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Böse Überraschung im Smartphone-Geschäft

Sommer, Sonne, Kursgewinne: Seit Anfang Juli ist der Aktienkurs von Infineon um rund ein Fünftel in die Höhe geschossen. Doch nun ist es erst einmal vorbei mit dem Aufwärtstrend. Enttäuschte Anleger haben die Papiere des Halbleiterherstellers am Dienstagmorgen massenhaft auf den Markt geworfen. Die Gewinnmitnahmen ließen den Kurs um rund vier Prozent auf etwa 14 Euro einbrechen. Damit gehörten die Münchener zu den schwächsten Werten im Dax.

Der Grund für den Kurssturz: „Die Entwicklung im dritten Quartal lag leicht unter den Erwartungen“, urteilte Harald Schnitzer von der DZ Bank. So ist der Umsatz zwischen April und Ende Juni im Vergleich zum Vorjahr lediglich um drei Prozent auf gut 1,6 Milliarden Euro gestiegen. Gegenüber dem Vorquartal stagnierten die Erlöse.

Eine anhaltende Schwäche im Geschäft mit Smartphone-Herstellern habe bei dem Chipkonzern die Stärke in der Industriesparte überlagert, schrieb Analyst Günther Hollfelder in einer ersten Einschätzung. Dies sei nach den Mut machenden Zahlen von Wettbewerbern und Kunden wie Apple oder Samsung eine böse Überraschung.

Allerdings war Infineon im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs etwas profitabler als im selben Zeitraum des Vorjahrs. So kletterte die sogenannte Segmentergebnis-Marge leicht von 15,4 auf 15,6 Prozent. Für Infineon ist diese Kennziffer das zentrale Steuerungselement. Vorstandschef Reinhard Ploss hat den Anlegern über einen Branchenzyklus hinweg 15 Prozent Rendite versprochen.

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Der Unternehmensführer zeigte sich zufrieden mit den Zahlen. „Umsatz, Ergebnis und Marge sind im vergangenen Quartal wie erwartet gestiegen“, betonte der Manager. Besonders gut lief das Geschäft im größten Bereich, der Autoelektronik. Hier stiegen die Erlöse im Vergleich zu 2015 um neun Prozent auf den Rekordwert von 676 Millionen Euro. Vor allem Radarlösungen für Fahrerassistenzsysteme seien gefragt gewesen, teilte Infineon mit. Die Sparte Power Management & Multimarket, die zweitgrößte Division, ist hingegen leicht geschrumpft. Das lag vor allem am schwachen Smartphone-Umsatz.

Doch die Aktionäre müssen sich keine Sorgen um Infineon machen. Für das vierte Quartal des Geschäftsjahrs, das am 30. September endet, verspricht Ploss einen erneuten Umsatzanstieg von rund drei Prozent. Die Marge werde auf 17 Prozent klettern.

Spannend für die Investoren ist allerdings auch, was abseits des Tagesgeschäfts passiert. Denn Deutschlands größter Halbleiterhersteller verstärkt sich erneut jenseits des Atlantiks. Für 850 Millionen Dollar (765 Millionen Euro) kauft Infineon den Wettbewerber Wolfspeed Power aus dem US-Bundesstaat North Carolina. Das Unternehmen gehört bisher dem LED-Produzenten Cree.

„Wir sichern und damit langfristig einen entscheidenden Technologievorsprung“, sagte Vorstandschef Ploss am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Beide Firmen produzieren sogenannte Leistungshalbleiter, also Chips für die Stromversorgung.


In der Branche tobt das Fusionsfieber

Vor zwei Jahren erst hat Infineon International Rectifier aus Kalifornien für drei Milliarden Dollar geschluckt. „Wir haben immer gesagt, dass wir eine aktive Rolle in der Konsolidierung der Branche spielen wollen“, erklärte Ploss.

Infineon nimmt für den Kauf Bankkredite von 720 Millionen Dollar auf. Die restlichen 130 Millionen bringt der Konzern aus den eigenen Mitteln auf. Die Bewertung von Wolfspeed sei „sportlich“, aber gerechtfertigt, so Finanzvorstand Dominik Asam. Bis 2020 werde die Firma jährlich um ein Fünftel wachsen. In den zwölf Monaten bis zum 27. März habe Wolfspeed einen Umsatz von 173 Millionen Dollar (155 Millionen Euro) erzielt. Die Übernahme werde sich sofort positiv auf Marge und Ergebnis auswirken. Der Betrieb mit seinen 550 Mitarbeitern sei hochprofitabel. Einige Behörden müssten noch zustimmen, doch der Deal solle Ende des Jahres abgeschlossen werden.

Die letzte Akquisition hat Ploss geräuschlos integriert, und das schneller als zunächst geplant. Das Ergebnis: Heute steht Infineon so gut da wie noch nie seit der Abspaltung von Siemens Ende des vergangenen Jahrtausends.

Im Vergleich zu anderen Übernahmen in der Branche ist die Transaktion freilich bescheiden. Der US-Konzern Analog Devices kündigte am Dienstag vergangener Woche den Kauf des heimischen Konkurrenten Linear Technology für knapp 15 Milliarden Dollar an. Im Frühjahr hat bereits Microchip den Rivalen Atmel für 3,5 Milliarden Dollar geschluckt. Und der japanische Telekomkonzern Softbank lässt sich den erfolgreichen britischen Chipentwickler ARM sogar umgerechnet 29 Milliarden Euro Kosten.

Es hat seinen Grund, dass die Firmen zukaufen: „Im Halbleitergeschäft ist Wachstum seit einigen Jahren nur noch schwer zu erreichen“, meint Analog-Chef Vincent Roche. Es wird vor allem immer schwieriger, aus eigener Kraft zu wachsen. So rechnen die Marktforscher von Gartner damit, dass der Umsatz der Branche 2016 weltweit schrumpfen wird, und das schon das zweite Jahr in Folge. Das habe es in der Geschichte der Industrie bisher nur einmal zuvor gegeben.

Infineon-Chef Ploss allerdings will sich nicht alleine auf Übernahmen verlassen. Er verspricht den Aktionären ein jährliches Umsatzplus aus eigener Kraft von acht Prozent. Im bald zu Ende gehenden Geschäftsjahr kommt der Unternehmenslenker vermutlich sogar auf ein Wachstum von zwölf Prozent. Kein Wunder, dass die meisten Analysten die Infineon-Aktien nach wie vor zum Kauf empfehlen.

KONTEXT

Die größten Chiphersteller der Welt

Intel

Mit einem Umsatz von rund 50 Milliarden Dollar ist Intel der mit Abstand größte Chiphersteller der Welt. Seit fast einem Vierteljahrhundert führt Intel die Rangliste nun schon an. Der Konzern aus dem Silicon Valley lebt vor allem von seinen Prozessoren. Sie sind das Gehirn eines jeden Rechners. Die Halbleiter des Unternehmens stecken insbesondere in PCs, Notebooks und Servern. Im Geschäft mit Smartphones konnte Intel nie so recht Fuß fassen. Alles in allem erreicht Intel auf dem Halbleitermarkt einen Anteil von mehr als 15 Prozent.

Samsung Electronics

Die Chipsparte des koreanischen Elektronikkonzerns ist nach Intel weltweit die Nummer zwei und kommt den Experten von Gartner zufolge auf gut elf Prozent Markanteil. Die Asiaten sind vor allem stark in Speicherchips. Samsung beliefert unter anderem auch Apple. Halbleiter sind freilich nur ein Geschäft von vielen von Samsung Electronics. Die Koreaner liefern auch viele andere elektronische Bauteile sowie Waschmaschinen, Smartphones, Fernseher und sogar Kühlschränke und Staubsauger.

SK Hynix

Der zweite große südkoreanische Halbleiteranbieter heißt SK Hynix und liegt in der Weltrangliste auf Platz drei. Der Umsatz: Mehr als 16 Milliarden Dollar. SK Hynix produziert insbesondere Speicherchips und wurde in der Vergangenheit vom Staat gestützt, um eine Insolvenz abzuwenden. Als einer der ganz wenigen großen Chipkonzerne ist SK Hynix 2015 gewachsen.

Qualcomm

In der Öffentlichkeit ist Qualcomm zu gut wie unbekannt, doch in der Halbleiterbranche sind die Kalifornier die Nummer vier mit zuletzt rund 16 Milliarden Dollar Umsatz. Die Firma liefert vor allem Chips für Smartphones. So stark ist Qualcomm auf diesem Feld, dass der Konzern wiederholt mit den Kartellämtern Probleme hatte. Das Unternehmen betreibt keine eigenen Fabriken sondern lässt alle seine Chips in sogenannten Foundries fertigen. Zudem verdient Qualcomm an Lizenzgebühren, weil jeder Handyhersteller auf geistiges Eigentum der Amerikaner zurückgreifen muss. 2015 war jedoch kein gutes Jahr für Qualcomm, der Umsatz ist kräftig gefallen. Mit einem Kurseinbruch von einem Drittel lief es auch auf dem Parkett alles andere als rund.

Micron Technology

Der US-Konzern arbeitet eng mit Intel zusammen und steht auf Rang fünf der Umsatzrangliste der Halbleiterindustrie. Zuletzt lagen die Erlöse bei rund 14,5 Milliarden Dollar. Micron verkauft hauptsächlich Speicherchips. Gemeinsam mit Intel hofft Micron derzeit auf eine ganz neue Generation an Speicherchips. Die neuen Chips sollen 1000 Mal schneller sein als die derzeit gebräuchlichen NAND-Speicherchips. Gleichzeitig können die fortschrittlichen Halbleiter zehn Mal mehr Daten fassen als die herkömmlichen Arbeitsspeicher, die sogenannten DRAMs. Im Gegensatz zu den DRAM-Chips, und ähnlich wie bei NAND, gehen die Informationen bei der neuen Technik nicht verloren, wenn der Strom erlischt. NAND hat in den vergangenen Jahren in vielen Rechnern die Festplatten verdrängt und wird jetzt womöglich selbst durch die neue Technik abgelöst. Intel und Micron haben die neue Technik 3D Xpoint genannt.

Texas Instruments

Vielen Menschen ist der US-Konzern vor allem wegen der Taschenrechner ein Begriff. Dabei lebt Texas Instruments vor allem von Chips und gilt als einer der verlässlichsten und über Jahrzehnte hinweg profitabelsten Anbieter. Der Umsatz lag zuletzt bei gut elf Milliarden Dollar, damit rangiert die Firma auf Platz sechs der Weltrangliste.

Toshiba Semiconductor

Der größte japanische Chiphersteller kam zuletzt auf Erlöse von 8,5 Milliarden Dollar, das reicht für Platz sieben in der Weltrangliste. Der Marktanteil beträgt fast drei Prozent.

Broadcom

Der US-Konzern ist der große Wettbewerber von Qualcomm im Geschäft mit Handychips und liegt auf Platz acht der größten Halbleiterhersteller. Allerdings wird es Broadcom nicht mehr lange geben. Arvago schluckt den Konkurrenten gerade und gibt dafür die Rekordsumme von 37 Milliarden Dollar aus. So viel wurde in der Industrie noch nie bei einer Übernahme auf den Tisch gelegt.

ST Microelectronics

Bislang der größte europäische Halbleiterhersteller, doch diese Position wird der Konzern nicht mehr lange behalten. Der Grund: NXP aus Eindhoven hat Ende 2015 den amerikanischen Rivalen Freescale übernommen und ist wird damit vom Umsatz her an ST Microelectronics vorbei ziehen. Das französisch-italienische Unternehmen ST Microelectronics erreichte zuletzt einen Jahresumsatz von fast sieben Milliarden Euro, das ergab den Marktforschern von Gartner zufolge Platz neun. Die Firma mit Hauptsitz in Genf beliefert zahlreiche Industrien, tut sich aber seit Jahren wirtschaftlich schwer. Eine Bürde ist die Historie, weil es viele Standorte in den beiden Ursprungsländern Frankreich und Italien gibt.

Infineon

Der wichtigste deutsche Chipproduzent und der einzige Hersteller hierzulande in den Top-ten der Branche. Die Münchener sind 2015 um rund ein Drittel gewachsen, vor allem aufgrund der Übernahme des US-Rivalen International Rectifier. Auch an der Börse lief es vergangenes Jahr prächtig, mit einem Kursplus von gut 50 Prozent gehörte die ehemalige Siemens-Sparte zu den größten Gewinnern im Dax. Infineon wird seinen Platz unter den zehn größten Herstellern vermutlich bald verlieren, weil der holländische Wettbewerber NXP den amerikanischen Rivalen Freescale jüngst geschluckt hat.

Autor: Joachim Hofer