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„Wir befinden uns längst in einem Wirtschaftskrieg“

Der US-Präsident weiß um die relative Immunität der US-amerikanischen Volkswirtschaft gegenüber Verwerfungen des Welthandels. Und genau dies macht ihn zu einem wenig zuverlässigen handelspolitischen Gesprächspartner.

Präsident des Handelsblatt Research Institute Foto: dpa
Präsident des Handelsblatt Research Institute Foto: dpa

In der vergangenen Woche hatten sich Union und SPD – nach einem zähen Verhandlungsmarathon – auf eine Grundrente für langjährige Geringverdiener geeinigt. Diesen Kompromiss hatte ich begrüßt. Skeptisch sehe ich dagegen, dass quasi als Anhängsel, die unpopuläre „Doppelverbeitragung“ von Betriebsrenten deutlich abgemildert wurde. Hierbei geht es um Folgendes: Bis zum 31. Dezember 2003 wurde von Betriebsrenten nur ein ermäßigter Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner einbehalten, d. h. Betriebsrenten wurden abgabeseitig begünstigt.

Seit dem 1. Januar 2004 wurde dann – als Folge der damaligen prekären Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – von Betriebsrenten nicht mehr nur der halbe, sondern der gesamte Beitragssatz zur Krankenversicherung der Rentner – derzeit durchschnittlich 15,6 Prozent – einbehalten. Allerdings galt eine Freigrenze, sofern die Betriebsrente nicht über 155,75 Euro im Monat liegt.

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Für die Betriebsrentner*innen führte dies zu einer spürbaren Einbuße. Dennoch handelte es sich dabei nicht um eine Doppelverbeitragung, sondern um eine Gleichbehandlung von Betriebsrenten und gesetzlichen Renten. Dies hatte auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt.

Eine Rückkehr zum Rechtsstand des Jahres 2003 hätte zu einem stattlichen Einnahmeverlust der GKV in Höhe von etwa drei Milliarden Euro jährlich geführt. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat sich die GroKo darauf geeinigt, die derzeitige Freigrenze in einen Freibetrag umzuwandeln. Von diesem Freibetrag profitieren alle 17,4 Millionen Empfänger*innen einer Betriebsrente.

Daher beläuft sich der Beitragsausfall für die GKV auf immerhin 1,2 Milliarden Euro jährlich. Finanzierungslücken in den ersten Jahren sollen durch Entnahmen aus dem Gesundheitsfonds gestopft werden. Früher oder später werden aber die Beitragszahler dafür aufkommen müssen, was letztlich einer regressiv wirkenden Subvention der Betriebsrenten aus GKV-Beiträgen gleichkommt.

Angesichts des hohen Beschäftigungsstandes und der recht kräftigen Lohnsteigerungen in den vergangenen Jahren ist derzeit ein Beitragsausfall in dieser Größe zu verkraften. Aber es sei die Prognose gewagt, dass in wenigen Jahren nicht die Grundrente zur politischen Disposition stehen wird, mutmaßlich aber diese Beitragsprivilegierung von Betriebsrenten.

Denn dann werden die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand wechseln, und die Anzahl nicht nur der Rentner, sondern auch der Betriebsrentner – im Vergleich zu den abhängig Beschäftigten – wird markant ansteigen. Aber leider ist nun einmal in einer parlamentarischen Demokratie das Ende der Legislaturperiode gleichzeitig nicht selten auch das Ende des Planungshorizontes vieler Politiker. Diesen Preis muss man freilich zahlen – es sei denn, man hat Sehnsucht nach dem „weisen Diktator“.

Ein gespaltenes Konjunkturbild

„Die konjunkturelle Grundtendenz blieb schwach. Ausschlaggebend hierfür war erneut der anhaltende Abschwung in der exportorientierten Industrie. Derweil sorgten die binnenwirtschaftlich orientierten Sektoren nach wie vor für einen gewissen Auftrieb.“ Mit diesen Worten beschrieb die Deutsche Bundesbank in ihrem am Montag erschienenen Bericht für den Monat November die gesamtwirtschaftliche Lage des Landes.

Zu diesem Bild einer gespaltenen Konjunktur passen daher sowohl die Aussage des BDI-Hauptgeschäftsführers Joachim Lang, wonach sein Verband „für das das laufende Jahr einen Rückgang der Produktion im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland um vier Prozent“ erwartet, als auch das Statement des HDE-Hauptgeschäftsführers Stefan Genth, „der Konsum entwickelt sich robust und trotzt dem gesamtwirtschaftlichen Abwärtstrend“.

Das politische Geschehen in Washington gibt leider keinen Anlass, auf ein alsbaldiges Wiederanziehen der Welthandelsdynamik und damit des Exports deutscher Industrieprodukte zu hoffen. Denn nicht zuletzt der – die deutsche, höchst exportorientierte Autoindustrie hart treffende – Handelskonflikt zwischen den USA und der EU ist beileibe nicht ausgestanden. Auch wenn Donald Trump die am Donnerstag letzter Woche auslaufende Frist zur Verlängerung neuer Strafzölle auf Autoimporte aus Ländern der EU verstreichen ließ.

Diese Auseinandersetzung zwischen der US-Administration und der EU – stellvertretend für die deutschen Automobilproduzenten – wird man mit Fug und Recht als „frozen conflict“ bezeichnen können, der jederzeit wieder „scharf gestellt“ und ausgeweitet werden kann. Denn es steht zu befürchten, dass Donald Trump bald wieder eine rüde Attacke gegen China, die EU oder Deutschland reiten wird, um von seinem drohenden Impeachment-Verfahren abzulenken.

Der bekannte US-amerikanische Ökonom Robert Shiller, einer der drei Wirtschaftsnobelpreisträger des Jahres 2013, geht sogar noch einen Schritt weiter. Er lässt sich mit den Worten zitieren: „Wir befinden uns längst in einem Wirtschaftskrieg (, denn Trump) spürt, dass er mit seinem aggressiven Protektionismus anderen Staaten mehr Schaden zufügen kann als der eigenen Volkswirtschaft.“

Der Offenheitsgrad einer Volkswirtschaft, die Summe aus Exporten und Importen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, ist eine einfache, aber aussagekräftige Kennziffer für die Integration einer Volkswirtschaft in den internationalen Güteraustausch. Die stattlichen 87,2 Prozent für Deutschland belegen, dass die deutsche Volkswirtschaft wie ein „Korken auf der Weltkonjunktur“ schwimmt, während die bescheidenen 27,1 Prozent für die USA erkennen lassen, dass diese Ökonomie wesentlich weniger von Störungen des freien Welthandels betroffen wird.

Sicher, Trump mag wenig gebildet sein, aber dumm er ist er sicher nicht. Er weiß sehr genau um die Widerstandsfähigkeit der US-amerikanischen Volkswirtschaft gegenüber Verwerfungen des Welthandels. Und genau dies macht ihn zu einem wenig verlässlichen handelspolitischen Gesprächspartner.

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