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B. Braun ist wieder in den Händen der Familie

14.750 Tage sind eine lange Zeit: 40 Jahre und ein paar Monate. Dass Heinz-Walter Große der Abschied vom Medizintechnikunternehmen B.Braun nach dieser Zeitspanne schwerfällt, war dem scheidenden Vorstandschef auf seiner letzten Bilanz-PK anzumerken.

Je mehr sich das Ende der Veranstaltung am Freitag näherte, desto länger weitete er seine Antworten aus. Schließlich jedoch ließen sich die Abschiedsworte nicht länger hinausschieben: „Frau Braun hat alle Voraussetzungen, das Unternehmen in den nächsten Jahrzehnten zu führen. Es kann nur noch besser werden“, sagte er zu seiner geduldig zuhörenden Nachfolgerin.

Am 1. April beginnt bei B.Braun eine neue Ära. Mit der 39-jährigen Anna Maria Braun bekommt das traditionsreiche Medizintechnik-Unternehmen wieder ein Familienmitglied an die Spitze – so wie zuletzt Großes Vorgänger Ludwig Georg Braun bis 2011. Dessen Tochter soll den Einfluss der Familie sichern und den Einfluss von Banken und Finanzamt mindern.

Im vergangenen Sommer ist sie mit ihrer Familie zurück an den Unternehmenssitz in die hessische Fachwerkstadt Melsungen gezogen. Zuvor hatte sie als Asien-Vorstand vor Ort den Ausbau des Standorts Penang in Malaysia begleitet.

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Nüchtern beschrieb sie am Freitag ihr Programm: „Profitabilität. Wir wollen ein geschlossenes Familienunternehmen bleiben, deshalb wachsen wir aus eigener Kraft.“ Nötig sei ein „konsequentes Ressourcen-Management“.

Die Ansage ist auch eine Konsequenz aus einer sinkenden Gewinnmarge: Die Kennzahl sank bezogen auf den operativen Gewinn vor Abschreibungen (Ebitda) um 0,8 Prozentpunkte auf 13,8 Prozent. Mit einem Ebitda von 952 Millionen Euro verfehlte Große sein selbstgesetztes Ziel von 1,05 Milliarden Euro. Auch der Bonus der Mitarbeiter sinkt deshalb.

Mit einem Umsatzplus von 18,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro legte der Hersteller von Material wie Dialyse-Filtern Klinikbetreiber zugleich weniger zu als in den Vorjahren. Große betonte, Gewinn und Umsatz seien von Währungseffekten um jeweils mehr als 100 Millionen Euro belastet worden. Operativ sei das Unternehmen auf Kurs.

Nachfolgerin Anna Maria Braun kann bei ihrem Effizienzkurs darauf setzen, dass der Weltmarkt weiter wächst. Der Geschäftsführer des Branchenverbands Spectaris, Jörg Mayer, sieht das Auslandsgeschäft als „Motor für die guten Entwicklungen“. Er rechnet für 2019 mit drei Prozent Umsatzwachstum für die Branche.

Gefahren sieht er allerdings durch die Handelskonflikte – auch für die vielen Mittelständler in der Branche. In Deutschland tummeln sich laut Statistischem Bundesamt etwa 1350 Medizintechnik-Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten. Die Branche macht fast 31 Milliarden Euro Umsatz, davon zwei Drittel im Ausland.

Umsatzchancen rechnet sich die Branche aus, weil die Digitalisierung auch in den Krankenhäusern und Arztpraxen ankommt. „Medizinprodukte und Services ohne digitale Komponenten dürften künftig eher die Ausnahme als die Regel sein“, meint Mayer.

Allerdings geraten traditionsreiche Hersteller wie B.Braun dadurch von neuer Seite unter Druck. So warnen die Berater von EY in einer Studie, dass die großen Spieler der Branche ihre Forschungsbudgets weder den steigenden Umsätzen noch dem schnelleren technischen Wandel anpassen würden. In der Konsequenz verlören die Konzerne an Schwung, ihr Wachstum schwäche sich ab. Und: Die etablierten Spieler ließen eine offene Flanke für neue Angreifer mit digitalen Geschäftsmodellen.

Tatsächlich hat auch B.Braun sein Forschungs- und Entwicklungsbudget 2018 mit 352 Millionen Euro exakt auf dem Vorjahresniveau belassen. Bereinigt um Inflation und Währungseffekte dürfte es somit sogar gesunken sein. Anna Maria Braun kündigte dennoch an, die Investitionen in diesem Bereich und insgesamt nicht steigern zu wollen. Schon heute seien fast alle Fortentwicklungen mit Digitaltechnik verbunden, etwa bei vernetzten Infusionspumpen.

Vorrangiges Ziel sei, das Familienunternehmen bei diesen Ausgaben unabhängig von Bankfinanzierung zu machen. 2018 war die Eigenkapitalquote wegen steigender Kredite leicht gesunken, ist aber mit 40 Prozent noch immer im grünen Bereich.

Neu aufgestellt ist die rechtliche Konstruktion, die ebenfalls den Griff der Familie festigt: Über der nicht-börsennotierten Aktiengesellschaft steht neuerdings eine „Familien-Holding“. Das habe vor allem steuerliche Gründe, sagte Anna Maria Braun. Ihre Rolle als Vorstandschefin sei dadurch nicht eingeschränkt.

Ein Kulturwandel ist nicht nötig

Ein Report der Marktforscher von Evaluate sieht B.Braun weltweit auf Platz 13 der größten Medizintechnik-Unternehmen. Die Spitzenplätze halten Medtronic mit rund 13 Milliarden Dollar Umsatz und Johnson & Johnson, größter deutscher Spieler ist die Siemens-Abspaltung Healthineers mit 13,4 Milliarden Euro Umsatz.

Für den Zeitraum von 2017 bis 2024 rechnen die Analysten mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum bei B.Braun von 5,7 Prozent – damit könnten die Melsunger ihren Marktanteil von 1,9 Prozent am Weltmarkt stabil halten.

Wesentliche strategische Umwälzungen wollte Anna Maria Braun nicht ankündigen. Zwar sei sie ein anderer Typ als der 26 Jahre ältere Vorgänger Große, sagte sie, doch sei kein großer Kulturwandel nötig. Schließlich habe B.Braun längst Einzelbüros abgeschafft und agile Teams eingeführt.

Fast-Ruheständler Große will sich dennoch bis auf einen Sitz im Aufsichtsrat der Chirurgie-Sparte Aesculap aus dem Konzernleben künftig heraushalten. „Ich halte nichts davon, wenn der ehemalige Vorstandschef beispielsweise als Aufsichtsrat noch weiter rumwurschtelt“, stelle er klar. Vielleicht, so dachte er laut nach, schreibe er lieber ein Kinderbuch.