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Berliner E-Scooter-Start-up Tier ist auf dem Weg zum Einhorn

Tier sammelt in einer neuen Finanzierungsrunde 250 Millionen Dollar ein. Damit nähert sich das E-Scooter-Start-up einer Milliardenbewertung.

Die neue Finanzspritze für den E-Scooter-Betreiber Tier aus Berlin dürfte die Branche aufhorchen lassen. Seit Ausbruch der Coronakrise hat der Markt für geteilte Mobilität einen schweren Stand, der E-Scooter-Markt befindet sich in einer Konsolidierung. Mitten in dieser Gemengelage pumpen Investoren, angeführt vom japanischen Kapitalgeber Softbank, eine Viertelmilliarde Dollar in das Mobilitäts-Start-up.

Damit ist Tier mit seinen mittlerweile 1000 Mitarbeitern nicht mehr weit von einer Milliardenbewertung entfernt. Im Start-up-Jargon werden solche Unternehmen auch als „Einhörner“ bezeichnet. Vor der Finanzierungsrunde lag die Bewertung laut dem Branchendienst „deutsche-startups.de“ und der „Financial Times“ zwischen 650 bis 700 Millionen Euro. Der bestehende Investor Mubadala Capital wiederum plant darüber hinaus weitere Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe.

Yanni Pipilis, geschäftsführender Partner bei Softbank Investment Advisers, begründet das Investment in Tier mit der Überzeugung, dass Mikromobilität eine praktikable Alternative zum herkömmlichen Verkehrssystem darstelle.

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„Tier hat eine nachgewiesene Erfolgsbilanz beim Aufbau langfristiger Partnerschaften mit Städten und Regulierungsbehörden, kombiniert mit einem technologieorientierten Ansatz zur Entwicklung führender Angebote für Kunden“, teilt Pipilis in einer Mitteilung des Start-ups mit.

Mit einer so hohen Finanzierung zum jetzigen Zeitpunkt deutet sich zudem an, dass Tier von den Investoren als Start-up eingestuft wird, das den Markt konsolidiert, sprich Wettbewerber übernehmen könnte.

Entsprechende Pläne gebe es allerdings nicht, sagt Tier-Gründer Lawrence Leuschner dem Handelsblatt: „Ich gehe davon aus, dass sich der E-Scooter-Markt konsolidieren und es in Deutschland etwa drei E-Scooter-Betreiber in Zukunft geben wird. Wir planen jedoch bislang keine Übernahmen in Deutschland.“

Der Fokus liege stattdessen darauf, das Angebot in bestehenden Märkten mit insgesamt 60.000 E-Scootern zu verbessern. Gleichzeitig nimmt Tier neue Märkte ins Visier: „Unter anderem im Nahen Osten, aber auch in den USA“, sagt Leuschner, der Anfang des Jahres eine Expansion in den USA noch ausgeschlossen hatte.

Die ersten beiden Quartale des laufenden Geschäftsjahres waren allerdings geprägt von den Auswirkungen der Coronakrise und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren. Zahlreiche E-Scooter-Betreiber, wie zum Beispiel Bird oder Voi, stellten ihren Betrieb zeitweise entweder ganz ein oder hatten nur noch ein sehr begrenztes Angebot. Tier blieb mit seinen E-Scootern zwar auf der Straße. Dennoch hat Corona auch beim Berliner Start-up Spuren hinterlassen.

„Wegen Corona waren unsere ersten beiden Geschäftsquartale negativ“, sagt Leuschner. Im zweiten Halbjahr hingegen sei Tier profitabel gewesen. „Tier ist seit Juni profitabel, sprich Cashflow positiv“, sagt Leuschner, wobei diese Aussage – wie bei Start-ups üblich – nicht überprüft werden kann. Leuschner ist sich sicher, dass Tier das Geschäftsjahr nur noch mit einem niedrigen einstelligen negativen Millionenbetrag abschließen werde.

Das wäre angesichts der Auswirkungen der Coronakrise bemerkenswert, zumal E-Scooter-Betreiber wie Tier auf die saisonal bedingt einnahmearmen Wintermonate zusteuern. Diese dürften für die Roller-Start-ups noch schwieriger werden als ohnehin schon, da infolge der zweiten Corona-Welle in Ländern wie Frankreich oder Belgien Ausgangsbeschränkungen gelten.

Austauschbare Batterien senken Betriebskosten

Tier verfolgt zudem die nicht ganz ungefährliche Strategie, eine eigene Mobilitätsplattform aufzubauen. Konkurrenten wie das schwedische Voi zum Beispiel haben sich dem Plattformangebot von Freenow angeschlossen, hinter dem die deutschen Autobauer BMW und Daimler stehen. US-Anbieter Lime wiederum ist bei Uber eingebunden.

„Der Einstieg in eine bestehende Sharingplattform wie zum Beispiel Freenow ist nicht geplant. Wir wollen im Gegensatz zu unserer direkten Konkurrenz unsere eigene Mobilitätsplattform aufbauen“, sagt Leuschner. Sich gegen so große Namen wie Freenow oder Uber durchzusetzen dürfte nicht nur schwer sein, sondern auch ziemlich teuer werden.

Seinen Optimismus schöpft der 38-Jährige aus der kontinuierlichen Betriebskostensenkung. Mittlerweile würden die Roller rund drei Jahre lang halten. Eigenen Aussagen zufolge dauere es etwa sechs Monate, bis Tier die Einkaufskosten für einen E-Scooter amortisiert. Danach fallen im laufenden Betrieb nur noch Betriebskosten und diverse „Stadtgebühren“ an. Abzüglich dieser Kosten blieben vom Preis für eine Fahrt etwa 50 Prozent als Gewinn übrig.

Damit hätte Tier gegenüber Wettbewerbern wie Bird, Lime oder Voi einen erheblichen Kostenvorteil. „Wir haben einen anderen Ansatz als unsere US-Wettbewerber. Zum Beispiel haben unsere E-Scooter eine austauschbare Batterie. Allein dadurch konnten wir unsere Kosten um 50 Prozent senken“, erklärt Leuschner.

Seit einigen Monaten sind Tier-Scooter zu sehen, bei denen ein Batteriepack in der Nähe der Lenkstange angebracht ist. Dieser Batteriepack kann ausgetauscht werden. Der Vorteil: Die Roller müssen nicht mehr eingesammelt und anschließend in großen Lagern geladen werden. Stattdessen wechseln Tier-Mitarbeiter einfach die Batterie.

Tier will zudem mit den Mitteln aus der Softbank-Finanzierungsrunde und der Aufnahme von Schulden in Höhe von mindestens 50 Millionen Dollar die E-Roller-Flotte und eine Art Ladestation für seine E-Scooter etablieren.

Im Gegensatz zu Konkurrenten wie das vom Autobauer Ford finanzierte Angebot Spin, das Ladestationen für E-Scooter anbietet, werden bei den Stationen von Tier nur die Batterien geladen. Die Kunden können so leere durch geladene Batterien tauschen, ohne den Roller für die Dauer des Ladens abstellen zu müssen.