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Die Börse als Einbahnstraße

Hohe Gewinne, geringe Volatilität – besser hätte es kaum laufen können am Aktienmarkt. Zweieinhalb Handelstage bleiben dem Dax, um aus einem sehr guten ein noch besseres Jahr zu machen. Was dafür und was dagegen spricht.

Was für ein Börsenjahr: Gut 14 Prozent hat der Dax zugelegt, der amerikanische Dow Jones ist sogar um gut 25 Prozent gestiegen. Solche Renditen können sich sehen lassen. Sparer können davon nur träumen. Zuletzt kamen aber die deutschen Standardwerte kaum vom Fleck – auf die Jahresendrally warteten Börsianer vergeblich. Der Dow legte im Dezember immerhin noch ein paar Prozentpunkte zu, getrieben von der Steuerreform von US-Präsident Donald Trump. In den vergangenen Tagen fehlte aber auch hier der Schwung.

Für eine echte, schwungvolle Jahresendrally bleiben nur noch wenige Tage. Experten blicken bereits ins neue Jahr. Sie glauben: Mit dem eher besinnlichen Handel vor Weihnachten haben die Aktienmärkte genug Kraft für eine Rally zum Jahresanfang gesammelt. „Wir gehen davon aus, dass nach dem schwachen Dezember der Januar und Februar umso bessere Börsenmonate werden können. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, dass viele Anleger im Januar bestehende Positionen in Aktien aufstocken werden“, sind die Experten der DZ-Bank überzeugt. „Das Jahr 2017 wies bislang eine sehr gute Kursentwicklung auf, was üblicherweise in den Ausbau bestehender Positionen mündet.“

Die Zuversicht für das neue Jahr ist insgesamt groß. „Der Börsenjahrgang 2017 läuft auf ein solides Ende zu“, sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers. „Auf Basis der steigenden Wachstumstrends bleiben die Perspektiven für 2018 gut. Jedoch dürften die Märkte – insbesondere bei negativen Nachrichten – dann wieder nervöser reagieren, sprich stärker schwanken.“

Der globale Wirtschaftsaufschwung werde sich 2018 fortsetzen, prognostiziert auch Martin Lück, Chef-Anlagestratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock. „Zwar werden wir nicht ganz so viele positive Überraschungen bei Wachstum und Unternehmensgewinnen sehen wie 2017“, sagt er. „Andererseits erkennen wir gegenwärtig aber auch nur punktuelle Zeichen von Überhitzung, sodass auch das Risiko eines plötzlichen Konjunktureinbruchs überschaubar erscheint.“ Auch die jüngsten Unsicherheiten nach dem Sieg der Separatisten bei den Regionalwahlen in Katalonien werden nach Ansicht von Analysten schnell wieder vergessen sein.

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Natürlich stützt auch die Niedrig- und Nullzinspolitik der Notenbanken die Börsen. Denn Rendite gibt es mit Spareinlangen schon lange nicht mehr, wohl aber mit Aktien. „Dividenden stellen nicht nur eine ordentliche Ersatzbefriedigung zu Zinspapieren dar“, sagt Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank. „Anleger erwirtschaften sich damit auch ein ordentliches Risikopolster gegen Kursverluste.“

Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets warnte aber vor überzogenen Erwartungen. Investoren sollten sich zum Jahreswechsel die Frage stellen: „Wie viel Benzin ist noch im Tank für eine weitere Rally angesichts der Kursgewinne in diesem Jahr?“ In der alten Woche ging der Dax zwar leicht zurück auf 13.087 Punkte, aber in 2017 hat der deutsche Leitindex gleich mehrere Allzeithochs markiert. Der Dax legt bereits das sechste Jahr in Folge zu. Das ist die längste Serie seiner Geschichte. Und auch der Dow rennt schließlich von Rekord zu Rekord.

Und das ohne große Kursschwankungen. Die Experten der DZ Bank sprechen gar von einen „2,8-Prozent-Crash“. Denn die Volatilität am Aktienmarkt scheint in diesem Jahr ein Relikt der Vergangenheit geworden zu sein. Das wichtigste Volatilitätsbarometer der Welt, der Vix-Index in den USA, hat in diesem Jahr 49 Mal unter zehn Punkten geschlossen. Solche niedrigen Werte sind sehr selten.


Spannend wird es erst Anfang Januar wieder

Die Grabesruhe an den Aktienmärkten zeigt sich auch am Kursverlauf von S & P 500 und Dax in diesem Jahr: Es gab keine nennenswerten Korrekturen. Das „Drawdown“ – die maximal erlittenen Verluste auf Schlusskursbasis seit Jahresbeginn – liegt beim S & P 500 gerade mal bei 2,8 Prozent und beim Dax bei 7,3 Prozent. Dies seien die niedrigsten Werte seit 1914 (S & P 500) und 2005 (Dax), so die DZ Bank. Diese Rücksetzer, wenn man sie denn so nennen will, waren schnell wieder wett gemacht – die Börse als Einbahnstraße.

Viel Zeit, weitere Allzeithochs zu markieren oder doch zumindest weitere Gewinne einzufahren, bleibt nicht. An der Wall Street wird ab Dienstag wieder gehandelt, in Frankfurt geht es am Mittwoch weiter und Freitagmittag ist auch schon wieder Schluss. Es bleiben Dax-Anlegern also zweieinhalb Handelstage, um aus einem sehr guten Börsenjahr ein noch besseres zu machen.

Termine stehen kaum noch an. Am Freitag gibt es Daten zur Inflation in Deutschland, die Stimmungsbarometer der US-Verbraucher stehen am Dienstag an und der Einkaufsmanager aus dem Großraum Chicago wird für Donnerstag erwartet. Vielleicht gibt es noch die ein oder andere Unternehmensmeldung – schließlich kann man „zwischen den Tagen“ schlechte Nachrichten gut verstecken, weil kaum jemand wirklich hinschaut. Ansonsten kehrt bei den Unternehmen vorerst Feiertagsruhe ein. Allerdings legen gleich am 2. Januar die beiden Autobauer General Motors und Ford Umsatzzahlen vor. Zwei Tage später folgt das Bayer-Übernahmeziel Monsanto mit Quartalsergebnissen.

Spannend wird es also erst wieder in der ersten Börsenwoche 2018. Denn die wartet gleich mit einem potenziellen Höhepunkt auf: Am 5. Januar werden die US-Beschäftigtenzahlen veröffentlicht. Von ihnen erhoffen sich Investoren Hinweise auf den Zeitpunkt und das Tempo der nächsten Zinserhöhungen. „Der Beschäftigungsaufbau dürfte zum Jahresschluss zwar nicht mehr ganz an die hohe Dynamik der beiden Vormonate herangereicht haben, mit 170.000 neuen Stellen ist die Beschäftigungsentwicklung aber nach wie vor sehr robust“, erklären die Analysten der DZ Bank. Die US-Notenbank Fed hat zuletzt signalisiert, den Schlüsselsatz wie im ablaufenden Jahr drei Mal anheben zu wollen. Einen Vorgeschmack auf die offiziellen Job-Daten geben die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP am Donnerstag.

Mit Spannung warten Investoren auch auf die europäischen Inflationswerte, die ebenfalls am ersten Freitag im Januar vorgelegt werden. Aus ihnen versuchen sie herauszulesen, wann die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Anleihekäufe einstellt. Zum Jahreswechsel halbiert sie das Volumen auf 30 Milliarden Euro pro Monat.

Und dann wäre da noch der Bitcoin. Die Cyber-Währung treibt Anleger mehr denn je um. Die Gewinne in diesem Jahr sind gigantisch, aber nicht mehr ganz so gigantisch wie noch vor ein paar Tagen. Am Freitag sackte der Preis für die Kryptowährung innerhalb weniger Stunden um über 25 Prozent ab, zeitweise unter 12.000 Dollar.

Einige Analysten sahen darin erste Anzeichen für eine Preiskorrektur. „Der jüngste Kaufrausch ist vorerst gestoppt“, sagt Timo Emden, Deutschlandchef des Online-Brokers DailyFX. „Anleger dürften nun zum Faktencheck ansetzen.“ Zuletzt warnten immer mehr Politiker, Aufseher und Notenbanker vor Investitionen in den bislang unregulierten Markt für Kryptowährungen. Eins ist gewiss: Der Bitcoin bleibt auch im neuen Jahr spannend.

KONTEXT

Wie der Dax die 13.000-Punkte-Marke erreicht hat

9. März 2009

56 Prozent hat der Dax seit dem Hoch vom 13. Juli 2007 eingebüßt. Mit 3588 Punkten erreicht er zeitweise den niedrigsten Stand seit Oktober 2003. Doch kurz darauf wirft die US-Notenbank Fed die Notenpresse an. Jetzt geht es bergauf.

5. Juni 2014

Die Entscheidung der EZB, die Zinsen weiter zu senken, treibt den Dax erstmals über die 10.000er Marke.

22. Januar 2015

Nach dem Vorbild der Fed wirft die EZB die Notenpresse an und schickt den Dax damit auf Rekordkurs. Am 16. März steigt der Index erstmals über 12.000 Punkte.

11. Februar 2016

Der Preisverfall an den Ölmärkten schürt Ängste vor platzenden Krediten im Finanzsektor. Der Dax fällt auf 8699 Punkte und liegt damit auf dem Niveau vom Oktober 2014.

31. März 2016

Das Minus im ersten Quartal 2016 beläuft sich auf gut sieben Prozent. Schon im März dreht aber die Stimmung, denn die US-Notenbank Fed verschiebt auch aus Rücksicht auf die nahende Brexit-Abstimmung ihre Zinserhöhungen.

24. Juni 2016

Die Briten haben sich für den Austritt aus der EU entschieden und lösen an den Märkten einen allerdings kurzen Ausverkauf aus. Der Dax fällt um fast sieben Prozent, holt in den Folgewochen aber rasch wieder auf.

9. November 2016

Die US-Amerikaner haben Donald Trump zum Präsidenten gewählt. An der Wall Street schieben die Anleger vorher geäußerte Bedenken beiseite und setzen auf sinkende Steuern für Unternehmen und massive Infrastruktur-Investitionen. Der Dow-Jones geht auf Rekordkurs. In seinem Windschatten etabliert sich der Dax wieder in der Fünfstelligkeit.

Frühjahr 2017

Der Erfolg des europafreundlichen Politikers Emmanuel Macron bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich treibt auch den Dax immer höher.

12. Oktober 2017

Der Dax überspringt erstmals die Marke von 13.000 Punkten.

KONTEXT

Spar-Alternativen

Tagesgeld, Aktien oder lieber Immobilien?

Die Zinsflaute macht Sparern schwer zu schaffen. Die Deutschen gelten als risikoscheu. Wohin also mit dem mühsam Ersparten?

Nach einer Auswertung von Stiftung Warentest unter 134 Kreditinstituten liegt die jährliche Rendite beispielsweise bei Tagesgeld aktuell gerade einmal zwischen null und 0,65 Prozent. Dennoch scheuen viele Privatanleger in Deutschland Geldanlagen, die als riskanter gelten. So legen die Deutschen ihr Geld an.

(Quelle: dpa)

Bargeld und Bankeinlagen

Der größte Teil des Geldvermögens der privaten Haushalte von zuletzt insgesamt 5.723 Milliarden Euro steckt in Bargeld und Bankeinlagen. Rund 2.248 Milliarden Euro waren es nach Angaben der Bundesbank Ende Juni. Deutlich mehr als die Hälfte davon waren Bargeld oder lagen auf dem Girokonto.

Sparbuch

Der Klassiker Sparbuch ist trotz der Zinsschmelze weiterhin eine beliebte Anlageform - wenn auch mit sinkender Tendenz. Im vergangenen Jahr besaßen einer Umfrage des GfK-Vereins zufolge 40 Prozent der Bundesbürger ein Sparbuch. Nach Bundesbank-Zahlen steckten Ende des zweiten Quartals 2017 rund 592 Milliarden Euro in Sparbriefen oder auf dem Sparbuch.

Versicherungen

Gut 89 Millionen Lebensversicherungsverträge zählte der Branchenverband GDV Ende vergangenen Jahres. Die Zinsflaute setzt allerdings auch dem Altersvorsorgeklassiker zu. Die neuen Verträge sind nicht mehr so hoch verzinst wie noch vor der Jahrtausendwende. Dennoch investierten die Bundesbürger im zweiten Quartal 2017 mehr als 18 Milliarden Euro in Versicherungen und Pensionseinrichtungen.

Die Bestände summierten sich Ende Juni laut Bundesbank auf rund 2.157 Milliarden Euro.

Immobilien

Anlagenotstand und niedrige Hypothekenzinsen heizen die Nachfrage nach "Betongold" an. Zwar erteilten die Behörden in den ersten neun Monaten dieses Jahres fast 20.000 Baugenehmigungen weniger als im Vorjahreszeitraum.

Einer Studie der staatlichen Förderbank KfW zufolge gibt es aber keinen Mangel an Genehmigungen: In den vergangenen Jahren sei vielmehr ein Überhang von 600.000 Zusagen entstanden. Nach KfW-Einschätzung hakt es vor allem bei der Umsetzung, weil etwa Baufirmen und Handwerker wegen des Immobilienbooms überlastet seien.

Nach Einschätzung der Bundesbank gibt es nach wie vor keine Anzeichen für eine kreditgetriebene Preisblase bei Häusern und Wohnungen - auch wenn die Preise insbesondere in Städten teils um 15 bis 30 Prozent über einem angemessenen Niveau lägen.

Aktien

Die meisten Bundesbürger machen nach wie vor einen Bogen um die Börse. Trotz der Zinsflaute sank die Zahl der Aktionäre in Deutschland im vergangenen Jahr. Knapp 8,98 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstitut (DAI) Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds.

Das waren 30.000 weniger als ein Jahr zuvor. Die großen heimischen Unternehmen, die an der Börse notiert sind, sind überwiegend in Händen ausländischer Investoren.

Gold

Das Edelmetall gilt als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten. Der Umfrage des GfK-Vereins zufolge sehen 38 Prozent der Bundesbürger darin eine attraktive Geldanlage. Nur sechs Prozent investierten 2016 allerdings tatsächlich in Gold. Die Zahl derer, die das Edelmetall in Form von Münzen, Barren oder Schmuck besitzen, ist nach einer Studie der Steinbeis-Hochschule für die Reisebank aber deutlich höher.

Bitcoin

Die Digitalwährung machte in diesem Jahr mit einer Verneunzehnfachung und starken Kursschwankungen Schlagzeilen. Anders als herkömmliche Währungen werden Bitcoin und andere Kryptowährungen nicht von Zentralbanken und Regierungen kontrolliert. Es gibt keine Scheine oder Münzen, sondern nur Bits und Bytes auf Computern. Bitcoins werden durch gigantische Rechenprozesse erzeugt, Anleger bleiben anonym. Notenbanken und Aufsichtsbehörden warnen vor Investitionen. "Mangels Wertbasis ist der Preis für Bitcoin praktisch beliebig bis hin zum Totalverlust", mahnt etwa Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele.