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So sollen die Banken gegen Corona helfen

Die Geldhäuser spielen eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Epidemie. Deshalb erwägen Aufseher Entlastungen.

Mit den größeren Banken stehen die Aufseher im Dauerkontakt. Foto: dpa
Mit den größeren Banken stehen die Aufseher im Dauerkontakt. Foto: dpa

Die Coronakrise hat den europäischen Finanzsektor fest im Griff. Egal ob Deutschland, Spanien oder Italien – überall fahren die Geldhäuser ihre Notfallpläne hoch, um kritische Funktionen wie den Wertpapierhandel oder den Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig laufen Präventionsmaßnahmen an, die die Schäden für die Realwirtschaft minimieren sollen.

Dabei spielen die Banken eine Schlüsselrolle. Für den kommenden Freitag hat das Bundesfinanzministerium nach Informationen des Handelsblatts zu einem Spitzentreffen geladen. Es soll besprochen werden, wie die Banken Kunden helfen können, die durch die Folgewirkungen der Virusepidemie in finanzielle Probleme geraten.

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Vorbild ist dabei die US-Notenbank Fed. Nach dem überraschenden Zinsschritt in der vergangenen Woche appellierte die Zentralbank nun an die Banken, ihre Kunden in diesen schwierigen Zeiten nicht hängen zu lassen. Die Institute seien ermutigt worden, „auf die finanziellen Bedürfnisse ihrer Kunden und Mitglieder einzugehen, die vom Coronavirus betroffen sind“. Vorsichtige Schritte, „die der sicheren und soliden Kreditvergabe entsprechen, sollten nicht der Kritik von Prüfern ausgesetzt werden“, hieß es weiter.

Der Aufruf der Fed kam, nur wenige Stunden nachdem die New Yorker Niederlassung der Notenbank mitgeteilt hatte, dass sie ihre Kurzfristkredite an die Banken ausweiten werde.

Ähnliche Pläne haben auch einige europäische Länder auf den Weg gebracht. In Italien kündigte Wirtschaftsstaatssekretärin Laura Castelli Maßnahmen an, um Hausbesitzern zu helfen. Die Zahlungen für Hypotheken würden landesweit ausgesetzt. Bereits am Montag hatte der italienische Bankenverband ABI erklärt, dass kleine Unternehmen und Haushalte, die unter den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus leiden, ihre Zahlungen aussetzen könnten.

Die Banco Santander hat eine spezielle Kreditlinie in Höhe von 20 Milliarden Euro für kleine und mittlere Unternehmen eingerichtet, die von den Maßnahmen Spaniens zur Bekämpfung des Coronavirus betroffen sein könnten. In einer Erklärung sprach Santander davon, einjährige, vorab genehmigte Kredite anzubieten. Damit sollen die Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit abgemildert werden, die die Eindämmungsmaßnahmen der Regierung haben.

Stabilitätsausschuss berät über Kapitalpuffer

Beim Treffen im Berliner Finanzministerium soll es aber nicht nur darum gehen, was die deutschen Banken für ihre Kunden tun können, sondern auch darum, was Aufseher und Politik für die Banken tun können. Bereits am vergangenen Montag tagte in der Hauptstadt turnusgemäß der Ausschuss für Finanzmarktstabilität. Dabei diskutierten Vertreter des Finanzministeriums, der Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin auch darüber, ob die Banken wie geplant ihre Kapitalpuffer weiter aufstocken müssen.

Dabei geht es um den sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer. Im vergangenen Mai hatten die Aufseher entschieden, dass die Banken bis Mitte 2020 5,3 Milliarden Euro zusätzliches Kapital aufbauen sollen, vor allem um eine Überhitzung des Immobilienmarkts zu verhindern.

Auf der Sitzung des Stabilitätsausschusses sei keine Entscheidung gefallen, ob die Maßnahme angesichts der Coronakrise ausgesetzt werden soll, heißt es in Finanzkreisen, die damit eine Meldung der Nachrichtenagentur Bloomberg bestätigten. Die Beteiligten wollen erst genauere Daten über die Auswirkungen der Epidemie abwarten, bevor sie darüber entscheiden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt derweil vor allem die Sorge um, ob und wie es die Banken schaffen, trotz immer neuer Coronafälle den Betrieb aufrechtzuerhalten. Mit den größeren Banken stehen die Aufseher im Dauerkontakt. An ausgewählte kleinere deutsche Institute hat die deutsche Bankenaufsicht Insidern zufolge einen Fragebogen zu dem Thema verschickt. Größere Ausfälle im Zahlungsverkehr und in anderen wichtigen Bereichen hat es bisher nicht gegeben.

Allerdings müssen die Banken angesichts der steigenden Zahl von Coronafällen unter ihren Mitarbeitern immer größere Anstrengungen unternehmen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Die Deutsche Bank hat einen ersten Krankheitsfall im Wertpapierhandel zu verzeichnen.

Im Handelszentrum in der Mainzer Landstraße außerhalb der Doppeltürme an der Taunusanlage wurden zwei Etagen gesperrt und gründlich gereinigt. Der Wertpapierhandel gilt als kritische Funktion für die Stabilität des Finanzsystems, deshalb drängen die Aufseher, dass der Betrieb auch unter widrigen Umständen gewährleistet sein muss.

Die Deutsche Bank hat deshalb ihre Handelsteams geteilt. Ein Teil arbeitet auf dem desinfizierten Trading Floor in der Mainzer Landstraße weiter, ein anderer von einem Ausweichquartier im Frankfurter Umland aus. Laut Finanzkreisen ist eine höhere zweistellige Zahl von Mitarbeitern von den Maßnahmen betroffen.

In einem Mitarbeiterbrief der Bank heißt es: „Wir erwarten keine Auswirkungen auf unsere Dienstleistungen für unsere Kunden und sind uns bewusst, dass diese Maßnahmen zusätzliche Anstrengungen und Disziplin von allen erfordern werden.“

Die spanische Santander leitet noch drastischere Maßnahmen ein und hat alle Mitarbeiter in Madrid aufgefordert, ab Dienstag 15 Tage lang von zu Hause aus zu arbeiten. Sie reagiert damit auf eine geänderte Gefahreneinschätzung der spanischen Regierung. Die hatte am Montag beschlossen, in der autonomen Region Madrid ab Mittwoch alle Kindergärten, Schulen und Universitäten zu schließen.

Entlastung an der Börse

Hintergrund war ein sprunghafter Anstieg der Infektionen am Montag. 577 der insgesamt 1227 Fälle in Spanien sind allein in Madrid aufgetreten. Mitarbeiter in für die Bank besonders wichtigen Funktionen arbeiten bereits seit dem vergangenen Freitag von zu Hause aus.

Die Commerzbank schloss wegen der Maßnahmen der italienischen Regierung zur Eindämmung der Epidemie ihre Büros in Mailand, rund 50 Mitarbeiter arbeiten von zu Hause aus. In der Mailänder Filiale gebe es aber noch eine Notbesetzung, sagte ein Banksprecher. Im nordirischen Belfast schloss der britische Hypothekenfinanzierer Halifax ein Callcenter mit 1000 Mitarbeitern.

Zumindest an der Börse gab es für die Banken am Dienstag Entlastung. Nachdem Deutsche Bank und Commerzbank zum Wochenauftakt auf neue Rekordtiefs gefallen waren, sprangen die Kurse nun wieder um fast zehn beziehungsweise mehr als 14 Prozent in die Höhe. Bis zum Abend gaben die Aktien aber den Großteil der Gewinne wieder ab. Das zeigt, dass die Geldhäuser weiter mit dem Misstrauen der Investoren kämpfen, die sich vor den langfristigen wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise fürchten.

Ein wichtiges Krisenbarometer für die Branche ist der Markt für Kreditausfallversicherungen. Mit sogenannten Credit Default Swaps können sich Investoren gegen einen Zahlungsausfall absichern. Vor Ausbruch der Krise waren die CDS-Prämien der Deutschen Bank deutlich gefallen, ein Indiz für die Rückkehr des Vertrauens in das größte heimische Geldhaus. Doch seit Mitte Februar schnellten die Prämien von um die 0,45 Prozent auf über ein Prozent, den höchsten Stand seit dem Frühjahr 2019.

Die CDS-Prämien sind für die Banken wichtig, weil sie als Orientierung für die Refinanzierung dienen und weil sich viele Kunden bei der Vergabe von Geschäften daran orientieren. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte in den vergangenen Wochen mehrfach betont, dass die niedrigeren CDS-Prämien ein Vertrauensbeweis seien und im Geschäft mit Großkunden für Rückenwind sorgten.

Nach dem massiven Anstieg der vergangenen Tage versucht die Bank zu beruhigen. Entscheidend sei weniger die absolute Höhe als der Unterschied zur Konkurrenz, heißt es.

Tatsächlich haben in den vergangenen Tagen die CDS Spreads aller europäischen Banken massiv angezogen, die Deutsche Bank lag dabei im Mittelfeld. Der iTraxx-Index für die CDS-Prämien für Anleihen und Kredite europäischer Banken ist am Freitag und Montag um fast einen halben Prozentpunkt auf 1,26 Prozent in die Höhe geschnellt.

Das ist ein enormer Sprung. Eine CDS-Prämie von 1,26 Prozent bedeutet, dass Investoren, die sich vor einem Zahlungsausfall der Banken schützen wollen, dafür jedes Jahr 1,26 Prozent als Versicherungssumme zahlen.

Moody‘s warnt vor Kreditrisiken

Am Dienstag sanken die Ausfallprämien zwar wieder leicht, notierten mit 1,17 Prozent aber immer noch auf dem höchsten Niveau seit Sommer 2016 – und damit seit der Zeit des Votums der Briten gegen die Europäische Union. In der Finanzkrise waren die CDS-Prämien mit 3,6 Prozent indes fast dreimal so hoch wie derzeit.

Nach Einschätzung der Ratingagentur Moody‘s wird sich die Coronakrise vor allem im ersten Halbjahr negativ auf die europäischen Banken auswirken. Vor allem die Kreditqualität werde sich verschlechtern. Eine kurzfristige Schwächephase könnten die Institute aber abfedern, schließlich hätten die meisten Geldhäuser in den vergangenen Jahren ihre Kapitalpolster gestärkt und den Anteil fauler Kredite in ihren Büchern abgebaut. Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass die direkten negativen Auswirkungen auf den europäischen Bankensektor begrenzt sein dürften.

Eine längere Krise werde jedoch auch auf die Banken durchschlagen, da dann mit steigenden Kreditausfällen vor allem bei Darlehen an kleinere und mittlere Unternehmen zu rechnen sei. Zudem würde ein anhaltendes Zinstief sowie eine geringere Nachfrage nach Anleiheemissionen, Börsengängen und anderen Kapitalmarkttransaktionen die ohnehin geringe Profitabilität der Banken weiter belasten.

Der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hält im Extremfall wegen des Coronavirus sogar neue Staatsgelder für den Banksektor für möglich. „Ich hoffe, dass es nicht so weit kommt“, sagte der Schweizer dem Magazin „Der Spiegel“. „Aber die Regierungen werden der Wirtschaft insgesamt, also auch der Finanzwirtschaft, beistehen müssen.“

Die Institute seien heute zwar besser kapitalisiert als vor der Finanzkrise 2008 und durch die Zentralbanken auch gut mit billigem Geld versorgt. „Aber viele Banken besonders in Europa sind nicht profitabel genug, um einen solchen Schlag einfach wegstecken zu können“, sagte Ackermann.