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Die Autobahn GmbH startet chaotisch

Seit dem Jahreswechsel verantwortet eine GmbH des Bundes die Autobahnen. Doch das IT-System funktioniert nicht, überhöhte Gehälter sorgen für Unruhe.

Mit der neuen GmbH will der Bund 13.000 Kilometer Autobahn zentral verwalten. Foto: dpa
Mit der neuen GmbH will der Bund 13.000 Kilometer Autobahn zentral verwalten. Foto: dpa

Die Hiobsbotschaft erreichte die Niederlassungsleiter der Autobahn GmbH neun Tage vor Weihnachten: „IT-System wird schrittweise zur Verfügung gestellt“, lautete die Überschrift des Briefes der Geschäftsführer Stephan Krenz und Anne Rethmann.

Zwar stünde ein SAP-System zur Verfügung, würden Rechenzentren aufgebaut und E-Mail-Adressen eingerichtet und all die Standorte in der Republik angebunden. „Allerdings haben wir diese noch nicht im Zusammenspiel aller Elemente und unter Volllast abschließend testen können“, heißt es in dem Brief, der dem Handelsblatt vorliegt.

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Schlimmer hätte es kaum kommen können: Von „Chaos“, „Aktionismus“, „Versagen“ und „Frustration“ ist in der Zentrale wie in den Außenstellen die Rede. Der Ton sei „rau“, die Nerven lägen „blank“. Es herrsche „Panik“. Schließlich soll die Autobahn GmbH des Bundes seit dem Jahreswechsel 13.000 Kilometer Autobahnen zentral von Berlin aus mit Niederlassungen von Krefeld bis Stolpe, von Hamburg bis München verwalten und die über Jahrzehnte gewachsenen Strukturen der 16 Bundesländer mit ihren 15.000 Mitarbeitern ersetzen.

„Schneller planen, effizienter bauen, betreiben und erhalten“, so lautete das Motto der Reform. Nun aber müssen die Arbeitszeiten von rund 10.000 Mitarbeitern vorerst per Hand erfasst werden. Die ehemaligen Autobahnmeistereien der Länder sind nicht ans IT-Netz angeschlossen, womit auch jede Rechnung und Bestellung auf Papier in die Zentrale oder eine der zehn Niederlassungen geschickt werden muss, damit sie abgerechnet wird.

Zu wenig Computer zum Start

In dem Brief der Geschäftsführung heißt es, es stünde nur „eine beschränkte Anzahl von Arbeitsplatzgeräten zur Verfügung. Auch werde zum Start „nur eine begrenzte Anzahl von Benutzern je Niederlassung auf die Systeme zugelassen“. Und weiter: „Es bedeutet auch, dass die Meistereien erst schrittweise an das Netz genommen werden können.“ Intern ist von nur 1700 neuen Computern die Rede, davon 400 in der Zentrale, Lizenzen und Zugänge fehlen..

Der Geschäftsführung sei „bewusst, dass dies eine temporäre Neuorganisation erfordert“, heißt es in dem Brief weiter. Selbst die nötigen Schulungen sind noch lange nicht abgeschlossen, um Verträge, Rechnungen und Bestellungen zu erfassen.

Die Grundgehälter indes werden zum Glück bezahlt. Die Zuschläge aber, etwa für den Schicht- oder Nachtdienst, werden zunächst ausstehen. Sie müssen spätestens im März ausgezahlt werden. Der GmbH bleiben also nur acht Wochen, um die Probleme zu beheben. Ziel sei es, „den Funktionsumfang und die Nutzerzahl bis spätestens 1. März 2021 signifikant zu erhöhen“, schreibt die Geschäftsführung.

„Die Löhne werden nicht voll gezahlt, aber Hauptsache, die Fahnen wehen“, heißt es kritisch vor Ort. So mussten die Meistereien Fahnenmasten bestellen und aufstellen, damit die blaue Fahne der GmbH den Wandel signalisiert. „Die Meistereien können die Fahne hissen, sie müssen es aber nicht“, erklärte ein Sprecher.

„Unsere IT-Landschaft ist komplex“, schreiben die Geschäftsführer entschuldigend. Insider berichten, im „Lagezentrum“ gebe es nur noch „lange Gesichter“, inzwischen halte die IT täglich „War-Room-Meetings“ ab. Expertenwissen fehlt, weshalb gerade im IT-Bereich externe Firmen beauftragt wurden, die Dienst nach Ausschreibung schieben und weiterhin etliche Berater ihr Geld mit dem Durcheinander verdienen – etwa mit dem Einpflegen von Daten aus den Bundesländern in das neue IT-System. „Man steht sich selbst im Weg, und die Berater verdienen.“

Gehälter von mehr als 200.000 Euro

Mahner seien entlassen worden. Stattdessen seien neue Kräfte mit Gehältern bis zu 150.000 Euro eingestellt worden. Ein Gebietsbereichsleiter soll sogar einen unbefristeten Vertrag mit mehr als 200.000 Euro erhalten haben – zuzüglich Altersversorgung. So etwas sorgt für Unmut in den zehn Niederlassungen. „Zu den Konditionen des Arbeitsvertrags äußert sich die Autobahn GmbH nicht öffentlich“, erklärte der Sprecher. Der Aufsichtsrat habe zugestimmt.

So gibt es weiter Pannen und Skandale: Die Kosten explodieren bereits, so dass die Niederlassungsleiter schon im ersten Jahr bundesweit gut 270 Millionen Euro einsparen müssen. Es fehlt Personal. Und bereits vor Monaten hatte ein externer Revisor Unregelmäßigkeiten zu überhöhten Arbeitsverträgen scharf kritisiert. Die Geschäftsführung gelobte seinerzeit Besserung.

Bundesländer müssen aushelfen

Mit den Bundesländern mussten Kooperationsverträge geschlossen werden, die nun bis mindestens Ende 2023 aushelfen und dafür entlohnt werden wollen. Und das Herzstück, Autobahnen zu planen und zu bauen, erledigt weiter eine andere Gesellschaft, die aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verschmolzen werden konnte.

Die Autobahnmeistereien wurden gar nicht erst angetastet, damit zumindest der Straßendienst weiter wie in der Vergangenheit funktioniert. Vor Ort wurden noch einmal die Lager mit Streusalz, Material und Diesel „bis unters Dach voll gemacht“, wie es heißt.

Verantwortlich für das Chaos ist nicht zuletzt auch die Politik: Der Bund hatte 2017 den Ländern die Auftragsverwaltung abgekauft und per Gesetz festgelegt, bereits 2021 zu starten. Erst seit März 2019 operiert die Geschäftsführung. Vor allem Berater haben am grünen Tisch Strukturen kreiert, während in der neuen Zentrale auf allen Ebenen Experten fehlen. „Die Theoretiker mussten immer wieder von den Praktikern in den Ländern die Realität erklärt bekommen“, berichten Insider. Die Autobahn sei nur „eine neue große Verwaltung unter dem Deckmantel einer GmbH“.

Für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist das alles kein Grund zur Panik: „Die größte Reform in der Geschichte der Autobahn ist im Zeitplan.“ Die GmbH sei „voll einsatzfähig“.

Mehr: Viele Projekte auf Deutschlands Autobahnen sind in Gefahr.