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Das Bauministerium als Baustelle: Ministerin Geywitz fehlen Mitarbeiter, Dienstwagen und ein Gebäude – das hat Folgen

Klara Geywitz kann derzeit noch nicht auf ein vollständig arbeitsfähiges Ministerium zurückgreifen
Klara Geywitz kann derzeit noch nicht auf ein vollständig arbeitsfähiges Ministerium zurückgreifen

Sie hat die Aufgabe, eines der wichtigsten Wahlversprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu erfüllen. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) soll dafür sorgen, dass in den kommenden vier Jahren 1,6 Millionen Wohnungen in Deutschland fertig gebaut werden. Doch bislang ist das Bauministerium selbst eine Baustelle. Auch ein halbes Jahr nachdem das Ministerium wieder eigenständig geworden ist, ist man weit von kompletter Arbeitsfähigkeit entfernt.

Die Probleme werden schon bei einem Blick auf die nackten Zahlen deutlich. Das Bauministerium übernahm die Zuständigkeit für das Thema Bauen vom Innenministerium, zusammen mit 300 Mitarbeitern. Zusätzlich genehmigte der Bundestag Anfang des Jahres 104 weitere Stellen, etwa für einen Leitungsstab. Davon sind bislang lediglich 22 besetzt.

Neue Beamte zu gewinnen, gestaltet sich schwierig, auch weil andere Ministerien ihre Leute nicht ziehen lassen wollen. Das führt dazu, dass die aktuellen Beamten unter einer noch höheren Arbeitsbelastung ächzen. Der Frust wächst.

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Auch in Schlüsselpositionen fehlen dem Ministerium Beamte. Geplant ist ein "Grundsatzreferat Sozialer Wohnungsbau", das bislang aus einer Person besteht, normal sind in der Regel fünf. Dieser Beamte kümmert sich gleichzeitig um das Prestigeprojekt "Bündnis bezahlbarer Wohnraum", bei dem Vertreter von Bund, Ländern, Bauverbänden und Gewerkschaften aufwändig koordiniert werden müssen.

Das bisherige Organigramm ist eher eine Wunschliste, wie man sich den Aufbau des Ministeriums vorstellt. Drei Fachabteilungen sind vorgesehen, doch ob dieser Plan umgesetzt werden kann, wird ein genauer Blick auf die genehmigten Gelder des Haushalts zeigen. Doch Beamte zu finden und einzuarbeiten, wird dauern. Aus dem Ministerium heißt es dazu: "Die vollständige Besetzung kann sich bis Ende des Jahres/Anfang 2023 ziehen." Die neuen Mitarbeiter einzuarbeiten, wird noch länger dauern.

Selbst in der Führungsebene des Hauses macht sich der Mitarbeitermangel bemerkbar. Insider berichten, dass Büroleiter für Gesprächspartner, die zu Besuch kommen, den Kaffee servieren. Neidisch blickt man auf die üppigen Mitarbeiterstäbe anderer Ministerien. In der Pressestelle gibt es bisher nur die Sprecherin der Ministerin, hinzu kommt eine Sachbearbeiterin. Erst seit wenigen Wochen gibt es jemanden, der das Redenschreiben übernimmt. Als Business Insider um Stellungnahme anfragt, entschuldigt sich die Sprecherin, nicht fristgerecht antworten zu können – es sei gerade zu viel los.

Das Grundproblem ist, dass das Ministerium noch kein Geld zur Verfügung hat. Das Haus ist zum ersten Mal seit 1998 wieder eigenständig, zuvor war das Thema beim Verkehrs-, Umwelt- und zuletzt beim Innenministerium angedockt. Erst kommende Woche will der Bundestag den Etat von fünf Milliarden Euro beschließen. Das führt zu kuriosen Situationen: Wenn Beamte Dienstreisen abrechnen, müssen sie das immer noch über das Bundesinnenministerium tun. Manche haben auch noch die E-Mail-Adresse des Innenministeriums.

Die gemeinsame Geschichte mit dem Innenministerium sorgt auch für Probleme bei der IT. Weil es dort um sensible Themen wie Verfassungsschutz und Polizei geht, ist der Sicherheitsstandard für Laptops und Handys deutlich höher. Diese Geräte seien aber in der Anwendung störrisch und scheitern daran, gleichzeitig Videokonferenzen und Mailprogramm laufen zu lassen. Am aktuellen Dienstsitz seien auch Internetgeschwindigkeit und Handyempfang ziemlich mau, berichten Mitarbeiter.

Nicht einmal ein echtes Zuhause hat das Bauministerium. Bisher ist Geywitz mit ihrem Rumpf an Beamten in der Berliner Krausenstraße untergebracht, deutlich weiter weg vom Bundestag als andere Ministerien. Es ist zu hören, dass der Fahrtweg zum Bundestag – 15 Minuten im Berliner Berufsverkehr, in Sitzungswochen auch mehrmals am Tag – Ministerin Geywitz auf die Nerven geht. Da sie kein Bundestagsmandat hat, verfügt sie im Parlament über kein Büro, verliert durch die Pendelei an ihren eng getakteten Tagen Arbeitszeit. Immerhin hat sie einen Dienstwagen, ihren Staatssekretären fehlen diese noch.

Daneben beschreiben viele den aktuellen Dienstsitz als "renovierungsbedürftig". Zu allem Überfluss wurde die Kantine geschlossen, weil sich herausstellte, dass sie nicht den Brandschutzstandards entsprach. Die Suche nach einem neuen Ministeriumsgebäude läuft.

Wichtige Ziele in Gefahr

Schaut man auf diese widrigen Startbedingungen, hat das Ministerium bereits einiges angeschoben, darunter das Bündnis bezahlbarer Wohnraum oder den Heizkostenzuschuss. Erst am Mittwoch stellte Geywitz mit ihren Kabinettskollegen Robert Habeck (Grüne) und Marco Buschmann (FDP) eine Neuaufteilung der Kosten aus der CO2-Bepreisung zwischen Vermietern und Mietern.

Parlamentarier wissen um den schwierigen Start, verlieren aber langsam die Geduld. "Nach der Sommerpause muss mehr Feuer rein", sagt ein Bundestagsabgeordneter der Koalition. Er bemängelt, dass es für wichtige Vorhaben noch keine Zeitpläne gäbe.

Die äußeren Umstände machen es Geywitz nicht leichter – und gerade das wichtigste Ziel, der Wohnungsbau, wird sie wohl verfehlen. Viele Bauherren legen Bauprojekte auf Eis, da die Bauzinsen und die Kosten Baumaterialien steigen. In der Branche und selbst im Ministerium rechnet kaum jemand damit, dass in diesem Jahr 400.000 Wohnungen gebaut werden können. Geywitz selbst spricht das nicht offen aus, sagt lediglich, das Ziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr sei "nicht leichter geworden". Und auch ein unfertiges Ministerium wird nicht dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen.