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Wieso die Bafin bei einem Mitarbeiter Insiderverdacht schöpfte

Die Finanzaufsicht hat die Wirecard-Geschäfte von sechs Mitarbeitern besonders unter die Lupe genommen – doch nur einer wurde angezeigt. Eine Sonderauswertung zeigt, warum.

Die Wirtschaftsprüfer von Deloitte halten die bisherigen Vorschriften der Behörde für private Wertpapiergeschäfte für unzureichend. Foto: dpa
Die Wirtschaftsprüfer von Deloitte halten die bisherigen Vorschriften der Behörde für private Wertpapiergeschäfte für unzureichend. Foto: dpa

Die Finanzaufsicht Bafin hat im Fall Wirecard kein gutes Bild abgegeben. Statt den Betrugsskandal aufzuklären, verbot sie zeitweise Wetten auf fallende Kurse von Wirecard und zeigte kritische Investoren und Journalisten an. Als dann auch noch die privaten Wertpapiergeschäfte von Bafin-Mitarbeitern mit Wirecard-Papieren bekannt wurden, sorgte das für einen öffentlichen Aufschrei.

Nun hat die Bafin eine Sonderauswertung vorgelegt, die alle privaten Wirecard-Geschäfte ihrer Beschäftigten analysiert hat. Das Ergebnis: Von den 510 Transaktionen, die Bafin-Mitarbeiter zwischen Januar 2018 und September 2020 beauftragten, nahm der Sonderbeauftragte der Behörde 14 Geschäfte von sechs Mitarbeitern näher unter die Lupe. Einen Insiderverdacht hegte die Behörde aber nur in einem Fall – und zeigte den Beschäftigten an.

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Bei dem verdächtigen Mitarbeiter, im Bericht „Person F“ genannt, handelt es sich nach Handelsblatt-Recherchen um einen Wertpapieraufseher aus dem Referat Marktanalyse. Er hatte am 17. Juni ein Discount-Zertifikat zu Wirecard verkauft.

Die Sonderauswertung legt nun offen, dass die Behörde zum Zeitpunkt dieses Geschäfts bereits wusste, dass der Abschlussprüfer E & Y Wirecard das Testat verweigern will. Öffentlich kommuniziert wurde dies jedoch erst in einer Ad-hoc-Mitteilung am 18. Juni um 10.43 Uhr. Der Kurs von Wirecard brach daraufhin ein.

Der Bafin-Mitarbeiter war dem Bericht zufolge zwar „nicht mit Aufgaben zu Wirecard“ betraut und hatte laut seinem Vorgesetzten auch „keinen Zugriff auf die hier in Rede stehenden Informationen“. Die Insiderinformation über das „mutmaßliche Testatshindernis“ lag jedoch in der Organisationseinheit des Mitarbeiters vor.

„Deswegen und aufgrund weiterer besonderer Begleitumstände kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Person Kenntnis von der Insiderinformation hatte, obwohl sie bestimmungsgemäß keinen Zugang dazu hatte“, heißt es in dem Bericht. „Der mögliche Verdacht von Insiderhandel steht daher im Raum.“ Daher habe die Bafin dienst- und personalrechtliche Verfahren eingeleitet und den Sachverhalt der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht.

Deutliche Kritik von Deloitte

Zugleich veröffentlichte am Mittwoch auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte einen Bericht. Sie hatte die Sonderauswertung der Bafin überprüft. Dabei ließ es sich Deloitte nicht nehmen, noch einmal deutliche Kritik an den bis Herbst gültigen Regeln der Bafin für Mitarbeitergeschäfte zu üben.

Deloitte kritisiert, dass die Beschäftigten ihre Geschäfte in Teilen erst mit erheblicher Verspätung angezeigt hatten. Eigentlich müssen die Finanzaufseher Geschäfte unverzüglich melden. Das stelle „Qualität beziehungsweise Vollständigkeit und Richtigkeit der getätigten Meldungen infrage“, heißt es in dem Bericht.

Außerdem weist Deloitte darauf hin, dass die Verfahren, die bei von ihr regulierten Instituten „marktüblich“ sind – wie etwa das Führen von Watch-Listen, Restricted-Listen, die automatische Meldung aller Geschäfte an den Arbeitgeber (Zweitschriftenverfahren) oder auch Chinese Walls „bei der Bafin keine Anwendung“ finden.

„Der Deloitte-Bericht ist ein Schlag ins Gesicht des internen Kontrollsystems der Bafin“, kritisiert der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler, der im Verwaltungsrat der Bafin sitzt. „Das zuständige Bafin-Präsidiumsmitglied Freiwald muss sich fragen lassen, ob sie überhaupt ihren Job gemacht hat. Und Staatssekretär Jörg Kukies muss sich fragen lassen, ob die Bafin nicht längst zur Lachnummer verkommen ist.“

Die Bafin hat ihren Mitarbeitern den privaten Handel mit Aktien und Derivaten von Finanzunternehmen mittlerweile untersagt. Die Bundesregierung plant ein noch weitergehendes Handelsverbot für Bafin-Beschäftigte, das alle Geschäfte mit Aktien untersagen soll, für die die Bafin zuständig ist. Das sind praktisch alle an deutschen Börsen gehandelten Papiere.

Kein Verdacht gegen fünf weitere Mitarbeiter

Neben dem wegen des Verdachts auf Insiderhandel angezeigten Mitarbeiters durchleuchtete der Sonderprüfer auch noch die Geschäfte von fünf weiteren Mitarbeitern besonders gründlich. Deren Geschäfte kamen ihm aber nicht merkwürdig vor. Eine „Person B“ etwa war als Bankenaufseher für Banken zuständig, die zu dem Bankenkonsortium zählen, die Wirecard finanziert hatten. „Diese Referate erhalten von den Instituten im Rahmen ihrer aufsichtlichen Tätigkeit Informationen“, heißt es im Bericht. Zum Zeitpunkt der untersuchten Geschäfte lagen im Referat aber keine Insiderinformationen vor.

Eine „Person C“ wird zwar einem „Insiderkreis“ zugerechnet, gab ihre neun Kauf- und Verkaufsgeschäfte allerdings erst in Auftrag, nachdem Wirecard Insolvenz angemeldet hatte. Außerdem hatte die Person zu diesem Zeitpunkt keine Aufgaben, durch die sie Insiderinformationen hätte erlangen können.

Ein weiterer Beschäftigter – „Person D“ – kaufte im zeitlichen Umfeld eines Berichts der Kanzlei Rajah & Tann Wirecard-Papiere. Allerdings erst, als in den Medien bereits über deren Report berichtet worden war.

Zwei weitere Bafin-Mitarbeiter, „Person A“ und „Person F“, die ebenfalls Zugang zu der Insiderinformation gehabt haben könnten, verkauften damals ebenfalls Wirecard-Papiere. Sie taten dies jedoch erst nach der Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung am 18. Juni – ein Mitarbeiter um 11.59 Uhr, der andere um 14.11 Uhr. Damit waren es keine Insidergeschäfte: Die Pflichtmitteilung war um 10.43 Uhr veröffentlicht worden.