterschiedlichen gut da: Grover wurde durch die Brückenfinanzierung vor Kurzem erheblich abgewertet und verlor seinen Einhorn-Status. Zudem musste etliche Mitarbeiter gehen und die Börsenpläne sind auf Eis gelegt. Für Topi ist die 50-Millionen-Finanzierung der Startpunkt, um zu wachsen.
Jahresumsatz verzwanzigfacht
Es handelt sich dabei um eine Kreditlinie der australischen Investmentbank Macquarie Bank Europe, die nach Informationen von "Finance Forward" an einzelne Zwischenziele gekoppelt sei. Mit dem Geld will das Gründerinnen-Duo das Netzwerk ihrer Reseller und Partner-Firmen ausbauen, schreiben sie beim Karrierenetzwerk Linkedin. Zurzeit haben mehr als zehn Technik-Händler die Miet-Option des Startups als Zahlungsart integriert. Neuerdings kooperiert das Fintech etwa mit dem Laptop-Hersteller Lenovo. Geplant sei, in neue Märkte zu expandieren. Bisher ist Topi nur in Deutschland und Österreich aktiv. Ihre Umsätze konnten Pallua und Merle dabei im vergangenen Jahr deutlich steigern. Gegenüber "Finance Forward" gaben die Gründerinnen an, ihren Jahresumsatz 2023 verzwanzigfacht zu haben. Dieses Jahr wollen sie sich nochmal steigern und eine Verzehnfachung ihres Erlöses erreichen.
Das letzte Geld floss in das Fintech im Jahr 2022. Damals sammelten die Gründerinnen – nicht mal ein Jahr nach ihrer Seed-Runde – 45 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 42 Millionen Euro) von ihren Bestandsinvestoren Creandum und Index Ventures ein. Außerdem stieg der im Silicon Valley sitzende Fonds Triple Point Capital bei Topi ein. Darüber hinaus haben sich bereits etliche Business Angels an dem Berliner Startup beteiligt, darunter der N26-Gründer Max Tayenthal, Dominik Richter, Gründer von HelloFresh, Thijn Lamers, Teil des Gründungsteams Adyen sowie Wefox-Gründer Fabian Wesemann.
Das neue Ziel: Miet-Lösungen über den Technik-Bereich hinaus
Die früheren Harvard-Studienkolleginnen Pallua, die früher bei Apple arbeitete und dort Finanzierungsprogramme entwickelte, und Merle, eine ehemalige Bankerin bei Goldman Sachs, haben Topi im Jahr 2021 gegründet. Ihr Konzept erklärte Pallua damals im Interview mit Gründerszene: „Unsere Vision ist es, den Einkauf von Hardware leichter zu machen. Dazu gehört das Anbieten unterschiedlicher Bezahlmethoden, aber auch die Bereitstellung einer Plattform, auf der diese gekaufte Hardware dann auch gemanagt werden kann.“ Für Händler von Technikgeräten war es bis dato aufwändig und mit Risiken verbunden, Leasing-Optionen oder Abo-Modelle anzubieten. Sie können oft die Gefahr, dass Zahlungen von Kunden ausfallen, nicht einschätzen. Auch Lösungen für Refinanzierung und die Einbindung von Versicherungsangeboten sowie damit einhergehender Zahlungsströme fehlten. Gleichzeitig war für kleine und mittelständische Unternehmen die Beschaffung von IT-Equipment oft ein bürokratischer Prozess – die Geräte zudem schnell überholt. Mieten erscheint oft eine attraktivere Lösung.
Topi will beides zusammenbringen: So bietet das Fintech Händlern eine Plattform, an die ihre Systeme – egal ob von Webshops oder stationären Geschäften – nahtlos andocken können. Auf Seite der Geschäftskunden prüft das Startup zunächst vor Kaufabschluss, ob sie kreditwürdig sind, und bietet ihnen dann eine Plattform, über die sie ihre Technik-Flotten managen können. Um den monatlichen Zahlungseinzug, das Vertragsmanagement, Reparaturen, Upgrades und Wiedervermarktung der Geräte kümmert sich Topi. Mieten können dabei eine Dauer von sechs Monaten bis drei Jahre umfassen. Besonders gefragt seien Laptops, Smartphones und Tablets. Dass das Fintech seine Miet-Lösung künftig auch über den Bereich von Technik hinaus anbieten will, kündigte Gründerin Pallua gegenüber Gründerszene bereits 2022 an.