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Baerbock tastet sich in der Sicherheitspolitik an die Industrie heran

Auf der Münchener Sicherheitskonferenz wirbt die Grünen-Chefin für ein stärkeres Europa – sowohl im Welthandel als auch in militärischen Fragen.

Die Grünen-Chefin, hier auf dem Grünen-Parteitag in Hamburg, hat in München mit bayerischen Industrievertretern diskutiert. Foto: dpa
Die Grünen-Chefin, hier auf dem Grünen-Parteitag in Hamburg, hat in München mit bayerischen Industrievertretern diskutiert. Foto: dpa

Lange haben die Grünen Abstand zum Thema Verteidigungspolitik gehalten. Damit ist es vorbei: Parteichefin Annalena Baerbock nutzte am Freitag die Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz, um bei einer Diskussionsveranstaltung der bayerischen Wirtschaft und des Industrieverbandes BDI zum Thema aufzutreten.

„Europa ist der größte Binnenmarkt der Erde, ein größerer Markt als die USA oder China“, stellte Baerbock fest. Entsprechend selbstbewusster sollten die Europäer auch global auftreten, sagte sie.

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Soweit stieß sie auf breite Zustimmung der Unternehmensvertreter. Verhaltener war die Zustimmung dafür, dass sie Sicherheitspolitik möglichst frei von militärischer Stärke definierte. Das Ziel der Nato, das Deutschland verpflichtet, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, lehnte sie ab: Solange die Europäer 180 unterschiedliche Waffensysteme unterhielten, gingen Mehrausgaben an der Realität vorbei. Erst einmal sollten die Europäer ihre Mittel gebündelt und effizient einsetzen.

Die Europäer sollten ihre Positionen sehr viel stärker auch gegen die USA durchsetzen, etwa wenn diese das Atomabkommen mit dem Iran aufkündigten. Siesollten nicht akzeptieren, dass die USA ihre Sanktionen einfach auf europäische Firmen ausdehnten. „Ich halte es für essenziell, dass wir Instex geschaffen haben“, sagte die Grünen-Chefin und verlangte, das neue System nun auch mutig für Zahlungsabwicklungen zu nutzen.

„Ich will Sie ja nicht erschrecken, aber zwei Drittel der BDI-Aussagen können wir Grüne unterschreiben“, sagte Baerbock. So wollten auch die Grünen eine Welt des Multilateralismus. Allerdings glaube sie nicht daran, dass die Welt, wie sie vor Trump war, zurückkehren werden. „Das ist vorbei. Der Multilateralismus hat für uns funktioniert, aber nicht für alle in der Welt“, gab sie zu Bedenken. Die Alternative dürfe aber nicht der Rückzug ins Nationale sein, sondern „ein Europa, das wir anders bauen müssen.“

Vor ihrer Rede hatte auch BDI-Präsident Dieter Kempf gesagt, dass die Bundesregierung aufhören sollte, von früheren Zeiten zu träumen, sondern die sicherheitspolitische Realität akzeptieren müsse. Kempf schloss darin allerdings auch Aufrüstung mit ein.

Schlaglicht auf Cyber-Sicherheit

Aus Baerbocks Sicht sollte der Euro zur echten Weltwährung werden. Das schaffe mehr Souveränität in der Handelspolitik. „Es finden keine Kriege statt zwischen den USA und China, aber ein Handelskrieg“, betonte sie. Dass das europäische Zahlungsabwicklungssystem seine Server in den USA stehen habe, sehe sie kritisch, und auch, dass „wir keine eigenen Kreditkarten mehr haben“.

Auch gegen weitere Freihandelsabkommen seien die Grünen nicht – allerdings gegen solche, die europäische Standards unterliefen. „Wir müssen darüber reden, wenn das EU-Mercosur-Abkommen zwar den Handel erleichtert, aber das ebenfalls geltende Klimaabkommen von Paris unterläuft und zur Abholzung der Amazonas-Regenwälder führt“, sagte sie.

Die grüne Lösung: Europa müsse seine sozialen und Umweltstandards auch gegenüber Drittstaaten durchsetzen. Das gelte auch bei der Digitalisierung und für die Diskussion darüber, ob Huawei in Deutschland 5G-Netze bauen dürfe. „Wir sollten klare Kriterien definieren, die auch den Schutz der Bürgerrechte umfassen“, sagte Baerbock.

Mit Blick auf die Verteidigungspolitik lenkte sie den Blick auf die Cyber-Sicherheit: „Die größere Gefahr ist doch nicht, dass Panzer in die EU hereinrollen, sondern ein großer Hack kritischer Infrastrukturen“, sagte sie.

Als wichtigstes sicherheitspolitisches Ziel nannte sie den Mut, dass „wir Europäer definieren, was unsere Interessen sind“. Es dürfe nicht mehr wie in Libyen vorkommen, dass Frankreich auf der einen und Italien auf der anderen Seite der Kriegsparteien steht.

Die Grünen wollten zu diesen Themen mit der Industrie ins Gespräch kommen, sagte Baerbock. Auch ihr Co-Vorsitzender Robert Habeck hatte kürzlich in einer Rede an der Georgetown-Universität in Washington betont, dass die Grünen Europa sicherheitspolitisch stärken wollten. Anders als Baerbock sparte er die Bundeswehr nicht aus. Wie Baerbock will er aber erst effiziente Militärausgaben in Europa, bevor die Verteidigungsetats weiter steigen.

Vermutlich würden, mit Blick auf Freihandelsabkommen und Rüstungszurückhaltung, die Zuhörer der BDI-Veranstaltung nicht zwei Dritteln von Baerbocks Rede inhaltlich zustimmen. Aber ins Gespräch kommen, das wollen sie schon – zumal auch die Industrie die Wahrscheinlichkeit sehr hoch einschätzt, dass die Grünen an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein werden.