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Wie es jetzt bei Audi weitergeht

Mit Audi-Chef Stadler ist zum ersten Mal in der Dieselaffäre ein aktuelles Vorstandsmitglied festgenommen worden. Nun wurde ein Interimschef benannt. Was alles passiert ist und wie es bei Audi weiter geht.

Was ist passiert?

Rupert Stadler ist laut der Staatsanwaltschaft München II am Montagvormittag an seinem Wohnort bei Ingolstadt festgenommen und dann der Ermittlungsrichterin vorgeführt worden. Er habe noch keine Angaben zur Sache gemacht. Stadler wolle sich aber äußern, nachdem er mit seinem Verteidiger gesprochen habe, sagte der Staatsanwalt. Der Verteidiger nehme jetzt Akteneinsicht und wolle am Dienstag mit Stadler darüber sprechen, so dass die Vernehmungen frühestens ab Mittwoch beginnen sollten.

Wo Stadler einsitzt, sagte der Staatsanwalt nicht. Eigentlich wäre bei Haftsachen der Münchner Justiz das Gefängnis in München-Stadelheim die erste Adresse. Aber in Stadelheim sitzt seit September bereits ein anderer Beschuldigter im Audi-Dieselskandal ein, ein ehemaliger Porsche-Vorstand. Und Beschuldigte im selben Verfahren sollen keinen Kontakt haben.

Warum ist die Festnahme heute erfolgt?

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Mit der Verhaftung von Audi-Chef Rupert Stadler wollte die Staatsanwaltschaft eine mögliche Beeinflussung von Zeugen oder Beschuldigten im Dieselskandal verhindern. Seit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen Stadler und der Durchsuchung seiner Wohnung vor einer Woche habe sich beim Tatvorwurf nichts Neues ergeben, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag in München. „Aber es gab Hinweise, dass die Gefahr einer Verdunkelungshandlung besteht. Und das hat zu dem Haftbefehl geführt.“

Kommt Stadler auf Kaution frei?

Möglich, aber unwahrscheinlich. Die Gefahr der Verdunklung bestehe weiterhin, sagte ein Staatsanwalt der Zeitung „Welt“.

Wer führt jetzt Audi, wenn der Vorstandsvorsitzende in Untersuchungshaft sitzt?

Bei Audi gibt es keinen offiziellen Stellvertreter und auch kein „Notfallprotokoll“. Am Dienstag entschieden die Aufsichtsräte von Audi und VW allerdings, dass Audi-Vertriebsvorstand Bram Schot beim Autobauer vorläufig den Chefposten übernehmen wird. Schot „übernimmt mit sofortiger Wirkung kommissarisch den Vorstandsvorsitz von Audi“, teilte der Autobauer mit. Stadler habe den Aufsichtsrat gebeten, von seinen Aufgaben als Audi-Chef und Volkswagen-Vorstandsmitglied vorübergehend entbunden zu werden. Die Aufsichtsräte von Volkswagen und Audi hätten der Bitte entsprochen. „Die Entbindung wird vorübergehend vorgenommen, bis der Sachverhalt geklärt ist, der zu seiner Verhaftung geführt hat“, teilte Audi mit. Rupert Stadler wird vom Aufsichtsrat als Vorstandschef beurlaubt, wie das Unternehmen mitteilte.

Wer ist Bram Schot?

Der gebürtige Niederländer ist seit dem 1. September 2017 Vertriebsvorstand bei Audi. Er folgte auf Dietmar Voggenreiter, der das Unternehmen im Zuge des Vorstandsumbaus verlassen musste. Schot, der mit vollem Vornamen Abraham heißt, besitzt somit kaum Audi-Stallgeruch – was im Abgasskandal inzwischen eher ein Vor- als ein Nachteil sein dürfte. Auch im VW-Konzern hat er relativ wenig Erfahrung: Der heute 56-Jährige war 2011 von Daimler in den VW-Konzern gewechselt und dort rund fünf Jahre Vertriebschef bei den VW-Nutzfahrzeugen. Dabei hat er sich aber einen guten Ruf erarbeitet und hat sich für eine „höhere Aufgabe“ in Ingolstadt empfohlen.

Was wirft die Staatsanwaltschaft Stadler vor?

Dem Audi-Chef und einem weiteren aktuellen Vorstandsmitglied werden Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung zur Last gelegt. Dabei geht es um den Vorwurf, dass Diesel-Fahrzeuge mit manipulierter Software auf den europäischen Markt gebracht wurden. Die Untersuchungen beziehen sich offenbar auch auf die Zeit nach Bekanntwerden des VW-Dieselskandals vor fast drei Jahren.

Die Staatsanwaltschaft wirft Stadler einem Insider zufolge vor, dieser hätte von Ende 2015 an dafür sorgen müssen, dass in Europa nicht länger Fahrzeuge mit manipulierten Abgassystemen verkauft wurden. Stadler soll nach der Aufdeckung der Manipulationen in den USA von den falschen Abgaswerten auch in Europa gewusst haben, aber anders als in den USA keinen Vertriebsstopp angeordnet haben. Die Ermittler stützten sich auf die Auswertung von Korrespondenz, verlautete aus Ermittlerkreisen. Im März 2017 und im Februar 2018 hatte es in der Audi-Zentrale in Ingolstadt und im Werk Neckarsulm Razzien gegeben – und eben in der vergangenen Woche in Stadlers Privatwohnung.

Was sagt Stadler zu den Vorwürfen?

Stadler schweigt bislang. Laut der Staatsanwaltschaft hat er vor der Ermittlungsrichterin keine Angaben zur Sache gemacht. Auch sein Anwalt wollte sich nicht äußern.

Wer ist das zweite Vorstandsmitglied, gegen das ermittelt wird?

Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um den Einkaufsvorstand Bernd Martens. Martens hat auf Vorstandsebene die „Taskforce Diesel“ zur internen Aufarbeitung der Abgasaffäre geleitet und ist mit der Materie vertraut. Zudem ist er neben Stadler das einzige Vorstandsmitglied, das bereits länger an Bord ist: Entwicklungsvorstand Mertens kam im Mai 2017 von Volvo, im September 2017 wurden vier Vorstandsmitglieder (der Ressorts Personal, Vertrieb, Produktion sowie Finanzen/IT) ausgetauscht.

Was bedeutet die Festnahme für Volkswagen und VW-Chef Herbert Diess?

Zunächst einmal bedeutet es, dass ein Mitglied des Konzernvorstands in Untersuchungshaft sitzt. Stadler gehörte neben seiner Position als Audi-Chef seit dem Jahr 2010 auch dem Konzernvorstand an. Zuletzt schien es, als sitze Stadler aller Kritik zum Trotz wieder fester im Sattel: Bei dem Umbau des Konzernvorstands Mitte April gewann Stadler noch an Einfluss. Er übernahm neben der Markengruppe Premium auch die Verantwortung für den Konzernvertrieb. Die Festnahme kam für das Management ebenfalls ohne Vorwarnung. „Das ist der Hammer“, sagte ein Konzern-Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Man sei „vollkommen überrascht“.

Mit Material von Reuters und dpa