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Berlin setzt sich für Menschenrechtskriterium bei der Vergabe von EU-Aufträgen ein

Die Bundesregierung macht sich für eine genauere Prüfung von Firmen stark, die sich EU-Aufträge sichern wollen. Hintergrund ist ein Streit über chinesische Tech-Konzerne.

Die Beschaffung von Hikvision-Kameras durch die EU wurde stark kritisiert. Foto: dpa
Die Beschaffung von Hikvision-Kameras durch die EU wurde stark kritisiert. Foto: dpa

Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an ausländische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechten stärker zu beachten. Berlin wolle die deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um mit einer Initiative zur öffentlichen Beschaffung „für eine stärkere Berücksichtigung der Einhaltung von Menschenrechten und einen kohärenten Politikansatz in diesem Bereich“ einzutreten, schreibt Ulrich Nussbaum, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, in einer Antwort auf eine Frage der FDP-Politikerin Gyde Jensen.

Erst kürzlich hatte die Deutsche Welle berichtet, dass das EU-Parlament und die Europäische Kommission Wärmebildkameras des chinesischen Unternehmens Hikvision einsetzen. Die Geräte messen die Körpertemperatur und werden im Kampf gegen das Coronavirus eingesetzt. Allerdings steht das Unternehmen, das sich selbst als „weltweit führender Anbieter von Videoüberwachungsprodukten“ preist, international in der Kritik.

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Peking nutzt die Technologie von Hikvision und anderen chinesischen Tech-Konzernen wie Huawei, ZTE und Dahua, um einen digitalen Überwachungsstaat zu errichten. Vor allem die muslimische Minderheit der Uiguren wird systematisch ausspioniert, in Lager gesperrt und unterdrückt, wie Berichte von Menschenrechtsorganisationen dokumentieren. Die USA haben Hikvision daher auf eine schwarze Liste gesetzt.

Jensen hatte die Beschaffung von Hikvision-Kameras durch die EU kritisiert und die Bundesregierung gefragt, was sie dafür unternehme, „dass für EU-Institutionen keine weiteren Überwachungstechnologien aus China bezogen werden“. Nussbaum betont in seiner Antwort, dass die Einhaltung von Arbeits-, Sozial- und Umweltrecht bei der Auftragsvergabe schon heute „sehr deutlich hervorgehoben“ werde.

Dennoch solle das bestehende Regelwerk künftig um ein „neues Wettbewerbsregister“ ergänzt werden, „das möglichst im Frühjahr 2021 seinen Betrieb aufnimmt“. Diese Reform solle „öffentlichen Auftraggebern verlässliche Auskunft insbesondere über das Vorliegen von zwingenden Gründen für den Ausschluss von Unternehmen vom Vergabeverfahren“ geben.

Dazu zählen nach Angaben des Staatssekretärs „Verurteilungen wegen schwerer, unmittelbar menschenrechtsrelevanter Straftaten“, konkret nennt er Bestechung, Menschenhandel und Zwangsarbeit.

„Vollkommen an der Realität vorbei“

Jensen, die den Menschenrechtsausschuss des Bundestags leitet, hält das für einen Schritt in die richtige Richtung. Zufrieden ist sie aber noch nicht. „Ich begrüße diese Initiative der Bundesregierung. Leider geht das vorgeschlagene Kriterium für einen möglichen Ausschluss von Unternehmen von der Vergabe vollkommen an der Realität vorbei“, sagte sie dem Handelsblatt.

Im Fall Hikvision gehe es um ein chinesisches Unternehmen, „das in China, einem Land ohne unabhängige Gerichtsbarkeit, Technologien zuliefert, die schwerste Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung ermöglichen“. Eine Verurteilung des Unternehmens in der Volksrepublik werde es nicht geben.

Nachvollziehbare Kriterien für Entscheidungen über den möglichen Ausschluss von ausländischen Unternehmen zu formulieren sei zwar wichtig, argumentiert Jensen. Mit einem solchen Vorschlag drücke sich die Bundesregierung aber davor, „in diesem Bereich auch politische Entscheidungen zu treffen, die im Zweifel diplomatische Konsequenzen nach sich ziehen könnten“.

Ähnlich verläuft die Kontroverse um den chinesischen Netzausrüster Huawei, die die Bundesregierung seit zwei Jahren beschäftigt. Das Auswärtige Amt fordert bei der Entscheidung darüber, welche Technologieanbieter als Ausrüster von kritischer Infrastruktur infrage kommen, die politische Situation in China zu berücksichtigen.

Das Ressort von Außenminister Heiko Maas verweist darauf, dass die chinesische Regierung Unternehmen zwingen kann, alle ihnen verfügbaren Daten preiszugeben. Das Wirtschaftsministerium dagegen hält eine solche Regelung für zu protektionistisch.