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Es sind zu viele Bullen unterwegs

Siemens und Daimler beflügeln den Dax durch strategische Fortschritte und operative Stärke. Gleichzeitig gibt es an den Börsen vermehrt Zeichen von Euphorie – ein Warnsignal für die nächsten Wochen.

Wenn ein Börsenneuling wie Auto1, der schon zur Zeichnung alles andere als ein Schnäppchen ist, an seinem ersten Börsentag mit einem Plus von 45 Prozent startet, ist das ein deutliches Zeichen einer Marktüberhitzung. Dass klassische Unternehmenstugenden wie Gewinnstärke oder Kapitalkraft an der Börse immer weniger zählen, ist schon seit einiger Zeit der Fall. Doch dass eine verlustbringende Handelsplattform gleich vom Fleck weg eine Umsatzbewertung erreicht, die auf dem Niveau eines langjährigen Erfolgsunternehmens wie SAP liegt, zeigt, wie undifferenziert Käufer mittlerweile zulangen.

Nun ist Auto1 kein Dax-Wert, dafür erfüllt er die neuen, strengeren Aufnahmeregeln nicht. Mit elf Milliarden Euro Marktkapitalisierung liegt er aber schon gleichauf mit Dax-Aktien wie Covestro oder MTU Aero Engines. Wobei vor allem Covestro in den vergangenen Wochen eine starke Erholung genommen hat, weil die Chemiekonjunktur besser als erwartet Tritt fasst und Covestros wichtige Kunden aus der Autoindustrie wieder zunehmend bestellen.

Welche Dynamik in der Fahrzeugbranche wieder steckt, zeigt Daimler. Die gerade vorgestellte Aufspaltung des Konzerns ist für Börsianer vielversprechend: Mercedes-Benz für die Autos und leichten Transporter, Daimler Truck für Lastwagen und Busse.

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Autofans mögen sich darüber freuen, dass der klassische Name Mercedes-Benz, der in den vergangenen Jahren an der Börse in den Hintergrund getreten war, wieder im Mittelpunkt stehen wird. Immerhin sind die Fahrzeuge der Marke Mercedes-Benz seit jeher mit Abstand der wichtigste Gewinnbringer des Konzerns. Zudem lässt die flottere Autosparte nach der Trennung von den konjunkturabhängigen Trucks durchaus eine höhere Bewertung zu. Darin kann sich dann auch ein Premiumaufschlag widerspiegeln. Welche Musik in einer solchen Luxusbewertung liegen kann, zeigt sich an der ausgesprochen hohen Kapitalisierung der Exklusivmarke Ferrari, über die sich wohl niemand so gefreut haben dürfte wie Fiat-Großaktionär Agnelli.

Auch die neue Trucksparte von Daimler muss keineswegs hinterherfahren. Der Börsenerfolg des schwedischen Konkurrenten Volvo zeigt, dass in der Branche gerade durch den Spurwechsel zur Elektromobilität ein enormes Potenzial steckt, das Daimler durch seine technische und wirtschaftliche Spitzenstellung am Lkw-Markt durchaus heben dürfte.

Für Daimler-Aktien, die schon bisher in einem mustergültigen Aufwärtstrend verlaufen, ist die Aufspaltung ein Turbo. Der Anstieg über 40 Euro gab im vergangenen Sommer ein klassisches Kaufsignal, ein weiteres Kaufsignal geben die Notierungen nun mit dem Anstieg über 60 Euro. Die hohe Dynamik des Kurses spricht dafür, dass die Aktie in den kommenden Wochen die nächste Station des Trends erreichen könnte, die um 75 Euro liegt.

Favorit Siemens, Nachzügler Deutsche Bank, Enttäuschung Fresenius

Wenn ein Indexschwergewicht wie Daimler eine starke und langfristig vielversprechende Entwicklung nimmt, ist das ein gutes Zeichen für den Gesamtmarkt. Erst recht gilt dieser Effekt für die noch schwerere Siemens-Aktie, die dem Dax-Spitzenreiter SAP dabei immer näher kommt. Auch bei Siemens honorieren Anleger zum einen die neue Struktur des Konzerns, bei der die Stärken der technologischen Sparten und der dynamischen Beteiligungskonzerne nun in den Vordergrund rücken - was an der Börse zu Bewertungsaufschlägen führt. Zum anderen zeigt die jüngste Prognoseerhöhung, dass auch die operative Entwicklung besser läuft als befürchtet. Siemens-Aktien, die sich selbst bei kurzen Korrekturen des Marktes über 130 Euro halten sollten, bleiben ein Top-Favorit in der aktuellen Aufwärtsphase des Dax.

Mit 113 Millionen Euro Nettogewinn, das erste echte Plus nach fünf Verlustjahren, hat die Deutsche Bank im Coronajahr 2020 nicht schlecht abgeschnitten. Im Privatkundengeschäft führt die Risikovorsorge für ausfallgefährdete Kredite zwar zu Verlusten, dafür kann das Unternehmensgeschäft zulegen. Dass nun ausgerechnet das Investmentbanking besser als erwartet verdient, ist sicherlich ein Risiko, sollten die Wertpapiermärkte doch eines Tages stärker als erwartet abdrehen. Die Fortschritte auf der Kostenseite sprechen aber immerhin dafür, dass die Deutsche Bank bei ihrer Genesung auch substanziell vorankommt.

Der Befreiungssprung über die Marke von 10 Euro hinaus ist der Aktie noch nicht gelungen. Dennoch verläuft sie auch bei einem Niveau um 8,50 Euro oberhalb ihrer 200-Tagelinie und oberhalb des seit 2015 bestehenden Abwärtstrends. Beides sind Vorboten dafür, dass der Sprung über die 10er-Marke in diesem Jahr wahrscheinlicher ist als ein erneuter Absturz.

Schwer unter Druck steht Fresenius. Schon bisher litt der Gesundheitskonzern darunter, dass vor allem das Klinikgeschäft des Ablegers Helios wegen Corona weniger verdiente, weil etwa Operationen aufgeschoben werden. Nun treten bei der Kernbeteiligung Fresenius Medical Care (FMC) wegen Corona Übersterblichkeiten auf. Sie machen teure Sicherheitsmaßnahmen notwendig, die den Jahresgewinn von 2021, so die Prognose des Unternehmens, um bis zu 25 Prozent drücken können. Bisher gingen Banken und Analysten davon aus, dass FMC 2021 einen einstelligen Gewinnzuwachs erzielt.

FMC-Aktien, die nach der jüngsten Gewinnprognose heftig abgestürzt sind, dürften mehrere Wochen brauchen, um ein neues Gleichgewicht zu finden. Die Übersterblichkeit von Dialyse-Patienten dürfte trotz Gegenmaßnahmen mehrere Monate anhalten. Für die Aktie besteht das Risiko, dass sie noch einmal in den Bereich der letztjährigen Tiefpunkte um 50 Euro absinkt.

Auch Anteile des Mutterkonzerns Fresenius dürften weiterhin im Schatten des Börsenaufschwungs stehen. Immerhin sollte die jetzt schon günstige Bewertung dazu führen, dass die Kursverluste nicht mehr ganz so heftig ausfallen. Schon beim Herbsttief um 32 Euro könnten erste Käufer eine Stabilisierung proben. Dennoch, bevor Impfungen gegen Corona nicht flächendeckend wirken und die Pandemie überwunden ist, dürften Aktien von FMC und Fresenius keine nachhaltige Aufwärtsentwicklung einschlagen.

Schwieriges Austesten des Kursbereichs über 14.000 Punkte

Der Dax kommt dank der starken Entwicklung wichtiger Einzelwerte (Daimler, Siemens, Münchener Rück) wieder über die Marke von 14.000 Punkten. Dass er seinen möglichen Korrekturspielraum bis zu einem Niveau von 13.000 Punkten bei weitem nicht ausgenutzt hat, ist ein Zeichen von Stärke. Rückhalt gibt die robuste Entwicklung an den US-Börsen, wobei dort vor allem die Technologiewerte wieder Fahrt aufnehmen. Von den 30 Dax-Aktien verlaufen derzeit 21 oberhalb ihrer 200-Tagelinie, das sind 70 Prozent, ein Signal für einen stabilen Aufwärtstrend.

Allerdings, euphorische Börsengänge wie der von Auto1 und die Kurskapriolen um die Spieleraktie Gamestop zeigen ebenso wie zahlreiche andere Überhitzungserscheinungen (über die Sie ausführlich in der aktuellen WirtschaftsWoche lesen können), dass die Aktienmärkte vor schwierigen Wochen stehen. Vor allem den Anstieg der langfristigen US-Renditen, die mittlerweile 1,14 Prozent erreicht haben, sollten Anleger im Auge behalten.

Die Aufwärtsbewegung im Dax kann sich deshalb durchaus noch weiter fortsetzen. Dennoch ist es sicherlich kein Fehler, bei besonders heftigen Aufschlägen einen Teil der Kursgewinne auch einmal mitzunehmen. Wenn Märkte euphorisch laufen, sind die Spitzen der Börsenentwicklung oft näher als gedacht.

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