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Wie die Baubranche durch den Corona-Winter kommen will

Die Unternehmen fürchten die Folgen eines Corona-Ausbruchs auf Baustellen wie der Tesla-Fabrik in Grünheide. Mit welchen Maßnahmen sie dagegen kämpfen.

Schon in diesem Sommer will der US-Elektroautobauer Tesla in Grünheide die ersten Autos vom Band rollen lassen. Um den engen Zeitplan zu halten, darf es auch in der Corona-Pandemie keine Verzögerungen bei den beteiligten Baufirmen geben.

Tesla stelle hohe Anforderungen, und die Unternehmen auf der Baustelle rund 40 Kilometer südöstlich von Berlin „achten peinlichst darauf, dass die Corona-Regeln eingehalten werden“, sagte Carsten Burckhardt, Mitglied des Bundesvorstands der IG Bau, dem Handelsblatt. Mit zahlreichen Maßnahmen wollen die Firmen Stillstand aufgrund eines Coronavirus-Ausbruchs beim Vorzeigeprojekt vermeiden.

Der Fall zeigt, wie wichtig es für die Branche ist, sicher durch den Pandemie-Winter zu kommen. Schließlich ist die Bauwirtschaft seit Jahren ein wichtiger Wachstumstreiber für die deutsche Konjunktur. „Die Baubranche verstärkt ihre Sicherheitsvorkehrungen auf ihren Baustellen, um drohende Stilllegungen zu vermeiden“, sagt Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

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Nur vereinzelt wurden im vergangenen Jahr Baustellen stillgelegt, fehlten Materialien oder ausländische Fachkräfte aufgrund von Grenzschließungen. „Die Tatsache, dass die Unternehmen frühzeitig gehandelt und Schutzmaßnahmen ergriffen sowie Arbeitsprozesse angepasst haben, hat dazu geführt, dass wir glücklicherweise keine größeren Corona-Hotspots auf Baustellen zu verzeichnen hatten“, heißt es bei der Berufsgenossenschaft Bau.

Das Interesse der Branche, auch weiter gut durch die Krise zu kommen, ist hoch. Das dürfte nirgends so sehr wie für die Tesla-Baustelle in Brandenburg gelten. Die einzelnen Unternehmen dürfen sich auf Anweisung des Elektroautopioniers nicht zur Baustelle äußern. Auch Tesla selbst äußerte sich nicht zur Situation.

Doch die allgemeinen Standards der beteiligten Unternehmen sind hoch – und dürften auf den Fall Tesla übertragbar sein. So berichtet die Firma Goldbeck, eines der Generalunternehmen, dass mit den steigenden Infektionszahlen seit Herbst 2020 die Vorsichtsmaßnahmen im gesamten Unternehmen und auf allen Baustellen noch einmal verschärft wurden.

Branche vor „heikler Bauphase“

„Präsenztermine wurden nochmals reduziert, an unseren Standorten muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, wann immer Mitarbeitende ihren persönlichen Arbeitsplatz verlassen, und mit dem neuen Jahr haben wir auch unsere Betriebskantinen trotz umfassenden Hygienekonzepts wieder geschlossen“, berichtet eine Sprecherin. Im November habe man eigene Testzentren eröffnet, in denen sich Mitarbeiter per Schnelltest auf eine Corona-Infektion testen lassen können.

Auch auf den Baustellen hat Goldbeck Hygienemaßnahmen etabliert. Baucontainer wurden umgebaut, zusätzliche mobile Hygieneanlagen installiert und feste Teams gebildet. Alle Personen auf der Baustelle seien angehalten, jederzeit einen Mund-Nasen-Schutz bei sich zu tragen und diesen zu nutzen, sobald der Mindestabstand nicht eingehalten werden könne. Das gelte für Innen- sowie für die Außenbereiche.

Die Körpertemperatur der Mitarbeiter wird von Subunternehmern mit einem kontaktlosen Fieberthermometer gemessen, so Goldbeck. Personen mit einer auffälligen Körpertemperatur dürften nicht auf der Baustelle bleiben.

Das Unternehmen hat mehr als 70 Standorte in Europa, davon rund 45 in Deutschland. Rund 500 Bauprojekte werden jährlich in Deutschland und Europa umgesetzt – eines davon ist die Tesla-Fabrik. Auch die Berliner Arikon AG, die in Grünheide unter anderem für die Baumrodungen zuständig ist, hat unter anderem mit weiteren Baucontainern auf die Infektionslage reagiert. „Das sind erhöhte Kosten, aber Sicherheit geht vor.“

Erst vergangene Woche hatte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) vor wachsender Corona-Gefahr auf Baustellen gewarnt und Unternehmen für die kommenden Winterwochen zu einem noch mal verbesserten Infektionsschutz aufgefordert. Angesichts der Fallzahlen und einer drohenden Ausbreitung neuer Virus-Mutationen sprach IG-Bau-Chef Robert Feiger von einer „neuen Dimension bei der Infektionsgefahr im Job“.

Mit Blick auf den Gesundheitsschutz der Beschäftigten prophezeite er eine „heikle Bauphase“, die der Branche bevorstehe, und appellierte an Beschäftigte und Bauunternehmen, die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus auszuweiten.

Erste Corona-bedingte Insolvenzen

Auch die BG Bau fordert, bei den Maßnahmen nicht nachzulassen. „Insbesondere, wenn nun Arbeiten stärker nach innen verlegt werden, müssen die AHA+L-Regeln, also Abstand, Hygiene, Masken und Lüften, beachtet werden – um zu verhindern, dass das Infektionsgeschehen doch noch stärker in der Baubranche um sich greift“, warnt Frank Werner, stellvertretender Präventionsleiter der Baugenossenschaft.

„Oberste Priorität hat der Schutz der Beschäftigten“, betont auch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). „Unter Einhaltung der relevanten Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen kann weiter gebaut werden.“

Die Branche ist zuversichtlich, spürt aber die zunehmende Gefahr. In der ersten Welle im vergangenen Frühjahr habe es kaum Schwierigkeiten gegeben, sagt Pepijn Morshuis, Chef des Projektentwicklers Trei Real Estate. „Wenn es doch mal Probleme gab, lag das meistens an verspäteten Lieferungen von Materialien aus Ländern, die sich in einem kompletten Lockdown befanden. Insgesamt war das aber alles sehr überschaubar.“

Das habe sich geändert: „Die Lieferung von Materialien ist nun nicht mehr das Problem, alle Fabriken produzieren weiter – eine Herausforderung stellen inzwischen die Handwerker dar, die hauptsächlich aus dem Ausland kommen“, sagt Morshuis.

Diese seien über Weihnachten in ihre Heimat gefahren und kämen erst nach und nach wieder zurück. Diese müssten erst einmal in Quarantäne. „Deshalb sieht man zurzeit viele leere oder sehr ruhige Baustellen, was zu entsprechenden Verzögerungen bei den Fertigstellungen der Projekte führt“, so Morshuis.

Trei Real Estate berichtet von ersten Corona-Fällen im Baumanagement, die die Koordination auf den Baustellen erschwert haben. Auch habe man einige Insolvenzen bei Subunternehmen beobachtet, auch das verlangsame die Prozesse. „Insgesamt spürt man also in der aktuellen Welle der Pandemie deutlich mehr von Corona als im Frühjahr.“

Mehr Corona-Kontrollen gefordert

Gewerkschafter Burckhardt glaubt, dass die Lage beherrschbar ist. Auf dem Bau werde in der Regel im Freien, ohne Publikumsverkehr und in kleinen Teams gearbeitet. Und vor allem dort, wo es Betriebsräte gebe, gingen die Betriebe „hoch verantwortungsvoll mit der Pandemiesituation um und finden Wege, um den Baustellenbetrieb aufrechtzuerhalten“.

So würden die Anfahrten zu den Baustellen in eigenen Pkws oder in Kleinstgruppen organisiert. Hinzu kämen versetzte Anfangszeiten, feste Teams und mehr Pausenräume. Zudem werde auf die Hygiene noch mehr geachtet. Beschäftigte aus Risikogruppen, etwa mit chronischen Krankheiten, würden besonders geschützt.

Derzeit berät die IG Bau laut Burckhardt einzelne Betriebsräte und Unternehmen, die über die Anweisungen und Anforderungen hinaus noch mehr zum Schutz der Beschäftigten und zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes tun wollen. Als Beispiele nannte er regelmäßige Coronatests, Fiebermessungen, die Einrichtung von Kranken- und Isolierzimmern auf Montagebaustellen sowie Impfempfehlungen.

Natürlich könne angesichts der Virusmutationen für die Beschäftigten ein erhöhtes Risiko entstehen – insbesondere dort, wo es engere Kundenkontakte gebe, oder wenn die Einhaltung der Arbeitsschutz- und Hygienemaßnahmen vernachlässigt oder ignoriert würde. Nach Meinung Burckhardts müsse die Politik deswegen dafür sorgen, „dass die Arbeitsschutzbehörden Corona-bedingt nicht weniger Kontrollen durchführen, sondern eher mehr“.