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„Die Behinderung und ich sind inzwischen Best Buddies geworden“

Lina Maria Kotschedoff ist fast blind. Trotzdem läuft sie Marathon und macht Karriere als Community- und Start-up-Managerin bei den Stadtwerken Düsseldorf.

Gast bei Handelsblatt Mindshift ist diesmal Lina Maria Kotschedoff. Die junge Frau ist Kommunikations- und Start-up-Managerin bei den Düsseldorfer Stadtwerken. Und wir sind sicher, dass wir von ihr noch ganz viel hören werden.

Auch Sie werden schnell merken, warum uns die 36-jährige Deutsch-Brasilianerin so beeindruckt hat und wieso wir denken, dass jedes Unternehmen von ihr viel lernen und beim Zuhören profitieren kann.

Das Besondere an Kotschedoff: Sie sieht nur noch fünf Prozent – ist also so gut wie blind. Als sie neun Jahre alt war, wurde bei ihr eine schwere Augenkrankheit diagnostiziert, die Ärzte sprechen von einer progressiven Zapfen- und Stäbchen-Dystrophie.

Entgegen einer landläufigen Vermutung sind übrigens nur drei Prozent der Behinderungen angeboren. In aller Regel werden Behinderungen im Laufe des (Erwerbs-)Lebens durch Unfälle oder Krankheiten „erworben“ (88 Prozent).

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Linas Weg durch die Schulzeit war kein leichter. Aber dass sie die Welt nur noch wie durch ein Milchglas sieht, davon hat sie sich nicht ausbremsen lassen. Ganz im Gegenteil, Lina Kotschedoff wollte schon BWL studieren, als sie sechs Jahre alt war.

Heute ist die energische Frau ein gutes Beispiel dafür, wie Einschränkungen Menschen noch willensstärker und noch innovativer werden lassen können. „Die Behinderung und ich wir sind inzwischen Best Buddies geworden“, sagt Lina. Ihre Mutter Iramaia Kotschedoff, die selbst Unternehmerin und für Lina ein großes Vorbild ist, habe sie stets ermutigt und gesagt: „Behinderung ist keine Verhinderung“, erzählt sie uns im Gespräch.

Das belegen immer wieder auch zahlreiche Studien, etwa das aktuelle Inklusionslagebarometer der Aktion Mensch, das das Handelsblatt Research Institute im Auftrag von Aktion Mensch erstellt. So profitieren auch Menschen mit Behinderung von der guten wirtschaftlichen Entwicklung.

Gleichzeitig eröffnen der demografische Wandel und der zunehmende Fachkräftemangel neue Chancen auf einen Arbeitsplatz – das ist für die Integration von Menschen mit Behinderung in unsere Gesellschaft, die sich sehr stark über die Teilnahme am Erwerbsleben definiert, von wesentlicher Bedeutung.

Einige Unternehmen setzen inzwischen sogar ganz bewusst auf Menschen mit Einschränkungen. Etwa der Softwarekonzern SAP, der gezielt Menschen mit Asperger-Syndrom engagiert. Auf dem Arbeitsmarkt haben Bewerber mit Autismus-Spektrum-Störungen durchaus realistische Chancen, eine gute Stelle zu finden, vor allem im IT-Bereich.

Allerdings offenbart die Handelsblatt-Research-Studie auch, dass längst noch nicht alles so gut ist, wie es gerade klingt. So suchen Behinderte nach einem Arbeitsplatz noch immer 104 Tage länger als Menschen ohne Handicap.

Viele Firmen kennen die Fördermöglichkeiten nicht

Wer als Unternehmer in Deutschland mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt, muss mindestens fünf Prozent seiner Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung besetzen oder aber eine Strafe zahlen. Es gibt in Deutschland sehr viele Förderungen, damit Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz die Hilfsmittel bekommen, die sie brauchen, um arbeiten zu können. Das Traurige ist nur, dass 39 Prozent der kleinen und mittelgroßen Unternehmen diese Fördermöglichkeiten gar nicht kennen, wie eine Umfrage der Bundesagentur für Arbeit 2017 zeigt.

Das ist verschenktes Potenzial. Denn wenn Unternehmen es zulassen und unterschiedlich denkende Mitarbeiter ihre Kollegen akzeptieren und Konflikte ausgeräumt werden, können Menschen wie Lina Kotschedoff sogar zu einem echten Booster für Innovation werden. Alleine schon deswegen, weil so im Arbeitsalltag weniger „Blindheit“ durch Routine entsteht.

Aber auch durch die besondere Fähigkeit zum Perspektivwechsel profitieren heterogene Teams gegenüber homogenen Teams, meint Kotschedoff, die mit ihren Kollegen in der Abteilung zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle arbeitet. „Das ist eine Fähigkeit, die man durch kein Zertifikat an einer Universität erwerben kann.“

Not macht erfinderisch

Wussten Sie beispielsweise, dass wir die Tastatur einer blinden Frau zu verdanken haben? Pellegrino Turri hat 1808 eine Schreibmaschine erfunden, damit seine Geliebte, die erblindete Gräfin Carolina Fantoni da Fivizzano ihm Liebesbriefe schreiben konnte, ohne sie jemand laut diktieren zu müssen.

Not macht erfinderisch. Auch wenn sich das jetzt ein bisschen wie ein dummer Spruch anhört, aber da ist tatsächlich etwas dran. Denn eins geht im Überschwang des digitalen Gründertums gerne verloren: Umwälzende Innovationen entstehen aus echten Bedürfnissen. Und nicht aus dem Wunsch, reich zu werden.

Aber hören Sie jetzt, welche Wünsche Lina Maria Kotschedoff zu ihren Höchstleistungen antreiben, wie die Kollegen am Arbeitsplatz mit ihrem Handicap umgehen und wie sie damit umging, als sie die schwere Diagnose bekam. Hier kommen Sie zur aktuellen Folge von Handelsblatt Mindshift.

Mehr: Folge 1 Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin für Europa und künftige EU-Abgeordnete in Brüssel, spricht in der ersten Podcast-Folge von Handelsblatt Mindshift über Perfektionismus, Fehlerkultur und Wertschätzung.

Folge 2 Douglas-Chefin Tina Müller spricht in der zweiten Podcast-Folge von Handelsblatt Mindshift über Seilschaften, Netzwerke und warum sie gerne Scheidungsanwältin geworden wäre.

Folge 3 Cawa Younosi hat es vom Kriegsflüchtling zum Personalchef von SAP Deutschland gebracht. Bei Handelsblatt Mindshift spricht er über Karriere, Migration und Chancengleichheit.

Kommende Woche bei Handelsblatt Mindshift

Beim nächsten Mal sprechen wir mit der Herzchirurgin Dilek Gürsoy. Die Tochter türkischer Gastarbeiter studierte als Einzige in der Familie. Heute ist sie die erste Frau in Europa, die einem Patienten ein Kunstherz implantierte. Das ist ein Bereich in der Medizin, der sonst von Männern dominiert wird. Das Leben von Dilek Gürsoy bietet alles, was eine gute Geschichte ausmacht – wir erzählen sie bei Handelsblatt Mindshift.

Unser Partner von Handelsblatt Mindshift

Wenn Sie nach dem Hören Lust auf noch mehr Denkanstöße haben und vielleicht auch selbst aktiv werden wollen, möchten wir Ihnen das Leader.In-Netzwerk ans Herz legen – unser Partner für diese Podcast-Staffel. Vor fünf Jahren haben Deloitte, der BDI und das Handelsblatt Leader.In ins Leben gerufen, um in einem Netzwerk Menschen und verschiedene Perspektiven rund um die Themen Diversity und Leadership zusammenzubringen. Schauen Sie gerne auf www.leaderin.de vorbei oder besuchen Sie uns in der Leader.In-Linkedin-Gruppe.