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„Die Auswirkungen der Epidemie sind mit dem 11. September 2001 vergleichbar“

Der Düsseldorfer Flughafenchef Schnalke erklärt, wie das Coronavirus das Geschäft beeinträchtigt. Doch ein anderes Thema hält er für wichtiger – zumindest langfristig.

ARCHIV - 28.01.2010, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Ein Flugzeug der Lufthansa landet bei leichtem Schneeregen am Flughafen in Düsseldorf. (zu dpa:
ARCHIV - 28.01.2010, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Ein Flugzeug der Lufthansa landet bei leichtem Schneeregen am Flughafen in Düsseldorf. (zu dpa:

Nie zuvor haben so viele Menschen den Düsseldorfer Flughafen genutzt wie im vergangenen Jahr. Für Vorstandschef Thomas Schnalke ist der Rekord von 25,5 Millionen Passagieren ein Beleg dafür, dass „unsere moderne Gesellschaft ohne den Luftverkehr nicht denkbar“ sei.

Doch aktuell ist die Reisefreiheit durch das Coronavirus stark beeinträchtigt. US-Präsident Donald Trump hat alle Reisen aus dem europäischen Schengen-Raum in die Vereinigten Staaten untersagt. Was die Klimaproteste bislang nicht geschafft haben, kommt nun mit der Angst vor einer Erkrankung an dem Virus: Flüge fallen aus.

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Das trifft nicht nur Airlines wie die Lufthansa, deren Aktie am Donnerstag um bis zu 13 Prozent einbüßte, sondern auch die Flughafenbetreiber. Die Auswirkungen der Pandemie seien mit den Folgen der Terroranschläge vom 11. September 2001 für die Luftfahrt vergleichbar, sagt Schnalke im Interview mit dem Handelsblatt. Für die anstehende Sommersaison gebe es bereits weniger Buchungen.

Am Donnerstag informierte der Airportchef seine Mitarbeiter darüber, welche Konsequenzen die zunehmende Verbreitung des Virus in Deutschland auf den laufenden Betrieb hat. Dabei hat Schnalke langfristig ein viel wichtigeres Thema, um das er sich kümmern muss: Wie verändert sich ein Flughafen in Zeiten von Klimawandel und Greta-Protesten?

Zu dieser Frage legt Schnalke noch in diesem Jahr einen „Masterplan Klimaschutz“ vor. Er sagt, Nachhaltigkeit und Umweltschutz seien Aufgaben, die das Unternehmen „in den kommenden Jahrzehnten einfach beschäftigen“ würden.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr Schnalke, der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbandes hält die wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs für die Airport-Betreiber für heftiger als nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 oder der Weltwirtschaftskrise. Müssen Sie wie Fraport, Betreiber des Frankfurter Flughafens, ein Sparprogramm auflegen?
Die Auswirkungen der Corona-Epidemie sind in etwa mit denen des 11. September 2001 vergleichbar. Und wie alle anderen Unternehmen reagieren wir auf Umsatzrückgänge natürlich auch mit Kostensenkungen. Wir gehen jedoch von einem temporären Ereignis aus. Die Nachfrage der Fluggesellschaften nach Starts und Landungen an unserem Airport ist ungebrochen hoch.

Wie stark ist die Zahl der Passagiere am Düsseldorfer Flughafen in den vergangenen Monaten gesunken?
Vorübergehende Flugausfälle gibt es bislang in die durch die Epidemie stärker betroffenen Regionen wie China oder Norditalien. Darüber hinaus passen einige Airlines momentan wegen der geringeren Nachfrage ihre Frequenzen auf einzelnen Strecken an. Bei bereits gebuchten Touristikreisen können wir bislang keine wesentliche Zahl an Stornierungen erkennen. Für die kommende Sommersaison buchen die Kunden allerdings schon zurückhaltender.

Corona überlagert ein größeres Problem Ihrer Branche, das nicht so schnell verschwinden wird wie die Epidemie: den Klimaschutz. Ab November werden Urlauber mit Tuifly nonstop in die Karibik reisen können. Von Düsseldorf direkt aufs Kreuzfahrtschiff – finden Sie das ökologisch vertretbar?
Kreuzfahrten pauschal zu verurteilen ist falsch. Die Menschen arbeiten hart. Daher hat der Wunsch nach Erholung seine Berechtigung. Die Urlaubsindustrie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das dürfen wir, auch im Zuge einer Klimaschutz-Diskussion, nicht aus den Augen verlieren. Sonst riskieren wir einen Rückgang des Wohlstands. Die Aufgabe unserer Branche ist, Luftverkehr mittelfristig klimaneutral zu gestalten.

Sie erstellen derzeit einen „Masterplan Klimaschutz“, der noch in diesem Jahr vorgestellt wird. Was genau haben Sie da vor?
Wir stoßen aktuell 40.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus. Das wollen wir bis 2050 auf null herunterfahren. Erstens, indem wir auf neue Gebäudetechnologien setzen, um das 400 Meter lange Terminal mit Energie zu versorgen. Zweitens stellen wir unsere Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe um. Wir sind dabei, die ersten zwei Busse auf dem Vorfeld, die die Passagiere zum Flieger bringen, durch E-Fahrzeuge zu ersetzen.

Nur zwei?
Wir können die vorhandenen Busse ja nicht einfach in die Ecke stellen. Jeder hat etwa 500.000 Euro gekostet. Es ist nicht sinnvoll, alles zu verbieten, was CO2 ausstößt.

Masterplan hört sich dringlich an, aber bis 2050 dauert es noch sehr lang. Geht das nicht schneller?
Das Terminal „grün“ zu bekommen ist eine technische und finanzielle Herausforderung. Die wird uns in den kommenden Jahrzehnten einfach beschäftigen.

In Ihrem aktuellen Geschäftsbericht ist das Thema Nachhaltigkeit auf weniger als einer Seite zusammengefasst. Brauchten Sie erst einen gesellschaftlichen Greta-Effekt, um das Thema ernsthaft anzupacken?
Durch Greta Thunberg und Fridays for Future hat Klimaschutz mehr Aufmerksamkeit bekommen. Das finde ich gut, weil es zusätzlichen Druck auf Politik und Wirtschaft ausübt. Wir haben unsere CO2-Emissionen in den vergangenen zehn Jahren bereits um ein Drittel reduziert. Für das Klima ist auch entscheidend, wie die Passagiere in Zukunft zum Flughafen kommen.

Inwiefern spielen autonom fliegende Taxis, also Lufttaxis, dabei eine Rolle?
Mit einem Start-up arbeiten wir daran, wie unsere Infrastruktur aussehen müsste, damit Flugtaxiverkehr möglich wird. Die bisherigen Prototypen können allerdings noch nicht in naher Zukunft in Betrieb gehen. Und auch wenn es so weit ist, wird es nicht der Löwenanteil der Passagiere sein, die sich damit transportieren lassen.

Dann bleibt ja doch alles beim Alten.
Nein, Flugtaxis sind ja nicht die einzige Alternative. Zum Beispiel brauchen wir bessere ICE-Verbindungen zwischen den deutschen Flughäfen. Viele unserer Passagiere fliegen noch von Düsseldorf nach Frankfurt, um dort auf eine Langstrecke umzusteigen, die wir nicht anbieten. Das muss nicht so bleiben.´

Wäre es nicht besser, Inlandsflüge zu verbieten?
Ich bin absolut gegen Verbote. Wir sollten in Deutschland die Intelligenz aufbringen, andere Lösungen zu finden. Unser Flughafen hat einen Fernbahnhof, an dem ICE-Züge halten. Aber keine direkte Verbindung zum Frankfurter Airport. Mit der Deutschen Bahn sind wir im Gespräch, eine solche Verbindung anzubieten. Wenn das gelingt, werden die Reisenden sicher auch gerne den Zug nutzen.

2019 sind 25,5 Millionen Passagiere von Düsseldorf geflogen. Ein Rekord, den Sie mit dem „ungebrochenen Mobilitätsbedürfnis der Menschen“ begründet haben. Halten Sie das Reisen mit dem Flugzeug für ein Grundrecht?
Ein europäisches Grundrecht ist, dass wir uns alle frei bewegen können. Fliegen ist Teil dieser Freiheit. Unsere moderne Gesellschaft ist ohne den Luftverkehr nicht denkbar. Umso wichtiger ist es, das Reisen mit dem Flugzeug sauberer zu gestalten als bisher.

Wie zum Beispiel?
Indem die Airlines synthetischen Kraftstoff nutzen können. Darin sehen wir die größte Möglichkeit, ökologisch Einfluss zu nehmen. Aber es ist sehr energieintensiv, synthetischen Kraftstoff herzustellen, und nur dann klimaschonend, wenn der benötigte Strom aus regenerativen Quellen stammt. Auf lange Sicht ist diese Technologie unsere einzige Chance, den Luftverkehr klimaneutral zu gestalten. Nur: Die entsprechende Infrastruktur muss erst weiter ausgebaut werden, in Deutschland und weltweit.

Sie sagen, Sie finden es gut, dass Menschen bei Fridays for Future protestieren. Wenn die Teilnehmer auf das Fliegen im Berufsalltag verzichten, ist das nicht langfristig eine Gefahr für Ihr Business?
Ich sehe Meinungsäußerungen, auch wenn sie laut sind, nicht als Gefahr. Wenn alle Klimademonstranten nicht mehr fliegen würden, hätte die Industrie ein Problem. Deswegen müssen wir jetzt handeln, um ihnen ein Angebot machen zu können.

Herr Schnalke, vielen Dank für das Interview.