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Bayer: Der Sargnagel für Glyphosat

Die Bayer-Aktie konnte sich zuletzt wieder stabilisieren und die 60-Euro-Marke zurückerobern. Ein Ende beim Dauerthema Glyphosat hingegen ist nicht absehbar – ganz im Gegenteil. So warnen einige Experten vor toxischen Risiken durch Glyphosat und stellen die wissenschaftliche Grundlage der Zulassung infrage. Das EU-Parlament ordnete eine neue, systematische Überprüfung aller verfügbaren Arbeiten über die krebsauslösenden Eigenschaften des Herbizids an.

„Reales Risiko, dass Glyphosat Krebs verursacht“

Der renommierte deutsche Epidemiologe Professor Eberhard Greiser warnte jetzt erneut vor dem Gebrauch von Glyphosat. „Ich halte es für ein sehr reales Risiko, dass Glyphosat Krebs verursacht“, so die Aussage des ehemaligen Direktors des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin.

Der emeritierte Medizin-Professor hatte bereits 2015 den Landwirtschaftsausschuss des Bundestags als Sachverständiger beraten, als es um die Wiederzulassung des Wirkstoffs ging. Greiser analysierte 92 Studien, die das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) herangezogen hatte, um zu bewerten, wie gefährlich Glyphosat für die Gesundheit ist. Das Urteil von Greiser fiel vernichtend aus, da das BfR seiner Aussage zufolge einen Großteil seiner Bewertung einfach von Monsanto übernommen habe.

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Fälschungen akzeptiert?

„Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat Fälschungen der ´Glyphosate Task Force´ unter Führung von Monsanto akzeptiert und an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weitergeleitet. Diese Entscheidung und die darauf erfolgten Entscheidungen der weiteren europäischen Behörden bedeuten eine erhebliche Gefährdung der Bevölkerung“, schrieb Greiser in einer zusammenfassenden Bewertung.

Wortwörtlich bei der Industrie abgeschrieben?

Ein Vorwurf, den inzwischen auch andere Wissenschaftler wie der Biochemiker Helmut Burtscher-Schaden und der Plagiatsforscher Stefan Weber erheben: Das BfR habe die Risikobewertung von 58 Studien wortwörtlich bei der Industrie abgeschrieben. Damit sei die wissenschaftliche Grundlage der Zulassung stark infrage gestellt, befand Burtscher-Schaden erst vor wenigen Wochen. Er und Weber waren von Fraktionen des EU-Parlaments mit der Untersuchung beauftragt worden.

Das EU-Parlament reagierte daraufhin mit einer Entschließung, welche das EU-Zulassungsverfahren erheblich veränderte. Auch solle es eine neue, systematische Überprüfung aller verfügbaren Arbeiten über die krebsauslösenden Eigenschaften von Glyphosat geben.

Ökonom: Umweltbehörde übernahm Industriestudien

Der US-Agrarökonom Charles Benbrook kam zu ähnlichen Erkenntnissen wie Greiser, Burtscher-Schaden und Weber. Der Experte weist darauf hin, dass das Urteil der US-Umweltbehörde EPA, dass Glyphosat nicht das Erbgut veränderte, vor allem auf Studien basiere, die von der Industrie selbst in Auftrag gegeben werden und nicht veröffentlicht worden seien.

Landwirte sind hohen Konzentrationen ausgesetzt

Benbrook zufolge ließ die EPA außer Betracht, dass Anwender des Herbizids viel höheren Konzentrationen ausgesetzt sein könnten. Die Kläger in den USA sind aber zum Beispiel Landwirte oder Heimgärtner. Regulierungsbehörden etwa in der Europäischen Union und Kanada kämen „im Wesentlichen aus den gleichen Gründen“ zum gleichen Ergebnis wie die EPA, so Benbrook. Sie würden im Großen und Ganzen dieselben Studien der Industrie zitieren.

Im Gegensatz hierzu habe sich die Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation überwiegend auf wissenschaftlich evaluierte Erhebungen bezogen, die ein Krebsrisiko anzeigen würden. Daher habe die IARC das Herbizid seinerzeit als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

Das Urteil der Kings Universität in London

Zu einem negativen Urteil kommt auch Dr. Robin Mesnage von der Abteilung der medizinischen und molekularen Genetik an der Kings Universität in London. Seiner Ansicht nach zeigen Datenanalysen, dass Roundup als meistverwendete Marke von Herbiziden aus Glyphosat um ein Vielfaches giftiger sei als Glyphosat allein für sich. Gerade wegen der Mischung mit weiteren giftigen Chemikalien sei Roundup so gefährlich.

Zu viele Unwägbarkeiten

War hat bezüglich des Themenbereichs Glyphosat nun recht? Die in Nordamerika und in der Europäischen Union tätigen Zulassungsbehörden, die kein Krebsrisiko durch das Herbizid sehen? Oder die oben erwähnten Experten, welche auf potenzielle Gefahren aufmerksam machen? Anders ausgedrückt: Sind die Aussagen von Greiser, Benbrook und Co. der Anfang vom Ende – also der anfängliche Sargnagel – für Glyphosat?

Wir können es nicht wissen. Es wird allerdings immer offensichtlicher, dass Bayer durch die Monsanto-Übernahme viel angreifbarer geworden ist. Es ist daher nicht ganz ausgeschlossen, dass in naher Zukunft womöglich neue Studien veröffentlicht werden, welche ein Krebsrisiko von Glyphosat beweisen. In diesem unwahrscheinlichen Szenario könnte der glyphosatbasierte Unkrautvernichter Roundup zwangsweise vom Markt genommen werden. Konservative Anleger bleiben daher vorsichtig und lassen von der Bayer-Aktie weiter die Finger.