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Bayer-Chef wackelt nach geplatztem Glyphosat-Vergleich: Das ist Heiko Schipper, der als sein Nachfolger gehandelt wird

Vorstand Heiko Schipper. Foto: Bayer
Vorstand Heiko Schipper. Foto: Bayer

Es sollte ein Befreiungsschlag werden. Monatelang hatten hunderte Anwälte einen 11 Milliarden schweren Vergleich vorbereitet, der das Ende der Glyphosat-Klagen für Bayer bedeuten sollte. Doch gestern platzte der Deal. Der zuständige US-Richter Vince Chhabria zerpflückte den Vergleich, mit dem Bayer die Verfahren der Klägeranwälte von Krebspatienten aus der Welt schaffen wollte. Mit rund 96 000 der 125 000 Kläger hatte es schon eine Einigung gegeben. Die Hoffnung war, auch die übrigen und zukünftigen zu befrieden.

Obwohl es wissenschaftlich nicht erwiesen ist, dass der Unkrautvernichter Roundup krebserregend ist, wurde Bayer vor US-Gerichten zu Schadensersatz verdonnert. Tausende weitere Klagen drohen dem Konzern hohe Verluste zu bescheren.

Der Richterspruch ist auch eine herbe Niederlage für Bayer-Chef Werner Baumann, der ohnehin in der Kritik steht. Baumann war es, der den umstrittenen Monsanto-Kauf unbedingt durchziehen wollte und die Risiken unterschätzt hatte. Der Wissenschaftsstreit um Roundup und Monsanto tobt seit Jahren. Jetzt bekommt Baumann die Quittung. „Die nächsten Tage werden entscheiden, ob Baumann CEO bleibt“, heißt es in Konzernkreisen. Vieles hängt davon ab, wie hart die Urteile der Analysten ausfallen und wie sich der ohnehin schwache Börsenkurs entwickelt. Der Bayer-Chef wackelt.

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Die Diskussion um seine Nachfolge ist in vollem Gang. Nach Informationen von Business Insider nur ein interner Kandidat in Frage. Das Glyphosat-Debakel ist einerseits hochkomplex, andererseits möchte wohl niemand von außen dieses schwierige Erbe antreten. Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann beschäftigt sich schon länger mit der wichtigen Frage: Wer kommt nach Baumann? Der Name, der dabei am häufigsten fällt, ist Heiko Schipper. Der 51-jährige Niederländer gelte als Favorit auf die Nachfolge, erfuhr Business Insider aus Konzernkreisen.

Wer ist der Mann, auf dem die Hoffnungen des Traditionsunternehmens liegen? Wir trafen Heiko Schipper vor einiger Zeit zum Online-Interview in seiner Wohnung in Zürich. Vor der Pandemie pendelte er von Zürich zur Arbeit nach Basel, wo er seit April 2018 den Bereich Consumer Health führt. Das sind alle Marken, die in der Apotheke ohne Rezept erhältlich sind. Seit März 2018 ist Schipper ebenfalls Mitglied des Vorstands der Bayer AG. Er ist außerdem für den Bereich Asien Pazifik verantwortlich.

Bei der Frage nach einer möglichen Nachfolge als CEO winkt er gleich ab: „Darüber möchte ich nicht spekulieren. Ich habe eine Aufgabe, die mir sehr wichtig ist. Alles andere ist nicht in meiner Macht.“ Lieber spricht er darüber, wie er innerhalb von drei Jahren den Bereich Consumer Health wieder auf Vordermann gebracht hat. „Vor drei Jahren standen wir nicht gut da im Vergleich zu Johnson & Johnson, GSK, Proctor & Gamble, Sanofi, Reckitt und anderen Wettbewerbern im Bereich Consumer Health“, sagt Schipper. „Wir waren damals das Schlusslicht dieser Branche. Meine größte Herausforderung war es, wieder Wachstum zu schaffen. Das Portfolio von Bayer enthält starke und traditionsreiche Marken wie Aspirin, Claritin, Bepanthen, Canesten. Von den top 30 Marken der Branche gehören sechs zu Bayer.“

Wie hat der Mann, er vorher jahrelang für Nestlé gearbeitet hat, viele davon in Asien, den Turnaround für das Business geschafft? „Wir haben zunächst einmal die Situation analysiert. Wir hatten Produkte in vielen verschiedenen Bereichen, Vitamine, Magen-Darm, Erkältung oder Sonnenschutz. Einige Marken haben wir verkauft, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wir haben erkannt, dass unser Geschäft besonders stark ist, wenn es um wissenschaftsbasierte Produkte geht.“

Ein zweiter Punkt, den Schipper als Schwäche identifiziert hat, sind mangelnde Innovationen. „Aber hier machen wir große Fortschritte. Zum Beispiel haben wir vor kurzem eine Erweiterung von Bepanthen in Brasilien auf den Markt gebracht. Im Laufe dieses Jahres launchen wir das Produkt auch in Europa“, so Schipper. Die Forschung habe ergeben, dass 60 Prozent der Kunden mit trockener Haut unzufrieden mit ihrer Creme seien. Bepanthen Derma biete hier eine gute, innovative Lösung.

Ein Problem bereitete ihm der Erkältungs-Bereich. „Der Geschäftsbereich Grippe und Erkältung hat sich negativ entwickelt, weil durch Masken und durch Abstand weniger Leute krank werden. Auch dieser Bereich wird zur Normalität zurückkehren, aber um auf das vorherige Niveau zu gelangen, wird es noch Jahre dauern“, ist Schipper überzeugt. Am Anfang der Pandemie hätten viele Menschen Erkältungsmittel gehortet. „So hatten wir allein im ersten Quartal des vergangenen Jahres ein Wachstum von ungefähr 14 Prozent.“

Zukünftig will Schipper mehr auf digitales Marketing setzen. „Etwa, indem wir unsere Botschaften relevanter machen für jeden Einzelnen. Das bedeutet, weniger TV-Spots für die Masse und mehr sondern Zielgruppen-orientiertes Marketing, das sich um bestimmte Themen dreht, trockene Haut oder Magenprobleme zum Beispiel“, sagt der Bayer-Mann.

Nachhaltigkeit sei ebenfalls ein fester Bestandteil der Geschäftsstrategie bei Bayer. „Wir wollen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen mehr Menschen mit unseren Produkten erreichen. Dafür müssen sie günstiger sein, ein anderes Design haben und in kleineren Mengen verfügbar sein. Wir sehen ein großes Potenzial für neue Konsumenten in Lateinamerika und Südostasien, aber auch in den USA“, erklärt Schipper.

Welche Idee steckt hinter dem Management-Stil, der seinen Bereich zurück auf Wachstumskurs gebracht hat? Zum einen holte er starke Frauen in die Führung sowie Mitarbeiter aus der ganzen Welt. Darüber hinaus schaut er sich Erfolgsprinzipien aus dem Sport ab. „Ich bin seit meiner Kindheit ein Fan von Ajax Amsterdam. Und seit drei Jahren gibt es mit Bayer 04 Leverkusen noch einen anderen Verein in meinem Herzen. Aber Spass beiseite: Ich beobachte tatsächlich Teams im Spitzensport und achte darauf, welche Regeln sie verfolgen und was man davon übernehmen kann“, so der Niederländer.

„Das oberste Prinzip ist, dass alle in einem Team spielen. Im Fußball gibt es Verteidiger, Stürmer und den Torwart. Sie müssen zusammenarbeiten, wenn sie gewinnen wollen. Mit elf Stürmern gewinnen Sie kein Spiel.“