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Behörden empfehlen 566 Schnelltests für Testzentren, haben aber nur bei der Hälfte die Wirksamkeit überprüft

Eine Krankenschwester eines mobilen Test-Teams des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ordnet die Testergebnisse von Corona-Schnelltests in der DRK-Seniorenbetreuungseinrichtung Saalower Berg.
Eine Krankenschwester eines mobilen Test-Teams des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ordnet die Testergebnisse von Corona-Schnelltests in der DRK-Seniorenbetreuungseinrichtung Saalower Berg.

Viele Corona-Schnelltests in Deutschland vermitteln eine falsche Sicherheit. Hunderte verschiedene sogenannte Antigen-Tests für das Erkennen des Coronavirus sind in Deutschland auf dem Markt – ohne, dass es ein gründliches Zulassungsverfahren gibt. Staatliche beziehungsweise pharmazeutische Kontrollen sowie Überprüfungen finden selten statt. Und Tests, die von Experten, etwa des Paul-Ehrlich-Instituts, als mangelhaft bewertet werden, bleiben trotzdem frei zugänglich.

Business Insider gibt einen Einblick, warum Schnelltests in Deutschland häufiger als gedacht nicht ihren Zweck erfüllen, nämlich Corona-Infektionen nachzuweisen.

Wer darf Corona-Schnelltests anbieten?

Jeder Hersteller, der eine sogenannte CE-Kennzeichnung für die von ihm angebotenen Corona-Schnelltests vorlegen kann, darf die Tests anbieten. Die CE-Kennzeichnung wird jedoch nicht von staatlichen oder pharmazeutischen Prüfungsstellen ausgegeben. Nach EU-Recht muss der Hersteller nur selbst eine sogenannte Konformitätserklärung abgeben und bei der EU hochladen.

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Das heißt, wenn ein Hersteller sagt, sein Produkt entspreche den in der EU geltenden Anforderungen, kann er das CE-Kennzeichen auf sein Produkt setzen. CE ist hier also nicht als unabhängiges Qualitätssiegel zu verstehen. Die Hersteller geben an – oder vor, dass ihre Tests funktionieren. Anschließend können sie diese verkaufen und das unabhängig davon, ob sie tatsächlich im Labor geprüft wurden oder nicht.

Wie viele Anbieter von Corona-Schnelltests gibt es in Deutschland?

Genau kann das niemand sagen, nicht das Gesundheitsministerium, nicht die Landesgesundheitsministerien – und auch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nicht. Dies führt zwar eine Liste mit zurzeit 566 Corona-Schnelltests. Diese umfasst jedoch nicht alle Tests, die in Deutschland zum Verkauf stehen. Auf der BfArM-Liste landen stattdessen nur Tests von Anbietern, die sich aktiv bei der BfArM melden, um in die Liste aufgenommen zu werden. Nur Schnelltests, die auf der BfArM-Liste stehen, werden laut Corona-Testverordnung der Bundesregierung auch vom Staat bezahlt, wenn Testzentren oder Ärzte sie durchführen. Der Bund zahlt Erstattungen in Milliardenhöhe. Es macht also Sinn für Test-Anbieter, sich bei der BfArM zu melden. Doch vorgeschrieben ist es nicht. Corona-Schnelltests können in Deutschland auch verkauft werden, ohne bei der BfArM gemeldet zu sein.

Wer überprüft, ob die Corona-Schnelltests wirklich wirken?

Laut der in der Corona-Testverordnung festgehaltenen Mindestkriterien für Corona-Antigentests können diese durch "verschiedene Institutionen in Deutschland (unter anderem das Robert-Koch-Institut; Paul-Ehrlich-Institut; Konsiliarlabor für Coronaviren; Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr)" überprüft werden.

Tatsächlich nimmt das Paul-Ehrlich-Institut die allermeisten Überprüfungen von Corona-Schnelltests in Deutschland vor – jedoch nur von Tests, die auch auf der Liste der BfArM zu finden sind. Nach aktuellem Stand hat das Paul-Ehrlich-Institut aber nur 315 der 566 Tests auf der Liste überprüft und abgesegnet. Das heißt, bei 251 der gelisteten Corona-Schnelltests ist unklar, ob sie den Mindestkriterien wirklich entsprechen.

Auf Anfrage von Business Insider teilt das BfArM mit, dass seit Beginn des Einsatzes von Corona-Schnelltests in Deutschland knapp 70 Tests nach einer Überprüfung des Paul-Ehrlich-Instituts wegen Mängeln von der Liste gestrichen wurden. Unter den 251 untersuchten Tests könnten sich weitere solcher mangelhaften Tests befinden. Tatsächlich hatte das Paul-Ehrlich-Institut Anfang November mitgeteilt, dass es bei einer Überprüfung von 122 Corona-Schnelltests 26 identifizieren konnte, die eventuelle Corona-Infektionen nicht genau genug erkennen. Das heißt: Jeder fünfte Test in der Studie war mangelhaft.

Was passiert mit mangelhaften Corona-Schnelltests?

Wenn das Paul-Ehrlich-Institut einen nicht ausreichend wirksamen Corona-Schnelltest auf der Liste der BfArM entdeckt, wird dieser aus der Liste gestrichen. Die Anwendung des Tests wird infolge nicht mehr vom Bund vergütet – kann aber weiter, etwa für den Eigengebrauch, verkauft werden. Das bedeutet: Tests, die das Paul-Ehrlich-Institut für mangelhaft hält, bleiben in Deutschland weiter im Umlauf.

Für den Verbraucher ist dabei häufig nicht nachvollziehbar, ob der gekaufte Corona-Schnelltest ausreichend wirksam ist. Es besteht die Möglichkeit, den gekauften Test mit der BfArM-Liste abzugleichen, um zu sehen, ob er vom Paul-Ehrlich-Institut abgenommen wurde. Doch weder ist die Liste komplett, noch zeigt sie die knapp 70 Tests, die vom Institut als mangelhaft bewertet und von ihr gelöscht wurden. Lediglich die 26 Tests, die durch das Paul-Ehrlich-Institut in seiner Studie untersucht wurden, sind in dieser einsehbar.

Die fehlerhaften oder nicht wirksamen Tests aus dem Verkehr zu ziehen, wäre letztlich Aufgabe der Pharmazie-Dezernate der Landes- und Bezirksämter in Deutschland. Sie sind für die Überprüfung von Arzneimitteln und Medizinprodukten – wie Corona-Schnelltests es sind – zuständig. Die Ämter können bei Mängeln das CE-Kennzeichen und den Marktzugang entziehen. Und tun sie das auch? Nur in den seltensten Fällen.

Wie viele Corona-Schnelltests wurden in Deutschland wieder vom Markt genommen?

Business Insider hat alle der knapp 30 zuständigen Landes- und Bezirksämter in Deutschland angefragt: Wie viele Corona-Schnelltests wurden durch sie überprüft? Wie viele wurden aus dem Verkehr gezogen? Ein Teil der Ämter verwies die Anfrage an die Gesundheitsämter der Länder, die wiederum keine Antwort geben konnten und an das BfArM verwiesen, das wiederum an die Landes- und Bezirksämter verwies. Ein weiterer Teil dieser Ämter, der nicht an die Landesgesundheitsministerien verwies, verwies an das BfArM, das wiederum an die Landes- und Bezirksämter verwies.

Nur die wenigsten Ämter geben konkrete Antworten. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Mecklenburg-Vorpommern hat keine Corona-Schnelltests überprüft oder vom Markt genommen. Das Gleiche gilt für die Bezirksregierungen in Düsseldorf, Tübingen und Oberfranken. Das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz teilt mit, das Paul-Ehrlich-Institut habe alle in Thüringen hergestellten Corona-Schnelltests abgesegnet. In Hamburg wird keine entsprechende Statistik geführt; in Bremen gibt es keine Schnelltest-Hersteller. Lediglich das Regierungspräsidium in Karlsruhe gibt an, vier Corona-Schnelltests zwei verschiedener Hersteller nach Hinweisen auf Mängel überprüft zu haben. In der Folge sei es zu Beanstandungen der Wirkung und Durchführung der Tests gekommen. Allerdings sei keiner der Tests sei vom Markt genommen worden, heißt es.