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Aufruhr im E-Commerce – Chinas Onlinehändler starten Angriff auf Amazon, Zalando und Otto

Für deutsche Onlinehändler gab es bisher einen mächtigen Herausforderer: Amazon. Künftig könnte das Geschäft noch schwerer werden. Denn auch die beiden chinesischen E-Commerce-Giganten Alibaba und JD.com drängen auf den deutschen Markt.

Bisher waren die Pläne der Konzerne aus Fernost wenig konkret. Doch jetzt geht Richard Liu, Gründer und Vorstandschef von JD.com, in die Offensive. „Mir geht es nicht mehr nur darum, Produkte von Deutschland nach China zu verkaufen. Ich möchte auch Produkte in Europa verkaufen“, sagt Liu im Interview mit dem Handelsblatt.

„Es geht nur noch darum, Details zu klären“, ergänzt er. Bis Ende des Jahres soll die ausgearbeitete Strategie zur Erschließung des Marktes stehen, kündigt Liu an. Auch ein eigenes Büro in Deutschland soll noch 2018 eröffnen.

Der Angriff auf den deutschen E-Commerce steht somit unmittelbar bevor. JD.com wie Alibaba bauen nach Informationen des Handelsblatts aktuell an der Logistikinfrastruktur für einen Marktstart in Europa.

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Alibaba streitet zwar offiziell noch ab, deutschen Onlinehändlern direkte Konkurrenz machen zu wollen, baut aber bereits ein Logistikdrehkreuz in Lüttich in Belgien. Der Logistikpartner 4P Express, an dem Alibaba beteiligt ist, will bis Ende des Jahres ein Versandlager in der Nähe von Prag eröffnen, von dem aus Deutschland beliefert werden könnte.

„Das erhöht den Druck auf deutsche Händler deutlich“, analysiert Olaf Rotax, E-Commerce-Berater von Accenture. Der Markteinstieg in Deutschland gehe aber nur über eine große Akquisition. „Infrage kämen unter anderem ein Onlinehändler wie Zalando oder Otto oder ein Logistiker wie DHL“, sagt Rotax. JD.com-Chef Liu zumindest schließt einen Zukauf in Deutschland nicht aus. „Wenn wir eine gute Chance sehen, dann nutzen wir sie.“

An seinen Ambitionen lässt auch Richard Lius Rivale, der Alibaba-Gründer Jack Ma, keinen Zweifel. „Dieses Netzwerk ist nicht nur national, es ist global. Wir wollen jedes Lager, jede Stadt, jeden Haushalt verbinden“, verspricht Ma. Das Ziel von Chinas größtem Onlinehändler ist es, innerhalb von höchstens 72 Stunden in jeden Winkel der Welt zu liefern. Dafür will Ma in den kommenden fünf Jahren 13 Milliarden Euro in den Ausbau seines Logistiknetzes investieren.

Alibaba und die Nummer zwei im chinesischen Markt, JD.com, wachsen in atemberaubendem Tempo. Jedes Jahr legen sie um fast 50 Prozent zu. Einer Studie von Oliver Wyman zufolge dürften sie im Jahr 2025 zusammen einen Umsatz von rund 550 Milliarden Euro erzielen – das wäre dann mehr als der Umsatz der zehn größten deutschen Händler zusammen.

Herausforderung für Amazon, Otto und Zalando

Ihr Erfolgsrezept: Sie betreiben nicht einfach Onlinehandel, sondern schaffen neue Ökosysteme. Alibaba verknüpft seine Shoppingplattform Tmall mit seinem Bezahldienst Alipay. Das ist für Millionen Chinesen schon so selbstverständlich, dass sogar die Drogeriekette Rossmann oder das Kaufhaus Ludwig Beck in Deutschland Alipay akzeptieren – für chinesische Touristen.

JD.com ist noch einen Schritt weiter gegangen: Es verknüpft den E-Commerce mit dem sozialen Netzwerk WeChat seines Großaktionärs Tencent. So verschmelzen Onlinehandel und Social Commerce, dank der Daten von WeChat kann JD.com den Kunden ganz individuelle Angebote machen. Selbstverständlich hat auch WeChat, das Facebook Chinas, eine integrierte Bezahlfunktion.

Diese moderne Art des Handels würden die chinesischen Giganten auch nach Deutschland bringen – und damit hier etablierte Konkurrenten wie Amazon, Otto und Zalando vor neue Herausforderungen stellen. An Kapital mangelt es ihnen nicht. Doch müssten sie die Infrastruktur hier erst aufbauen.

„JD.com hat in China die Logistikinfrastruktur bis zu den Auslieferfahrzeugen in der eigenen Hand“, sagt Hannes Streek, Leiter der Konsumgüter- und Handelssparte beim Logistikunternehmen Fiege. Das lasse sich angesichts zunehmender Flächen- und Personalverknappung nicht einfach in Europa reproduzieren. „Entweder müssen sie outsourcen oder zukaufen“, sagt der Manager, der selber lange das China-Geschäft von Fiege geleitet hat.

Während Alibaba Ebay ähnelt und selber nicht als Händler auftritt, ist das Geschäftsmodell von JD.com mit Amazon vergleichbar, da das Unternehmen auch selber Produkte verkauft. JD.com müsste sich Bereiche suchen, in denen es Amazon überlegen ist, um für die deutschen Kunden attraktiv zu sein.

„JD.com könnte in Kategorien starten, in denen Amazon noch nicht uneinholbar ist, wie beispielsweise Mode, und dann das Geschäft Kategorie für Kategorie ausbauen“, rät Olaf Rotax, Geschäftsführer der dgroup, einer E-Commerce-Beratung im Netzwerk von Accenture. Denkbar sei auch, dass sie Produkte chinesischer Marken wie Xiaomi in Deutschland exklusiv verkaufen.

„Auch werden sie wohl mit der Zeit innovative chinesische Produktideen unter eigener Marke anbieten“, so Rotax. Eines ist klar: Für deutsche Händler dürften damit noch härtere Zeiten anbrechen.