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Autoindustrie ist enttäuscht über fehlende Kaufprämie für Autos mit Verbrenner

Die massive Lobbyarbeit der Branche hat nichts genützt: Autos mit Verbrennungsmotor will die Große Koalition allenfalls durch die Hintertür fördern.

Sie ist eine industrielle Schlüsselbranche in Deutschland mit rund 800.000 Beschäftigten: die Autoindustrie. Entsprechend groß waren vor dem Treffen des Koalitionsausschusses die Hoffnungen auf eine Kaufprämie nicht nur für Elektrofahrzeuge, sondern auch für Autos mit modernen Verbrennungsmotoren. Bis zuletzt hatte sich der Branchenverband VDA für eine entsprechende Förderung eingesetzt.

Doch daraus ist nichts geworden. Union und SPD haben nur beschlossen, bestehende Prämien für den Kauf von Elektrofahrzeugen zu verdoppeln. Käufer eines E-Autos bis zum Nettolistenpreis von 40.000 Euro sollen befristet bis Ende 2021 statt 3000 Euro auf 6000 Euro Förderung bekommen.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller machte am Donnerstag kein Hehl daraus, dass sie sich mehr erhofft hatte: Sie bedauere, dass „die Vorschläge der Automobilindustrie für einen breit angelegten und unmittelbar wirksamen Konjunkturimpuls nur zum Teil aufgenommen wurden“.

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Die Verdopplung der staatlichen Prämie für Elektrofahrzeuge werde aber ebenso „positive Impulse“ setzen und die Nachfrage ebenso ankurbeln wie die auf ein halbes Jahr beschränkte Absenkung der Mehrwertsteuer, sagte Müller.

Die Koalition will den regulären Mehrwertsteuersatz von Anfang Juli bis Ende Dezember von 19 auf 16 Prozent und den ermäßigten Satz von sieben auf fünf Prozent absenken. Dies kommt natürlich auch Käufern eines Autos mit Verbrennungsmotor zugute.

Über eine Kaufprämie auch für Verbrenner war vor dem Treffen der Koalitionsspitzen kontrovers diskutiert worden. Befürworter verwiesen darauf, dass deutsche Hersteller bisher zu wenige Elektrofahrzeuge im Angebot haben und das Gros der Beschäftigung bei Autoherstellern und Zulieferern noch am Verbrennungsmotor hänge. Kritiker warnten vor „Strohfeuereffekten“ und der Förderung einer Auslauftechnologie.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) lobte die jetzt gefundene Lösung: „Wir haben ein sinnvolles kraftvolles Maßnahmenpaket, mit dem die Konjunktur stimuliert wird und in dem wir auf Zukunftsindustrien setzen.“ Eine Abwrackprämie für Verbrenner habe nach der Finanzkrise im Jahr 2008 Sinn gemacht. „Heute brauchen wir andere Instrumente“, sagte Althusmann.

Auch BMW-Chef Oliver Zipse begrüßte die beschlossenen Maßnahmen. Sie seien „ein wertvoller Transformationsbeschleuniger, um noch mehr Kunden für nachhaltige Mobilität zu begeistern“.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, der sich im Handelsblatt für eine Kaufprämie auch für Verbrenner stark gemacht hatte – wenn auch unter strengen Bedingungen –, bemängelte die fehlende Lenkungswirkung: Mit der Senkung der Mehrwertsteuer erhalte die Autoindustrie eine steuerfinanzierte Möglichkeit der Kaufförderung, sagte Hofmann der „Augsburger Allgemeinen“. „Und dies ohne jeden Bezug zur Förderung von Klimaschutz und ohne verbindliche Eigenbeteiligung.“

Herb enttäuscht zeigte sich der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Die Erhöhung der Prämie für Elektrofahrzeuge sei wirtschaftlich nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein, sagte Verbandspräsident Jürgen Karpinski. Auf den Höfen und in den Büchern der Automobilhändler stünden unverkaufte Neuwagen mit modernsten Verbrennungsmotoren im Wert von rund 15 Milliarden Euro.

Die auf sechs Monate befristete allgemeine Mehrwertsteuerabsenkung könne die fehlende Kaufprämie nicht annähernd kompensieren. Der einzig positive Aspekt sei, dass mit der Entscheidung des Koalitionsausschusses endlich die wochenlange Hängepartie zu Ende sei.

Selbst verschuldete Kaufzurückhaltung

Kritiker hatten der Autoindustrie vorgehalten, mit frühzeitigen Forderungen nach einer Kaufprämie selbst zu einer massiven Kaufzurückhaltung der Verbraucher beigetragen zu haben. „Nun kann der Kunde wieder kaufen, ohne Angst haben zu müssen, sich einen staatlichen Zuschuss entgehen zu lassen“, sagte Karpinski.

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland gerade einmal 63.000 reine Elektroautos und 240.000 Hybride verkauft. Mehr als 91 Prozent der Neuwagen waren immer noch klassische Diesel und Benziner.

In den ersten vier Monaten 2020 ist der Absatz von Stromern zwar merklich angestiegen, mehr als 84 Prozent der abgesetzten Pkws hatten aber weiterhin einen Verbrennungsmotor unter der Haube – auch weil das Elektroangebot der deutschen Hersteller eben nach wie vor ziemlich dürftig ist.

Daimler hat beispielsweise im Pkw-Bereich derzeit nur den Mercedes EQC als reines Elektroauto im Portfolio sowie die zwei Kernmodelle der Kleinwagenmarke Smart. Auch der Massenhersteller Opel bietet aktuell nur den kompakten Bestseller Corsa-e sowie den etwas in die Jahre gekommenen Ampera-e als Strom-Pkw an. BMW hat den i3 und den elektrischen Mini im Portfolio.

Zwar treiben alle deutschen Autobauer gerade eine massive Elektro-Offensive voran, aber richtig Fahrt aufnehmen dürften die Ambitionen der Hersteller erst in ein, zwei Jahren. Von der bis Ende 2021 befristeten Prämie für Stromer könnten ergo vor allem ausländische Kleinwagenhersteller oder Tesla überproportional profitieren.

So oder so ist der Industrie schmerzlich bewusst, dass die Fördergelder kein Allheilmittel sind. „Prämien verschaffen uns Zeit, aber sie lösen unsere Probleme nicht“, sagt ein hochrangiger Manager eines deutschen Autoherstellers.

Eher früher als später müsse die Branche ohne Tabus über Kapazitätsanpassungen sprechen. Der Grund: Die Pkw-Nachfrage ist aktuell so niedrig wie zuletzt 1991. Und es dürfte Jahre dauern, bis die Verkäufe wieder das Vorkrisenniveau erreichen.

Kritik von Umweltverbänden

Aus der Politik hatten sich deshalb auch die Ministerpräsidenten der „Autoländer“ Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern, Stephan Weil (SPD), Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU), für Kaufprämien starkgemacht. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte ein nach Energieeffizienzklassen gestaffeltes Modell für die Förderung von Autos mit Verbrennungsmotor vorgelegt.

Obwohl die Prämie am Ende fehlte, lobte Söder das Konjunkturprogramm: „Das ist ein sehr großes Paket für Innovation und Klimaschutz.“ Durch die abgesenkte Mehrwertsteuer werde auch der Kauf von herkömmlichen Autos unterstützt.

Kritik kam von Umweltverbänden: Die verdoppelte staatliche Prämie für Elektrofahrzeuge, die auch für Hybridmodelle gelte, sei eine „Kaufprämie für Verbrenner durch die Hintertür“, kritisierte Jens Hilgenberg vom BUND. Halter sollten nachweisen, dass sie mindestens 70 Prozent der Zeit mit dem Fahrzeug elektrisch fahren, bevor sie die Förderung erhalten können.

Trotz der fehlenden Kaufprämie für Verbrenner sieht VDA-Präsidentin Müller aber auch viel Positives im Konjunkturpaket, etwa die erweiterten Verlustrücktrags- und Abschreibungsmöglichkeiten. Besonders hob sie hervor, dass die Koalition sich auch für die Nutzfahrzeugindustrie starkmachen will.

Der Beschluss, sich für ein europäisches Flottenerneuerungsprogramm einzusetzen, sei „ein wichtiges Signal für die Branche“, sagte Müller. „Hier müssen aber zeitnah und erfolgreich die Gespräche mit Brüssel geführt werden.“

Die Koalition schlägt vor, mit EU-Mitteln die Anschaffung von Lkws mit der neuesten Abgasstufe Euro 6 zu fördern. Beim Austausch von Euro-5-Lkws soll es 15.000 Euro geben, bei Fahrzeugen mit Euro-3- oder Euro-4-Norm 10.000 Euro.