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Bündnis der Erzrivalen: Sporthändler kämpfen für offene Läden

Die Händlerverbünde und Billig-Konkurrent Decathlon waren sich bislang selten einig. Nun wollen sie in die Reihe der lebenswichtigen Geschäfte aufgenommen werden.

Die Einkaufslaune der Menschen in Deutschland ist angesichts der geschlossenen Läden am Boden. Foto: dpa
Die Einkaufslaune der Menschen in Deutschland ist angesichts der geschlossenen Läden am Boden. Foto: dpa

Supermärkte, Drogerien, Optiker, Babygeschäfte: Nur ausgewählte Einzelhändler dürfen im aktuellen Corona-Lockdown ihre Türen öffnen. Die Sportläden gehören bisher nicht dazu. Eine ungewöhnliche Allianz versucht, das zu ändern.

Die Fachhändler-Vereinigungen Intersport und Sport 2000 sind seit Jahrzehnten erbitterte Rivalen. Das Einzige, was sie verbindet, war zuletzt die Abneigung gegen Decathlon, den rasch expandierenden Sport-Discounter aus Frankreich.

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Nun haben alle drei Wettbewerber gemeinsam einen offenen Brief an die Kanzlerin, den Bundeswirtschaftsminister und die Ministerpräsidenten verfasst. Sie verlangen, dass Turnschuhe, Hanteln und Yogashirts als genauso systemrelevant eingestuft werden wie Brillen, Bier und Brokkoli.

„Wenn wir beraten, geht es letztlich um Gesundheit“, sagt André Weinert, Vorstand von Decathlon Deutschland. Alexander von Preen, Vorstandschef von Intersport, ergänzt: „Individualsportarten werden in dieser schwierigen Zeit immer wichtiger.“ Es sei daher dringend geboten, die Sportgeschäfte wieder zu öffnen und den Leuten damit auch die Möglichkeit zu geben, sich körperlich zu betätigen.

Genauso geht es aber natürlich um das Überleben der Sporthändler. Der Dreierbund schätzt, dass die deutschen Sportgeschäfte im Januar 70 Prozent vom Umsatz im Vergleich zum Vorjahr verloren haben. Auf Wintersport spezialisierte Händler könnten sogar noch viel schlechter abgeschnitten haben, denn die Lifte stehen hierzulande seit Saisonbeginn still. Skiausrüstung ist daher fast unverkäuflich.

Die Branche erwirtschaftete 2019 einen Umsatz von acht Milliarden Euro. Viele kleinere Sportgeschäfte vor Ort hatten allerdings auch schon vor Corona schwer zu kämpfen.

Decathlon expandiert mit Sportsupermärkten

In der Sportbranche hat das Wort der drei Manager Gewicht: Sie vereinen einen Großteil des deutschen Sporthandels. Allein Sport 2000 zählt eigenen Angaben zufolge 1550 Geschäfte. Decathlon betreibt hierzulande mehr als 80 meist großflächige Sportsupermärkte und beschäftigt rund 5000 Mitarbeiter.

Intersport und Sport 2000 sind Zusammenschlüsse unabhängiger Kaufleute. Die beiden Verbundgruppen rangeln seit Jahren um die Gunst der Sporthändler und versuchen, einander die Mitglieder abzujagen. Alle Fachhändler wiederum kämpfen vor Ort gegen Decathlon, den „Aldi des Sports“. In den vergangenen Jahren hat die in Familienbesitz befindliche Kette ganz Deutschland mit Filialen überzogen und lockt die Kunden mit Niedrigpreisen.

Die Not schweißt die Wettbewerber jetzt zusammen. Ziel sei es, sich gemeinsam von der Masse der Einzelhändler abzuheben, so Hans-Hermann Deters, Geschäftsführer von Sport 2000: „Unsere Branche ist eine besondere Branche.“

Die Sporthändler hoffen, dass ihr Anliegen auf der nächsten Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am 10. Februar auf der Agenda steht. Die derzeitigen Beschränkungen mit bundesweiter Schließung eines Großteils des Einzelhandels gelten laut Beschluss von Bund und Ländern vorerst bis zum 14. Februar.

Die Manager gehen davon aus, dass das Interesse an Fahrrädern, Laufschuhen oder Wanderstiefeln riesig ist. Das habe sich schon nach Ende des letzten Lockdowns gezeigt, als die Kunden vermehrt eingekauft hätten, meint Sport-2000-Manager Deters. Viele Leute wollten die Sportartikel eben nicht übers Internet bestellen, so Decathlon-Landeschef Weinert: „Ein Produkt anzufassen ist halt einfach etwas anderes.“

Konsumklima am Boden

Insgesamt halten die Konsumenten momentan ihr Geld eher zusammen. „Die Anschaffungsneigung bricht regelrecht zusammen“, teilten die Marktforscher der GfK jüngst mit. Das zeigen die Zahlen: Der von GfK ermittelte Wert für das Konsumklima in Deutschland liegt normalerweise recht stabil bei etwa plus zehn. Im Frühjahr 2020 sank er auf unter minus 20, erholte sich dann über den Sommer auf nahe null und rutschte nun wieder auf minus 15,6 ab.

Selbst wenn sie früher als die meisten anderen Geschäften wieder öffnen dürften: Corona hinterlässt tiefe Spuren bei den Sporthändlern. Die Seuche bremse die Expansion aus, sagte Decathlon-Manager Weinert. „Wir sind im Krisenbewältigungsmodus.“

Noch 2019 haben die Franzosen jeden Monat mindestens eine neue Filiale eröffnet. Jetzt gehe es viel eher darum, die Verluste zu begrenzen, so Weinert. Viele der Fachhändler wiederum leben momentan von den Rücklagen oder sind auf die staatlichen Hilfen angewiesen. Die Politik zeigt den Sporthändlern bislang die kalte Schulter. Eine Antwort aus den Staatskanzleien oder dem Bundeskanzleramt sei noch nicht eingegangen, teilt das Dreierbündnis mit.