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Bayer steckt bis zu vier Milliarden Dollar in den Gentherapie-Spezialisten Ask Bio

Mit der Übernahme der US-Firma will Bayer sein von Patentabläufen bedrohtes Pharmageschäft stärken. Die Aktie legt gegen den Trend zu.

Bayer steht unter Druck, das eigene Entwicklungsprogramm im Pharmabereich zu verstärken. Foto: dpa
Bayer steht unter Druck, das eigene Entwicklungsprogramm im Pharmabereich zu verstärken. Foto: dpa

Mit seiner bisher größten Akquisition im Biotechsektor will Bayer zu einem führenden Akteur in der Gen- und Zelltherapie aufsteigen. Für bis zu vier Milliarden Dollar (rund 3,4 Milliarden Euro) übernimmt der Leverkusener Konzern die nicht börsennotierte US-amerikanische Biotechfirma Asklepios Biopharmaceuticals (Ask Bio).

Der Leverkusener Konzern baut dadurch seine Position in einem aussichtsreichen, wenn auch schwierigen Gebiet der modernen Medizin aus. Gentherapien zeichnen sich dadurch aus, dass sie defekte Gene in den Körperzellen abschalten und durch neue Gene ersetzen. Die Therapie erfolgt also nicht wie üblich über chemische oder biologische Wirkstoffe, sondern setzt direkt an der DNA des Menschen an.

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Viele Pharmafirmen verstärken ihre Forschung auf diesem Gebiet. Die 2001 gegründete Ask Bio verfügt nach eigenen Angaben über eine besonders breite Technologie- und Patentbasis für Gentherapien und arbeitet unter anderem an Therapien gegen neurologische Störungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und seltene Erbkrankheiten. Mehrere dieser Projekte befinden sich in der frühen und mittleren Phase der klinischen Tests.

Bayer will diese Mittel nun gemeinsam mit dem eigenständig bleibenden US-Unternehmen zur Marktreife bringen. Die Hälfte des Kaufpreises für Ask Bio wird direkt fällig, die übrigen zwei Milliarden Dollar fließen in Abhängigkeit von verschiedenen Entwicklungserfolgen in den nächsten Jahren.

Das Management sendet zwei Signale

Die Leverkusener setzen mit der Übernahme zwei Signale: Sie erwarten vom Zukauf zum einen neue Medikamente mit großem Umsatzpotenzial, mit denen die Pharmasparte gestärkt wird. Schließlich wird Bayer in den kommenden fünf Jahren den Patentschutz bei wichtigen Arzneien verlieren, allen voran beim aktuellen Kassenschlager, dem Gerinnungshemmer Xarelto.

Zum anderen unterstreicht das Management, dass es für diese notwendige Stärkung Milliarden in die Hand nimmt und die Finanzlage dies offenbar auch hergibt. Zuletzt waren an der Börse Zweifel daran aufgekommen, nachdem Bayer Anfang Oktober die Gewinnerwartung für 2021 nach unten gesenkt und ankündigt hatte, Dividenden nur noch am unteren Rand der angekündigten Spanne zu zahlen.

Bayer hatte dies mit einer schwächeren Entwicklung des Agrargeschäfts begründet. Eigentlich sollte ein blühendes Geschäft rund um die Übernahme von Monsanto in den nächsten Jahren den benötigten Cashflow für die Stärkung des Pharmageschäfts, für Dividendenzahlungen und für den milliardenschweren Vergleich mit den Glyphosat-Klägern bringen.

Doch das Geld aus der Agrarsparte wird nicht so üppig fließen wie erhofft, wie Bayer nun eingestehen musste. Der Vorstand reagiert darauf mit einem neuen Sparprogramm, das die Kosten um weitere 1,6 Milliarden Euro senken soll. Die Gewinnwarnung hat Bayer seit Anfang Oktober einen Kursverlust von 18 Prozent beschert, die Aktie notiert so tief wie seit 2011 nicht mehr.

Die nun verkündete Biotech-Übernahme in den USA wurde an der Börse am Montag aber positiv aufgenommen. Gegen den Dax-Trend legte die Bayer-Aktie leicht zu. Die Analysten der UBS werten den Kauf als „smarten Vorstoß“ und als eindeutiges Statement, dass das Management hinsichtlich der bilanziellen Lage des Konzerns zuversichtlich sei.

Den Kauf von Ask Bio sieht Bayer-Pharma-Chef Stefan Oelrich als ideale Ergänzung für die Zelltherapie-Firma Blue Rock, die Bayer 2015 mitgegründet und im vergangenen Jahr komplett übernommen hat. „Wir machen damit einen wirklich deutlichen Schritt nach vorne, um die Substanz unserer Pharmaforschung und -entwicklung zu stärken“, sagte Oelrich dem Handelsblatt. „Das bringt uns in eine einzigartige Position, um zu einem führenden Akteur im Bereich der Zell- und Gentherapien zu werden.“

Ask Bio testet unter anderem Produktkandidaten gegen Parkinson und Herzschwäche in klinischen Studien und arbeitet damit auch in Therapiebereichen, in denen Bayer ebenfalls über große Erfahrung verfügt und intensiv forscht. Zell- und Gentherapien können laut Oelrich theoretisch in vielen Bereichen eingesetzt werden. Der Zukauf eröffne damit den Aufbau einer Technologieplattform, etwa zur Therapie von seltenen Erbkrankheiten. Schon heute ist Ask Bio als Auftragsproduzent für andere Gentherapie-Firmen tätig.

Bayer steht unter Druck, das eigene Entwicklungsprogramm im Pharmabereich zu verstärken. Die Forschungs-Pipeline des Konzerns gilt aus Sicht vieler Analysten und Investoren als zu schwach, um den nahenden Patentablauf der aktuellen Bestseller aufzufangen.

Der Gerinnungshemmer Xarelto und das Augenmedikament Eylea, die rund 40 Prozent der Pharmaumsätze von Bayer erwirtschaften und bisher maßgebliche Wachstumstreiber sind, verlieren 2023 und 2025 in den wichtigsten Märkten ihren Patentschutz. Dem knapp 18 Milliarden Euro Umsatz großen Pharmageschäft könnte damit eine schmerzliche Umsatzdelle drohen.

Neue Lösung für Glyphosat-Vergleich in Sicht

Diese Perspektive ist für Bayer umso bedrohlicher, als der Konzern hohe Belastungen aus dem außergerichtlichen Vergleich im Zusammenhang mit dem Unkrautmittel Glyphosat wegstecken muss. Allein für die Beilegung der vorliegenden Klagen muss der Konzern mehr als zehn Milliarden Dollar aufwenden.

Zudem sind die Glyphosat-Risiken nicht aus der Welt: Es ist weiterhin offen, welche Lösung der Konzern im Umgang mit künftigen Klägern findet, die das Mittel in den kommenden Jahren für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen werden. Ein im Juni mit den Klägeranwälten beschlossenes Konstrukt dazu wurde vom zuständigen Gericht zurückgewiesen.

Wie es in Unternehmenskreisen heißt, soll noch vor Veröffentlichung der Quartalszahlen nächste Woche Dienstag eine modifizierte Einigung verkündet werden, die den Anforderungen des Gerichts entsprechen soll. Möglich ist, dass diese für Bayer noch mal teurer wird.

Die Lücke, die Xarelto im Pharmaportfolio hinterlassen wird, kann auch die Übernahme von Ask Bio nicht unmittelbar schließen, wie Oelrich einräumt. „Diese Annahme wäre nicht realistisch“, so der Bayer-Pharmachef. „Aber die Übernahme bringt unsere Pharmaforschung in eine wesentlich bessere Balance. Uns fehlte eine starke frühe Pipeline. Hier gewinnen wir substanzielle Assets hinzu.“

Oelrich verweist zudem darauf, dass der Konzern seine Produktentwicklung zuletzt auch durch weitere Deals verstärkt hat. Hiermit ist insbesondere der Erwerb der britischen Firma Kandy Therapeutics gemeint, die an einem Mittel gegen Wechseljahrsbeschwerden arbeitet und dieses ab 2021 in einer zulassungsrelevanten Studie testen will.

Als Hoffnungsträger im Bayer-Portfolio gelten ferner die Wirkstoffe Vericiguat gegen Herzinsuffizienz und Finerenone gegen chronisches Nierenversagen, für die Bayer nach guten klinischen Daten Zulassungsanträge eingereicht hat oder vorbereitet.