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BECHTLE IM FOKUS: Höhenflug dank Homeoffice - Aber wie lange noch?

NECKARSULM (dpa-AFX) - Der IT-Dienstleister Bechtle <DE0005158703> gehört eindeutig zu den Gewinnern der Corona-Krise - zumindest bislang. Der Lockdown und das massive Verlagern von Arbeitsplätzen ins Homeoffice haben im ersten Quartal für gute Geschäfte gesorgt. Unternehmenschef Thomas Olemotz drückt aber auf die Euphoriebremse - an der Börse verhallte das zunächst, die Aktie kletterte auf ein Rekordhoch. Wie die Lage im Unternehmen ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt gelaufen ist.

LAGE DES UNTERNEHMENS:

In den ersten drei Monaten legten Umsatz und Gewinn deutlich zu. Zwar bekam auch der IT-Dienstleister aus Neckarsulm die Folgen der Pandemie zu spüren, weil viele Projekte verschoben wurden und es vereinzelt Lieferschwierigkeiten bei Hardware gab. "Allerdings haben wir im Industrieumfeld wie bei unseren öffentlichen Kunden auch einen starken Nachfrageschub gespürt, insbesondere bei der Ausstattung von Homeoffices und bei technischen Lösungen rund um die Umsetzung virtueller Formen der Zusammenarbeit", hatte Olemotz bei der Vorlage der Quartalszahlen Anfang Mai gesagt.

Er geht aber nicht davon aus, dass es so gut weitergeht und kündigte ein "verhaltenes zweites Quartal" an. Im ersten Quartal hätten Kunden vor allem arbeitsplatzbezogene Investitionen vorgezogen, auch um die Arbeitsfähigkeit sicherzustellen, sagte er in einer Telefonkonferenz. Komplexere IT-Projekte hätten dagegen einen größeren Vorlauf und seien angesichts der Beschränkungen eher nicht angegangen worden. Das dürfte sich auch im zweiten Quartal fortsetzen, das könne man auch bereits im Auftragseingang aus dem April sehen.

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Zudem drohen größere Lieferprobleme als bisher. Rund 70 Prozent der IT-Hardware werde in China gefertigt, sagte Olemotz. Es dauere acht Wochen, bis die Teile in Europa ankämen - die Einschränkungen in dem zuerst von der Pandemie betroffenen Land würden Europa damit im zweiten Quartal treffen, selbst wenn in China mittlerweile wieder nahezu normal produziert würde. In den ersten drei Monaten habe Bechtle noch nicht mit massiven Lieferschwierigkeiten klarkommen müssen, sagte der Vorstandschef.

Das 1983 gegründete Unternehmen bietet den Kunden das Einrichten und Verwalten ihrer IT-Systeme und Netzwerke an und betreibt zusätzlich einen Online-Shop für IT-Produkte. Dank Zukäufen wuchs die Handelssparte - vor allem dank der übernommenen französischen Inmac Wstore - zuletzt schneller als die Branche der sogenannten Systemhäuser. Bechtle hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz inzwischen 75 IT-Systemhäuser sowie 24 IT-Handelsgesellschaften in 14 Ländern Europas. Die Mitarbeiterzahl lag zuletzt bei knapp 12 000.

DAS MACHT DIE AKTIE:

An der Börse kamen die Zahlen zum ersten Quartal sehr gut an - das im MDax <DE0008467416> notierte Bechtle-Papier stieg binnen Tagen um bis zu elf Prozent auf 157,80 Euro, bevor es im Zuge des schwachen Gesamtmarkts wieder etwa an Boden verlor. Unter dem Strich notiert die Aktie aber immer noch über dem Niveau, das sie vor der Bekanntgabe der Quartalszahlen hatte.

Die Bechtle-Anteile gehören unter den deutschen Standardwerten bisher zu den wenigen Gewinnern im Corona-Crash, der die Aktienmärkte jetzt schon fast zwei Monate fest im Griff hat. Seit Mitte Februar legte die Aktie knapp fünf Prozent zu, während der MDax fast ein Fünftel nachgab. Damit setzte das Papier den guten Lauf der vergangenen Jahre fort.

Seit Anfang 2015 summieren sich die Kursgewinne auf rund 335 Prozent, seit Anfang 2010 sogar auf fast 1500 Prozent. Auf Zehn-Jahressicht hat sich Bechtle damit knapp sieben Mal besser entwickelt als der MDax, in dem die Aktie seit einer Index-Neuordnung der Deutschen Börse neben der TecDax-Notiz <DE0007203275> gelistet ist.

Besser als Bechtle haben sich in den vergangenen zehn Jahre nur wenig deutsche Aktien aus den großen Indizes entwickelt. Zu ihnen zählt unter anderem der kleinere Konkurrent Cancom <DE0005419105>, dessen Anteile sich seit Anfang 2010 um rund 2600 Prozent verteuerten. Gemessen am Marktwert hat Bechtle mit etwas mehr als sechs Milliarden Euro aber deutlich die Nase vorn.

Mit dem jüngsten Anstieg überholte Bechtle bei der Marktkapitalisierung auch die beiden Dax-Werte Covestro und Lufthansa, die im Corona-Crash bisher kräftig an Boden verloren. Hauptprofiteur des Börsen-Höhenflugs der vergangenen Jahre ist die Familie des Mitgründers Gerhard Schick mit 35 Prozent. Der Streubesitzanteil von Anlegern mit weniger als 3 Prozent Anteil beträgt rund 40 Prozent.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Angesichts der sich auch für Bechtle abzeichnenden Eintrübung und des rasanten Anstiegs der Aktie ist das Gros der Experten mit Blick auf die weitere Entwicklung des Papiers zurückhaltend. Acht der zehn im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten stufen die Aktie derzeit mit Halten ein - es gibt zudem je eine Kaufen- und eine Verkaufen-Empfehlung.

Das durchschnittliche Kursziel liegt mit etwas mehr als 125 Euro auch deutlich unter dem aktuellen Niveau, auch wenn einige Experten nach den Quartalszahlen positiv reagierten. So erhöhte der renommierte Tech-Analyst Knut Woller von der Baader Bank sein Kursziel von wegen der verbesserten Aussichten auf 169 Euro. Er ist auch der einzige Experte mit einer Kaufempfehlung für das Papier.

Auf der anderen Seite steht Alina Köhler von der Privatbank Hauck & Aufhäuser. Sie bekräftigte ihre Einstufung nach den Quartalszahlen mit "Sell" und beließ ihr Kursziel bei 80 Euro. Das erste Quartal sei solide gewesen. Die Bewertung der Papiere sei jedoch nicht in Einklang zu bringen mit den Markterwartungen. Ihre Vorsicht begründete sie vor allem mit dem begrenzten Margenpotenzial.

Andere Analysten wie DZ-Bank-Experte Thorsten Reigber hoben zwar ihre Ziele, blieben aber angesichts der zuletzt starken Kursgewinne zurückhaltend. Reigber hob zwar den fairen Wert für Bechtle auf 146 (zuvor: 109) Euro an, blieb aber bei seiner neutralen Einstufung. Bechtle habe gut abgeschnitten und von seinem hohen Umsatzanteil im öffentlichen Sektor in Deutschland profitiert, erklärte der Experte. Mittel- bis langfristig dürfte das Unternehmen seinen Marktanteil ausbauen und die anstehende Marktkonsolidierung gezielt für kleinere Übernahmen nutzen. Allerdings seien die Aktien im Branchenvergleich weiterhin hoch bewertet.

Ähnlich sehen dies die Analysten der Deutschen Bank und Warburg Resarch. Der Warburg-Research-Analyst Andreas Wolf stufte deshalb auch die Aktie von "Buy" auf "Hold" ab, obwohl er das Kursziel um 45 Euro auf 155 Euro anhob.