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Batterie statt E-Fuels: Kritik an Schulze-Entwurf für erneuerbare Energien im Verkehr

Die EU fordert im Mobilitätssektor weniger Emissionen. Die Bundesumweltministerin reagiert, ignoriert laut Kritikern aber eine Schlüsseltechnologie.

Das Papier aus dem Haus von Bundesumweltministerin Schulze sorgt in betroffenen Branchen für Unmut. Foto: dpa
Das Papier aus dem Haus von Bundesumweltministerin Schulze sorgt in betroffenen Branchen für Unmut. Foto: dpa

Der Begriff RED II ist außerhalb der Fachwelt nicht sehr geläufig. Für bestimmte Branchen hat er aber große Bedeutung. Hinter der Abkürzung verbirgt sich die „Renewable Energies Directive II“ der EU. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie II trat Ende 2018 in Kraft und muss bis Mitte kommenden Jahres in nationales Recht umgesetzt werden.

Bestandteil der Richtlinie ist die Erhöhung des verpflichtenden Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors auf 14 Prozent im Jahr 2030. Den Weg dorthin skizziert der Referentenentwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote, der seit Ende vergangener Woche vorliegt. Doch das Papier aus dem Haus von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sorgt in betroffenen Branchen für Unmut.

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Der Entwurf „ignoriert vollständig die Ziele der Bundesregierung und der EU und gefährdet damit Hunderttausende Arbeitsplätze, die Wirtschaftschancen einer Wasserstoffwirtschaft und das Erreichen der Klimaziele im Verkehr“, sagte Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbandes (DWV), dem Handelsblatt.

Das Umweltministerium nehme „offensichtlich lieber Strafzahlungen in Kauf, um seine technologiefeindliche Ideologie einer batterieelektrischen Welt durchsetzen zu können“, kritisiert Diwald. Mit dem Referentenentwurf würge das Umweltministerium die Wasserstoffwirtschaft schon von Beginn an ab.

Auch der Verband der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) sieht den Entwurf kritisch. „Der Entwurf sieht vor, den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor lediglich auf 14 Prozent und damit genau auf das von der EU festgeschriebene Minimum festzulegen.

Kritik auch aus der Automobilindustrie

Noch im Juni wurde mit der nationalen Wasserstoffstrategie angekündigt, den Mindestanteil erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors signifikant über die EU-Vorgaben hinaus zu erhöhen“, sagte Carola Kantz vom VDMA. Dieses Ziel werde in dem Entwurf deutlich verfehlt.

„So werden Wasserstoffwirtschaft und Brennstoffzellentechnologie, die durch die nationale Wasserstoffstrategie eigentlich einen Schub bekommen sollten, abgewürgt“, kritisierte Kantz. „Aus unserer Sicht gefährdet das BMU damit Investitionen, Arbeitsplätze und das Erreichen der Klimaziele im Verkehr.“

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), stützt die Kritik. Es sei aus Sicht der deutschen Automobilindustrie unverständlich, dass die Bundesregierung – und hier insbesondere das Bundesumweltministerium – hinter ihren eigenen Zielen zurückbleibe.

„Mit der Zielquote von 14 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 widerspricht die Bundesregierung einer ,ambitionierteren Umsetzung‘, die sie sich selbst im Klimaschutzplan und der nationalen Wasserstoffstrategie vorgegeben hat“, sagte Müller.

Hinter der Kritik von Diwald, Kantz und Müller tritt ein Grundsatzstreit zutage: VDMA, DWV und VDA wollen auch synthetische Kraftstoffe einsetzen, um den Verkehrssektor zu dekarbonisieren. Wenn synthetische Kraftstoffe auf der Basis von grünem Wasserstoff hergestellt werden, sind sie klimaneutral.

Solche klimaneutralen Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, können eingesetzt werden wie konventionelle Kraftstoffe, die auf fossiler Basis hergestellt werden. Darin sehen die Befürworter synthetischer Kraftstoffe einen großen Vorteil: Man könnte die CO2-Emissionen im Fahrzeugbestand reduzieren.

Im Umweltministerium sieht man das anders. Dort steht der batterieelektrische Antrieb im Mittelpunkt der Überlegungen. Man will dem Verbrennungsmotor gerade keine neue Chance geben. Um den Batterieantrieb weiter voranzubringen, soll Strom, der in der E-Mobilität genutzt wird, nach den Plänen des Umweltministeriums mehrfach auf das RED-II-Ziel angerechnet werden.

Positive Stimmen aus Mineralölwirtschaft

Diwald kritisiert, das Umweltministerium habe den Entwurf so gestrickt, dass der derzeitige Fahrzeugbestand mit fast 58 Millionen Benzin- und Dieselfahrzeugen praktisch nichts zum Klimaschutz beitragen könne. DWV und VDMA wünschen sich deutlich höhere Quoten.

So soll eine Nachfrage nach E-Fuels entstehen und auch die Produktion von grünem Wasserstoff angereizt werden, der ja die Ausgangsbasis für die Herstellung von E-Fuels darstellt. E-Fuels dürften mittelfristig für den Einsatz im Flug- und Schiffsverkehr unverzichtbar werden.

„Zwischen dem Beschluss der Bundesregierung in der Wasserstoffstrategie, die RED II ambitioniert umzusetzen und globaler Technologiemarktführer der Wasserstofftechnologien zu werden, und dem vom Bundesumweltministerium vorgelegten Gesetzentwurf besteht ein direkter Widerspruch“, kritisiert Diwald.

Allerdings hat der Entwurf nicht nur Kritiker. Aus der Mineralölwirtschaft sind eher positive Kommentare zu hören. Tatsächlich sieht der Entwurf Regelungen vor, die aus Sicht der Branche Vorteile haben. So soll sich der Einsatz von grünem Wasserstoff im Raffinerieprozess künftig lohnen: Er wird bei der CO2-Reduktion doppelt angerechnet, was seinen Einsatz gegenüber grauem Wasserstoff attraktiv machen könnte. Bislang wird in den Raffinerien grauer Wasserstoff eingesetzt, der auf der Basis von Erdgas mittels Dampfreformierung entsteht und nicht CO2-frei ist.

Außerdem ist in dem Gesetzentwurf vorgesehen, für Kerosin bis 2030 eine E-Fuels-Beimischung von sieben Prozent vorzuschreiben. Dadurch würde eine nennenswerte Nachfrage nach grünem Wasserstoff entstehen. Auch das wird in der Mineralölwirtschaft positiv bewertet.

Noch bis zum 15. Oktober haben die Verbände Zeit, den Gesetzentwurf zu sichten und eine Stellungnahme abzugeben.