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Kurz vor dem Autogipfel erhöht die Autoindustrie den Druck auf die Politik

Beim Treffen mit der Kanzlerin verlangen Autobauer massive Investitionen in E-Mobilität. Auch Autofahrer sollen einen finanziellen Beitrag leisten.

Wer als Autohersteller die EU-Flottengrenzwerte nicht einhält, könnte schon bald empfindliche Strafen zahlen müssen. Foto: dpa
Wer als Autohersteller die EU-Flottengrenzwerte nicht einhält, könnte schon bald empfindliche Strafen zahlen müssen. Foto: dpa

Beim Autogipfel im Kanzleramt an diesem Montag wollen Regierung, Branche und Wissenschaftler über die Zukunft der Autoindustrie beraten. Kurz davor erhöht die Autoindustrie den Druck auf die Politik. „Die Transformation der Mobilität ist eine Gemeinschaftsaufgabe, für die Politik und Industrie gemeinsam Verantwortung übernehmen müssen“, schreibt Bernhard Mattes, Chef des Verbands der Automobilindustrie (VDA), in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.

Hemmnisse im Bau-, Wohneigentums- und Mietrecht müssten abgebaut und die Förderung der öffentlichen Ladeinfrastruktur „deutlich erhöht werden“. Aber auch die Industrie will mehr Verantwortung für die Transformation übernehmen. Sieben bis 10,5 Millionen E-Mobile stellen BMW, Daimler und VW bis 2030 in Aussicht: wenn der Staat massiv in Ladesäulen investiert und Kaufprämien für Elektroautos auslobt.

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Fehlen in der Liste der Betroffenen nur noch die Autofahrer selbst, die von der anstehenden Verkehrswende ebenfalls tangiert werden. Der Umstieg auf CO2-arme Antriebe soll durch höhere Preise bei konventionellen Fahrzeugen beschleunigt werden. „Eine CO2–Bepreisung kann einen sinnvollen Beitrag leisten, um Innovationen und Investitionen in CO2-arme Technologien zu treiben“, heißt es in dem Positionspapier der Autobosse für das Gipfeltreffen.

Die CDU unterstützt die Pläne. Am Montagvormittag will der Bundesvorstand ein Mobilitätspapier beschließen, und mit finanziellen Anreizen, Förderprogrammen und Investitionen helfen. Zugleich werden die Autobauer aufgefordert, „erschwingliche Einstiegsmodelle“ anzubieten. „Wir wollen Wachstum, das durch Innovationen Probleme löst“, sagt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.

An diesem Montagabend werden sich die Autobosse, die Chefs der großen Zulieferer, Gewerkschafter, Betriebsräte sowie Wissenschaftler im Kanzleramt mit der Bundeskanzlerin und ihren Fachministern zusammensetzen, um zwei Stunden lang über die Zukunft der Industrie zu beraten. Wieder mal.

Dann dürfte es für die Autobosse zunächst ein wenig ungemütlich werden. Das Einstiegsreferat zum Autogipfel darf ausgerechnet Branchenschreck Günther Schuh halten.

Der Aachener Universitätsprofessor soll im Beisein der Kanzlerin in wenigen Minuten darlegen, wie es gelingen kann, den Ausstoß von giftigen Stickstoffoxiden und klimaschädlichem Kohlendioxid im Straßenverkehr einzudämmen und gleichzeitig die Arbeitsplätze in der Autoindustrie zu sichern – weg vom Verbrenner hin zu Elektromotoren.

Die Sicht der Autobosse kennt Merkel: höhere Kaufprämien, Steuererleichterungen, Tausende staatlich geförderte Ladesäulen. Merkel, die ihrerseits bereits vor neun Jahren gefordert hat, bis 2020 gut eine Million Elektroautos auf die Straßen zu bringen, will endlich praktikable Vorschläge.

Der Zwei-Meter-Mann Schuh hat die etablierten Autohersteller mit der Erfindung des Elektrotransporters Streetscooter für die Post vor einigen Jahren düpiert und piesackt sie nun mit dem e.Go Life, einem batteriebetriebenen Kleinwagen, der ab 15.900 Euro erhältlich ist.

Er steht für das, was sich die Kanzlerin wünscht: innovative Macher, die etwas schaffen, ohne groß zu fragen, und das alles auch noch zu markttauglichen Konditionen.

Schuh wird wohl dafür plädieren, dass Zigtausende Menschen auf Bahn, Busse oder Gemeinschaftsshuttles umsteigen, statt täglich mit einem Auto zu fahren, in dem im Schnitt nur 1,3 Personen sitzen. VW-Chef Herbert Diess, Daimler-Frontmann Ola Källenius und BMW-CEO Harald Krüger dürften mäßig erfreut sein. Man sei etwas verwundert über die Wahl des Impulsgebers, ist vorab zu hören.

Die Autobosse sind bereit, Millionen von E-Mobilen auf die Straße zu bringen – wenn die Regierung sich ihrerseits klar verpflichtet, die Rahmenbedingungen für den geforderten Wandel bei den Antriebstechniken zu setzen. Notfalls sollen auch die Verbraucher mit höheren Preisen dazu gezwungen werden, auf neue Autos umzusteigen.

Erstmals gibt es die Idee, das Autofahren zu verteuern. „Denkbar sind aber auch Ansätze, die über einen Mindestpreis schnell greifen“, heißt es deshalb im Positionspapier der Branche für den Gipfel, das dem Handelsblatt vorliegt. Damit ist die Tür für die Regierung aufgestoßen, gezielt über eine CO2-Bepreisung nachzudenken.

Noch im Sommer sollen Gutachten mit Modellen vorliegen, wie das Steuer- und Abgabensystem ökologisch ausgerichtet werden kann. Einen Beschluss soll dann im September das Klimakabinett der Regierung fällen.

Den Herstellern kann es recht sein. Ab 2021 dürfen ihre Flotten im Durchschnitt nur noch 95 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen – jedes Gramm mehr kostet 95 Euro je neu zugelassenes Fahrzeug des Vorjahres. Laut den Beratern von PA Consulting kann dies für Daimler und BMW Strafen von 190 bis 200 Millionen Euro bedeuten, für Volkswagen sogar 1,4 Milliarden Euro.

So müssen die Autobauer massiv in Elektromobilität investieren. Sie planen, bis 2025 bis zu einem Viertel ihrer Neuwagenflotte mit Elektroantrieben auszurüsten. Allein der Volkswagen-Konzern hat 70 Elektromodelle für die kommenden zehn Jahre angekündigt. Doch die hohen Investitionen und die schwächere Konjunktur zehren an den Renditen, im ersten Quartal 2019 brachen die Gewinne in der deutschen Autoindustrie um 28 Prozent ein.

Um den Trend nicht zu verstärken, sollen die Mehrkosten für die Stromautos möglichst voll auf die Verbraucher umgelegt werden, heißt es in den Kreisen der Autohersteller. Autos mit Stromantrieb könnten daher um 1500 bis 5000 Euro über den Preisen heutiger Modelle mit Verbrennungsmotoren liegen. Für Kleinwagen wie den Volkswagen „up“ rechnet sich das nicht, sie stehen vor dem Aus.

Grüne mit „Zehn-Punkte-Plan“

Die Grünen legen zum Gipfel einen „Zehn-Punkte-Plan“ zum Ausbau der Elektromobilität vor. Darin fordern der Verkehrspolitiker Stephan Kühn und der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Cem Özdemir, die Kaufprämie für E-Autos zu verdoppeln, die Dienstwagensteuer nach CO2-Ausstoß der Fahrzeuge zu staffeln und die Subventionen für Dieselkraftstoffe „schrittweise“ abzubauen.

Zugleich soll der Bund den Ausbau von Stromladestationen im öffentlichen Raum, auf Parkplätzen bei Supermärkten und auch bei Mietshäusern fördern. Bundesbehörden sollen nur in begründeten Ausnahmefällen etwas anderes als E-Mobile kaufen dürfen.

Im Kanzleramt wird auch IG-Metall-Chef Jörg Hofmann mit am Tisch sitzen. Er sorgt sich um die Zukunft des Autostandorts. Die Gewerkschaft hat bereits Sonderzüge und Busse geordert, um Zehntausende Metaller am kommenden Samstag zu einer Großdemonstration zu bringen.

Die Kundgebung soll ein klares Signal an die Politik senden, die Digitalisierung und die Mobilitätswende sozial verträglich, klimafreundlich und demokratisch zu gestalten.

Mehr: Die Mobilitätswende wird nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten Verantwortung nehmen. Was wir nicht brauchen, sind Schuldzuweisungen, schreibt Bernhard Mattes in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.