Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 2 Stunden 34 Minuten
  • Nikkei 225

    37.706,86
    -753,22 (-1,96%)
     
  • Dow Jones 30

    38.460,92
    -42,77 (-0,11%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.895,18
    -2.446,02 (-3,92%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.386,12
    -37,98 (-2,67%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.712,75
    +16,11 (+0,10%)
     
  • S&P 500

    5.071,63
    +1,08 (+0,02%)
     

Ausweg Selbstständigkeit: Es mangelt an Förderungen für Arbeitslose mit Gründungsabsicht

Gerade in der Coronakrise kann die Existenzgründung ein Ausweg aus der Arbeitslosigkeit sein. Doch der Schritt wird kaum noch gefördert, kritisieren die Grünen.

Noch ist offen, wie stark die Coronakrise am Ende auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Von April bis Oktober stieg die Zahl der Arbeitslosen infolge der Pandemie laut Bundesagentur für Arbeit (BA) um 556.000.

Hierbei handelt es sich aber nicht allein um Beschäftigte, die ihren Job verloren haben. Auch Arbeitslose, die wegen Corona derzeit keinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz finden, treiben die Statistik nach oben. Die BA beziffert diesen Effekt auf fast 100.000 Personen.

Tatsächlich haben es Arbeitslose derzeit schwer, eine abhängige Beschäftigung zu finden. Nach der Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab es im zweiten Quartal 893.000 offene Stellen – 36 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

WERBUNG

Ein Ausweg für Arbeitslose könnte der Schritt in die Selbstständigkeit sein. Doch die Förderung, die sie dabei unterstützen könnte, führt nur noch ein Schattendasein, kritisieren die Arbeitsmarktexperten der Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn und Beate Müller-Gemmeke.

Sie haben bei der Bundesregierung abgefragt, wie stark in den zurückliegenden Jahren der Gründungszuschuss und das Einstiegsgeld in Anspruch genommen wurden. Den Gründungszuschuss können Arbeitslose mit einer tragfähigen Geschäftsidee beantragen, die sie hauptberuflich ausüben wollen.

Wurden bis zum Jahr 2011 im Jahresdurchschnitt deutlich mehr als 120.000 Menschen gefördert, so ist die Zahl auf knapp 19.800 im vergangenen Jahr zurückgegangen, wie aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht, die dem Handelsblatt vorliegt. Gab die BA 2011 noch gut 1,7 Milliarden Euro für den Gründungszuschuss aus, so waren es 2019 nur noch knapp 261 Millionen Euro.

Ein Grund für den Einbruch sind die im Jahr 2011 eingeführten verschärften Zugangsvoraussetzungen. So liegt es seither im Ermessen der Arbeitsagentur, ob sie den Zuschuss zahlt. Außerdem muss der Antragsteller bei Beginn der Selbstständigkeit noch mindestens 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Eine Förderung „auf den letzten Drücker“ ist also nicht möglich.

Förderung von Selbstständigkeit als sinnvoller Weg in den Arbeitsmarkt

Als weiteren wichtigen Grund für den Rückgang der Förderzahlen nennt das Arbeitsministerium aber auch die „hohe Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes insbesondere für Fachkräfte, die allgemein zum Rückgang der Gründungstätigkeit geführt hat“.

Diese Aufnahmefähigkeit sei aber während der Pandemie nicht mehr gegeben, argumentiert Strengmann-Kuhn: „Es ist wichtig, in den Corona-Zeiten dafür zu sorgen, dass sich Arbeitslosigkeit nicht verfestigt.“ Die Förderung von Selbstständigkeit könne ein sinnvoller Weg zurück in den Arbeitsmarkt sein.

Die Zahlen der Bundesregierung zeigten, dass der Löwenanteil der geförderten Arbeitslosen sich nicht nur eine nachhaltige Existenz geschaffen habe, sondern früher oder später auch Personal einstelle. „Es wäre jetzt an der Zeit, die Hürden für den Gründungszuschuss wieder abzubauen“, sagt Strengmann-Kuhn.

Das Arbeitsministerium schreibt dazu, Voraussetzung für eine erfolgreiche und nachhaltige Förderung sei, dass sich die durch die Corona-Pandemie überschatteten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder verbesserten. Abhängig von der weiteren Entwicklung werde die Regierung „im Blick behalten, ob es auch beim Gründungszuschuss Änderungen bedarf, um stärkere Impulse für Existenzgründungen zu geben“, schreibt die Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme.

Keinen Handlungsbedarf sieht das Arbeitsministerium dagegen beim Einstiegsgeld nach dem Sozialgesetzbuch II. Das können angehende Existenzgründer beantragen, die aus der Arbeitslosenversicherung bereits in die staatliche Grundsicherung gerutscht sind und Hartz IV beziehen.

Bezogen 2010 noch knapp 11.000 Menschen Einstiegsgeld bei selbstständiger Erwerbstätigkeit, so waren es 2019 nur noch knapp 1200. Die Ausgaben sind im gleichen Zeitraum von 25,6 Millionen auf 3,4 Millionen Euro gesunken. Durchschnittlich erhielten die Geförderten 282 Euro im Monat.

„Das Einstiegsgeld wurde in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt“, kritisiert Müller-Gemmeke. „Hier braucht es mehr Engagement und auch eine Überarbeitung, sodass Interessierte besser unterstützt werden.“

Als problematisch sehen die Grünen beispielsweise an, dass Arbeitslose Förderung nur dann erhalten, wenn sie ihre Selbstständigkeit hauptberuflich ausüben und in absehbarer Zeit den Leistungsbezug komplett überwinden. Denn es könne ja durchaus sein, dass eine Selbstständigkeit zwar zunächst nicht existenzsichernd wirke, sich aber zukünftig in diese Richtung entwickelt.

Generell ist das Gründungsgeschehen durch die Corona-Pandemie aber stark ausgebremst worden. In einer Blitzumfrage der staatlichen Förderbank KfW vom Sommer gaben vier von zehn Gründungsinteressierten an, eine ursprünglich für dieses Jahr vorgesehene Gründung auf das nächste Jahr verschieben zu wollen.

Zwei von zehn Gründungsinteressierten wollen ihren Plan sogar grundsätzlich verwerfen. Laut KfW-Gründungsmonitor wurden 2019 durch Neugründungen im Voll- und Nebenerwerb insgesamt 151.000 neue Jobs geschaffen.