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Bafin geht gegen Betreiber von Bitcoin-Automaten vor – doch der Erfolg ist mäßig

Die Finanzaufsicht kontrolliert verstärkt den Kryptomarkt und verbietet einem Anbieter von Bitcoin-Tauschgeräten sogar den Betrieb. Doch der macht einfach weiter.

Hier befindet sich ein Bitcoin-Automat, den der Betreiber längst hätte abschalten müssen. Foto: dpa
Hier befindet sich ein Bitcoin-Automat, den der Betreiber längst hätte abschalten müssen. Foto: dpa

Wer im hessischen Offenbach sein Bargeld zu Bitcoin machen will, darf keine Klaustrophobie haben. Das Ladenlokal ist klein und eng, der Automat, der den Tauschhandel ermöglicht, ist doppelt gesichert. Eintreten muss man durch eine Glastür. Erst, wenn diese verschlossen ist, lässt sich das Stahlgitter öffnen. Dahinter befindet sich die orange leuchtende Maschine in Form eines mannshohen Bitcoin-Symbols: ein großes B, das an ein Dollar-Zeichen erinnert. Nur wer sich mit dem Automaten hinter der Schleuse einschließen lässt, darf ihn bedienen.

Aufgestellt hat die Maschine Adam Gramowski, der unter dem Namen „Shitcoins Club“ Krypto-Automaten in ganz Europa betreibt. Das Netzwerk der Maschinen, an denen Gramowskis Kunden Euro in Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether oder Litecoin tauschen können, erstreckt sich über alle Ecken des Kontinents, von Gramowskis Heimatland Polen bis nach Spanien, Italien und Rumänien. Was seine Automaten in Deutschland so besonders macht: Eigentlich dürfte es sie hierzulande gar nicht mehr geben.

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Laut der Branchenplattform Coin-ATM Radar gibt es zurzeit 67 Krypto-Automaten und -Wechselstuben in Deutschland, weltweit sind es knapp 10.000. Ihre Anzahl nimmt global stetig zu – in Deutschland jetzt aber nicht mehr. Denn seit im Januar eine Novelle der EU-weiten Geldwäscherichtlinie umgesetzt wurde, reguliert die Bafin verstärkt die Kryptowelt. Und die Wechselautomaten machten bereits Schlagzeilen in Spanien und Kalifornien, wo kriminelle Banden in den vergangenen Jahren zugaben, sie zur Geldwäsche genutzt zu haben.

Die rechtliche Stellung der Automaten in Deutschland war lange nicht vollständig geklärt. Noch im vergangenen September suggerierte ein Urteil des Berliner Kammergerichts, die Automaten dürften ohne ausdrückliche Erlaubnis betrieben werden und bestätigte damit ein ähnliches Urteil aus dem Jahr 2018, das den Handel mit Kryptowährungen als nicht erlaubnispflichtig einstufte. Schon damals war die Entscheidung umstritten. Nun erklärt die Bafin: Betreiben darf die Automaten nur, wer über eine Lizenz im Sinne des Eigenhandels nach dem Kreditwesengesetz oder eine Bankenlizenz verfügt.

Im Falle des Shitcoins Clubs meldete die Behörde bereits im März, dass Gramowski gewerbsmäßigen Eigenhandel betreibe, ohne über die erforderliche Erlaubnis zu verfügen. „Er handelt damit unerlaubt“, heißt es in der Meldung, die Behörde ordnete daher die Einstellung des Eigenhandels an. Das kommt einem Verbot des Betriebs in Deutschland gleich. In der Folge meldete Gramowski kurzzeitig auf seiner Website, dass die Dienste des Shitcoins Clubs nicht mehr in Deutschland zur Verfügung stünden.

Hohe Anforderungen für kleine Unternehmen

Nun, vier Monate später, setzt er den Betrieb offensichtlich fort. Sein Automat in Offenbach funktioniert ohne Probleme, laut seiner eigenen Website befinden sich darin momentan rund 50.000 Euro in bar zur Auszahlung. Er gibt weitere 16 Automaten in Deutschland als funktionsfähig an. Die Branchenplattform Coin ATM Radar, die Echtzeit-Updates über die Funktionsfähigkeit einzelner Automaten liefert, meldet allein in Berlin vier Shitcoins-Automaten als aktuell in Betrieb.

Andere Anbieter sind bei dem Thema weitaus vorsichtiger. Ivan Mircetic, der aus Österreich heraus mit seinem Unternehmen Freefall ATM auch in Deutschland einige Automaten betreibt, hält die neuen Regelungen der Bafin für zu unklar. „Die Anforderungen sind für kleine Unternehmen viel zu hoch“, findet Mircetic. So müssten die verantwortlichen Geschäftsführer beispielsweise über mehrere Jahre in einer Führungsposition im Finanzwesen gearbeitet haben. Doch oft betreiben Start-ups die Automaten, deren Geschäftsmodell dazu gar nicht passt.

Mircetics Firma ist bereits von der österreichischen Finanzmarktaufsicht lizenziert, daher erhofft er sich eine schnelle Erlaubnis durch die Bafin auch in Deutschland. Er schätzt aber, dass die Bafin die Branche auf lange Sicht wegregulieren könnte: „Ich bin dann wahrscheinlich eine der wenigen Personen, die die Automaten weiterbetreiben dürfen“, schätzt er, dementsprechend vorsichtig verhalten sich die übrigen Betreiber. Die Angst in der Szene vor weiteren Aufforderungen zur Einstellung der Geschäfte scheint groß. Viele Betreiber möchten sich zu dem Thema nicht öffentlich äußern.

Vertreter internationaler Institutionen hingegen befürworten eine starke Regulierung, darunter Neil Walsh, der Leiter des globalen UN-Programms zur Bekämpfung von Cyberkriminalität und Geldwäsche, oder Yaya Fanusie, Experte für illegale Finanzströme und früherer CIA-Analyst. Sie betonen das Geldwäschepotenzial der Automaten.

Auch Philipp Sandner, Professor am Blockchain Center der Frankfurt School of Finance, bestätigt das: „Wenn eine Person mit krimineller Energie mit Bitcoin-Automaten Geldwäsche betreiben wollte, wäre dies teils durchaus möglich.“ Dass die Bafin die Branche nun verstärkt beobachtet und gegebenenfalls eingreift, hält er für richtig.

Auch Christoph Iwaniez, Finanzvorstand des Blockchain-Unternehmens Bitwala, sieht die Automaten kritisch. Seiner Meinung nach scheinen die Automaten nur für zwei Gruppen relevant: eine extrem versierte Kerngruppe mit hohem Anspruch an Privatsphäre – „das ist eine sehr spezielle Community, und die ist sehr klein“, so Iwaniez. Die zweite Gruppe seien Nutzer, die dubiose Absichten hätten.

Bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe

Die Bafin selbst macht zu laufenden Verfahren keine Angaben, verteidigt aber ihre Position: „Der Handel mit Kryptowerten beinhaltet ähnliche Risiken wie der mit anderen Finanzinstrumenten – bis hin zum Totalverlust. Deshalb ist eine Regulierung sachgerecht.“

Ein Grund für den Unmut der Behörde könnte der sogenannte KYC-Ansatz des Shitcoins Clubs sein. Die Abkürzung steht für „Know your customer“, also „Kenne deinen Kunden“. Zur Geldwäschebekämpfung sind beispielsweise Banken dazu verpflichtet, ab einem bestimmten Transaktionswert die Identität des Kunden festzustellen. Während sich Kunden anderer Bitcoin-Automaten schon ab zweistelligen Summen mit ihrem Personalausweis identifizieren müssen, gilt bei Gramowski eine Schwelle von 15.000 Euro – und das auch erst seit dem 1. Januar, wie ein Schild neben seinem Automaten verrät.

Falls auch die Bafin feststellen sollte, dass Gramowski sich nicht an das Verbot hält, stößt die Behörde wortwörtlich an Grenzen – denn Gramowski sitzt in Polen. Hierzulande könne man lediglich „den Unternehmen, in deren Räumlichkeiten die Automaten stehen, aufgeben, den Betrieb zu unterbinden“, zum Beispiel den Strom oder die Verbindung zum Internet zu kappen.

Dabei droht Gramowski im schlimmsten Fall eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, so steht es im Kreditwesengesetz. Dafür seien in solchen Fällen dann aber die Strafverfolgungsbehörden zuständig, heißt es bei der Bafin. Zur Frage, ob die Behörde derzeit weitere Anbieter überprüft, gibt sie keine Auskunft.

Gramowski selbst will sich zu den Vorwürfen gegenüber dem Handelsblatt nicht äußern – es sei denn, man überweise fünf Bitcoin, also rund 40.000 Euro, an ihn. Sofern keine Unwahrheiten über ihn oder seine Firma im Text stünden, würde er das Geld natürlich zurückzahlen.