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Baden-Württembergs Bildungsministerin fordert Schulöffnungen – in jedem Fall

Die provokante Schwäbin Susanne Eisenmann geht keinem Streit aus dem Weg – und erntet massive Kritik, wie jetzt im Streit über die Schulöffnungen. Die Debatte nutzt sie für sich.

Susanne Eisenmann liebt klare Ansagen: Sie wolle Kitas und Grundschulen „in jedem Fall wieder in Präsenz öffnen“ – und zwar „unabhängig von den Inzidenzzahlen“, sagt die baden-württembergische Bildungsministerin und Christdemokratin knapp zwei Wochen vor dem bislang geplanten Schulbeginn am 11. Januar. Gerade mit kleineren Kindern in der Grundschule sei digitaler Unterricht im Grunde nicht möglich, Präsenzunterricht also „durch nichts zu ersetzen“, so die streitbare Schwäbin.

Die empörte Gegenrede folgte prompt. Angeführt vom sozialdemokratischen Ober-Pandemiebekämpfer Karl Lauterbach, der schon jetzt strikt gegen eine Rückkehr zum regulären Präsenzunterricht wettert, gefolgt von vielen anderen, bis hin zum Lehrerverband. Maske, Lüften plus 30 Kinder gehe gar nicht, sonst drohe wieder „exponentielles Wachstum der Infektionszahlen“, warnte Lauterbach in der „Rheinischen Post“.

Dass auch die noch amtierende Kultusministerpräsidentin Stefanie Hubig im Namen aller Schulminister die Parole ausgegeben hat, „so schnell wie möglich so viel Präsenzunterricht wie möglich“, fiel da kaum noch auf. Denn es ist die für Eisenmann typische kategorische, oft provokante Zuspitzung, die ihr immer wieder neue Schlagzeilen beschert.

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Über die Feiertage schaffte es Susanne Eisenmann noch auf einem zweiten Feld in die Nachrichten: Das neue 750 Millionen Euro schwere Investitionsprogramm des Bundes für die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen konnte erst mit monatelanger Verspätung starten, weil Eisenmann Sonderrechte für das Ländle wollte. Am Ende unterzeichnete sie die Vereinbarung dann „wie alle anderen unverändert“, wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey nun süffisant zum Start der Bundeshilfe mitteilte.

Die Beispiele aus der Weihnachtswoche zeigen: Die hemdsärmelige Stuttgarterin formuliert nicht nur scharf, sondern geht auch keinem Streit aus dem Weg. In Schwaben gehört Ruppigkeit für viele zum guten Ton, anderenorts finden viele den Stil „brutal“.

Anknüpfen an goldene CDU-Zeiten

Doch Eisenmann läuft gerade erst zur Hochform auf: Denn die 56-Jährige ist auch Spitzenkandidatin der Christdemokraten im Südwesten für die Landtagswahl am 14. März. Sie will die mittlerweile zehnjährige Regentschaft des grünen Super-Realos Winfried Kretschmann beenden, mit dem die Christdemokraten seit fünf Jahren als Juniorpartner regieren. Eisenmanns Ziel: wieder an die goldenen Zeiten der 60 Jahre dauernden CDU-Herrschaft anknüpfen – in der Folge legendärer Landeschefs wie Lothar Späth oder Erwin Teufel.

Ausgeschlossen ist das nicht, in Umfragen liegt mal die CDU vorn, mal führen die Grünen. Unklar ist allerdings, ob die CDU selbst als stärkste Partei auch eine Koalition zustande brächte oder womöglich erneut eine grün-rote Regierung ertragen müsste.

Eisenmann nutzt also jede Gelegenheit zur Profilierung. Ob sich das in Wählerstimmen auszahlt, ist unklar. Ihre Bekanntheit steigert es mit Sicherheit, wenn die Regionalzeitungen ihr wegen der Pandemiegefahr „Fahrlässigkeit“ vorwerfen oder Kritiker in Stuttgart gegen sie demonstrieren.

Kretschmann selbst schont seine Herausforderin, er muss im Zweifel weiter mit ihr regieren. Eisenmann hielt das nicht ab, ihn unlängst in Sachen Corona zu düpieren. Er hatte mit den Länderchefs und der Kanzlerin vereinbart, die Weihnachtsferien schon am 19. Dezember beginnen zu lassen. Sie teilte eine Woche später mit, sie werde das nicht umsetzen, die Ferien begännen erst am 23. Punkt. Auch damals verteidigte sie dies mit den Betreuungsproblemen für die jüngeren Kinder. Und bei den älteren müsse man ohnehin befürchten, dass sie sich in Einkaufszentren und Innenstädten herumtrieben, statt zu Hause zu bleiben.

Bundesweites Echo erntete die promovierte Philosophin, als sie der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina bescheinigte, bei den Corona-Maßnahmen „nicht ganz auf der Höhe der Zeit zu sein“. Anlass war die Forderung der Akademie nach einem harten Lockdown ab dem 14. Dezember inklusive kompletter Schulschließungen.

Kampf gegen Doping

Ihr politisches Handwerk lernte Eisenmann als persönliche Referentin des damaligen Landtags-CDU-Fraktionschefs Günther Oettinger. Später als Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport der Schwabenmetropole kämpfte sie gegen Doping und sprach sich vor der Straßen-Radweltmeisterschaft 2007 gegen einen Start von Erik Zabel aus, versuchte, den Start des amtierenden Weltmeisters Paolo Bettini gerichtlich zu verhindern, und fror Zahlungen an die UCI ein.

In ihrer Partei gilt Eisenmann als liberal, sie wirbt aber dennoch für Friedrich Merz als neuen Parteichef – wegen seiner starken wirtschaftspolitischen Ausrichtung und „dem Verständnis auch für mittlere und kleinere Unternehmen“. Er stehe „für konservative Lösungen“, das komme im Südwesten gut an.

Im Streit um den Parteitag, der den neuen Vorsitzenden küren soll, argumentierte sie gewohnt eindeutig: Eine Absage ohne Alternative „zeugt weder von Führungsstärke noch von Übersicht“. Die Entscheidung müsse spätestens Mitte Januar fallen – „ob digital oder hybrid oder wie auch immer“.

Mit Eisenmann ist also weiter zu rechnen. Dass sie vor Herausforderungen nicht zurückschreckt, zeigt sich auch privat: Eisenmann ist verheiratet mit dem Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung Christoph Dahl, der fünf Kinder in die Ehe brachte.